Falsche Schlüsse (121): Bombenalarm (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Sonntag, 24.02.2019, 22:15 (vor 2099 Tagen) @ H. Lamarr

Als es neulich bei uns klingelte, dachte ich es sei der Paketbote und drückte den Türöffner für die Haustür. Wir wohnen im 3. Stock, am Klingeln ist erkennbar ob jemand unten an der Haustür oder oben an der Wohnungstür klingelt. Entspannt öffnete ich die Wohnungstür, um dem Paketboten ein paar Schritte entgegen zu gehen. Weit kam ich nicht. Zuerst hörte ich Stimmen sowie das Getrappel vieler Personen und bevor ich wusste wie mir geschah, stürmte ein Streifenpolizist die letzte Treppe hoch auf mich zu und herrschte mich an: "Wie heißen Sie?" Nach einer Schrecksekunde erwiderte ich, für meine Verhältnisse geistesgegenwärtig: "Jetzt sagen Sie mir erst mal wer Sie sind und was überhaupt los ist." Der Beamte stutzte kurz und fragte dann etwas freundlicher: "Sind sie Herr Jakob?" (Name geändert). Ich: "Nein". Er entschuldigte sich kurz für die Störung und eilte die Treppe hinunter zurück in den 2. Stock. Am Stimmengewirr war zu erkennen, dass sich dort im Treppenhaus inzwischen mehrere Personen aufhielten. Neugierig ging ich die Treppe abwärts bis ich den Treppenabsatz im 2. Stock einsehen konnte. Dort hatten sich schätzungsweise ein knappes Dutzend Polizisten und Sanitäter versammelt, es herrschte reges Getuschel. Dann trommelte ein Polizist mit der Faust gegen eine Wohnungstür und rief "Aufmachen, Polizei!" Ach du meine Güte, da wird doch nicht ein Unglück geschehen sein? Doch weil ich Gaffer zutiefst verachte, zog ich mich nach ein paar Sekunden beunruhigt in meine Wohnung zurück. Etwa 15 Minuten später kam meine Frau mit den Hunden vom Spaziergang zurück, sie hatte Schwierigkeiten sich an den vielen Polizisten und Sanitätern im Treppenhaus vorbei zu quetschen. "Die sind jetzt in der Wohnung", wusste sie zu erzählen. Nach vielleicht 30 Minuten kehrte wieder Ruhe im Treppenhaus ein. Eine Inaugenscheinnahme zeigte die geschlossene und völlig unversehrte Wohnungstür des Nachbarn. Nichts deutete darauf hin, dass hier vor kurzem noch ein SEK der Polizei im Einsatz war.

Später erzählte uns der Nachbar, dem der Besuch galt, er habe sich bei seiner Chefin, sie ist Abteilungsleiterin einer Münchener Behörde, telefonisch krank melden wollen. Dabei kam es zwischen den beiden zu einem heftigen Wortwechsel. Bevor er wütend das Gespräch beendete und sich doch noch auf den Weg in die Arbeit machte, ließ er seine Chefin am Telefon wissen: "Gut, dann werde ich die Bombe jetzt hochgehen lassen!" Er meinte damit, dass er sich über ihr Verhalten bei ihrem Vorgesetzten beschweren werde, die Frau aber zog ganz andere Schlüsse – und verständigte die Polizei. Kurios: Der Nachbar hatte keine Ahnung, dass während seiner Abwesenheit ein SEK in seiner Wohnung war, das erfuhr er erst von uns.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –


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