Oktoberfestkatastrophe (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Mittwoch, 02.10.2019, 02:33 (vor 1630 Tagen) @ H. Lamarr

Gestern war ich auf der Theresienwiesen, es ist zur Zeit die Wiesn. Für einen Elektrosensiblen muss es das Harmagedon sein. Mehr als die Hälfte aller Lampenmasten waren mit einer Mobilfunkantenne bestückt. Außerdem wurden mehrere (geschätzte 12) temporäre Funkmasten auf der ganzen Festwiese verteilt. Aus dem Zelt, in welchem ich mich befand konnte ich von meinem Sitzplatz mehr als 3 Antennen sehen.

Unter diesen Konditionen kann man nur jedem EHS-Betroffenen raten die Wiesen im ungeschützten Zustand zu meiden.

Quelle: https://www.elektrosensibel-muenchen.de/aktuelles-leser/items/Wiesn-2019-Harmagedon.html
Jahr: 2019
Erzähler: Webmaster der Quelle

Kommentar: Seit Beginn des GSM-Regelbetriebs 1992 war das Münchener Oktoberfest schon immer mobilfunktechnisch bestens erschlossen. Allerdings galt ab 2003 das Münchener Mobilfunk-Vorsorgemodell, das die maximale Immission auf zehn Prozent des Grenzwerts begrenzte. 2012 kam es erstmals zu einer (geringen) Überschreitung dieses Vorsorgewerts. Das hatte Folgen. Die Mobilfunknetzbetreiber sicherten zu, bis 2015 die Anzahl der Mobilfunkstandorte auf der Festwiese (temporäre Standorte) und den angrenzenden Wohngebieten auf bis zu 42 zu erhöhen. Infolge der dann kleineren Funkzellen konnte mit geringerer Sendeleistung eine bessere Versorgung gewährleistet werden, ohne den Vorsorgewert zu reißen. Ursprünglich war geplant, die Kleinzellen mit Lichtwellenleitern zu vernetzen, dieses Vorhaben wurde aber aufgegeben. 2017 trennte sich die Bayerische Landeshauptstadt ersatzlos von ihrem Vorsorgemodell, das zu diesem Zeitpunkt ohnehin schon lange gescheitert war. Die Stadt konnte nur elf kommunale Mobilfunk-Standorte an Netzbetreiber vermieten. Etwa 1200 Standorte gab es damals auf privaten Liegenschaften, für die das Vorsorgemodell nicht galt.

Der Kurzbericht des Webmasters (oben) zeigt das Dilemma überzeugter Elektrosensibler. Aus Unkenntnis der technischen Zusammenhänge wird irrtümlich die zunehmende Anzahl von Antennen als bedrohlich empfunden, obwohl Kleinzellen zu einer Nivellierung der Immissionen auf dem Oktoberfest führen, starke Immissionsspitzen also eingeebnet werden. "Elektrosensible" haben deshalb mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf dem Oktoberfest 2019 nicht mehr, sondern weniger zu befürchten als auf früheren Oktoberfesten. Der Rat des Webmasters an seine Leidensgenossen ist aus meiner Sicht unqualifiziert, er kommt nach 27 Jahren Mobilfunk verspätet zum falschen Zeitpunkt. Da "Elektrosensible" ohnehin alle mit Elektrosmog-Meldern unterwegs sind, ist der Rat zudem abwegig, denn die höchsten Immissionen werden "Elektrosensible" nicht von den temporär auf dem Gelände errichteten Sendemasten erfahren, sondern von den hunderttausenden Smartphones der Oktoberfestbesucher, die jeden Tag auf die Festwiese strömen.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –


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