5G-Tea-Party: Warum die Party bei 3G und 4G ausblieb (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Sonntag, 14.04.2019, 17:06 (vor 2048 Tagen) @ H. Lamarr

Eine Verhinderung der 5G-Netzverdichtung wird sicherlich nicht gelingen, eine Behinderung, die zu Verspätungen und vor allem zu enormen Zusatzkosten führen wird, halte ich hingegen für sehr realistisch. Sollte es Marionettenspieler geben, sie werden dies als ihren Erfolg in einem verdeckt geführten Wirtschaftskrieg sehen und sich zufrieden die Hände reiben.

Hier ein Indiz, das für die These der 5G-Tea-Party spricht. Mindestens 20 Jahre gelang es den Anti-Mobilfunk-Bewegungen weltweit kein einziges mal, lokale Strohfeuer in der Bevölkerung zu einem Flächenbrand auszudehnen. Die Mobilfunknetzbetreiber konnten deshalb die 3G- und 4G-Netze weitgehend ungestört errichten. In Deutschland gab es bisher 2009 nur eine einzige Mobilfunk-Protestveranstaltung, die mehr als 1000 Demonstranten umfasste, doch nur deshalb, weil eine Schweizer Religionssekte heimlich ihre Mitglieder mobilisiert und mit Bussen nach Stuttgart gebracht hatte. Dort gaben sich die Sektenmitglieder als glühende Mobilfunkgegner aus. Ohne solche Tricks blieben lokale Proteste auf vielleicht 50 bis höchstens 300 Teilnehmer begrenzt und auch die damals schon beliebten Petitionen und Appelle brachten es nur auf überschaubare Unterstützerzahlen.

War 2G (GSM) noch ein Mobilfunknetz exklusiv für Sprachtelefonate, gewann mit 3G (UMTS) und 4G (LTE) der Datentransfer für mobile Endgeräte (Video, E-Mail, Internet, Spiele) zunehmend an Bedeutung. Doch selbst 3G und 4G waren noch primär Netze für private Nutzer. Bei 5G ist dies anders, hier stehen erstmals wirtschaftliche Interessen im Mittelpunkt, Beispiele dafür sind strukturelle Veränderungen mit Industrie 4.0, mit dem Internet der Dinge (IoT) und mit dem autonomen Fahren. 5G hat das Zeug dazu, zur wirtschaftlichen Schlagader des 21. Jahrhunderts zu werden, mit zahllosen neuen Produkten (z.B. für Smart Homes) und neuen Dienstleistungen wie die Telemedizin. Technisch erprobt werden konnten die neuen Geschäftsmodelle bereits mit 4G als eine Art Spielwiese, die Massenmärkte hingegen adressiert erst das kleinzellige 5G.

Unter diesen Umständen mutet es seltsam an, dass ausgerechnet jetzt ein flächenhafter Protest gegen 5G in westlichen Industrienationen angezettelt wird. Zumal die Treiber dafür nicht bei den etablierten organisierten Mobilfunkgegnern zu sehen sind. Diese wurden in ihrer Behäbigkeit selbst überrascht von der Wucht des jetzt einsetzenden Protests in der Bevölkerung, sie versuchen nachträglich die Gunst der Stunde zu nutzen und noch schnell auf den Zug aufzuspringen, den andere neue Player gezielt in Fahrt gebracht haben. Ein glaubhaftes Beispiel dafür ist die deutsche "Bundestagspetition" gegen 5G (mehr als 50'000 Mitzeichner in kurzer Zeit), bei der etablierte Mobilfunkgegner nur eine bescheidene Nebenrolle spielten.

Wer die neuen Player sind und in wessen Auftrag sie ggf. handeln ist nach wie vor unklar. Doch sollte es Auftraggeber geben, müssten sich diese in einer vernetzten Welt, die durch die Vernetzung zum Dorf geworden ist, relativ einfach finden lassen. Sie wären am ehesten in Ländern zu verorten, wo trotz guter Vernetzung keine 5G-Tea-Party stattfindet und die Wirtschaft in Wettbewerb zum Westen steht. Dies belastbar zu ergründen übersteigt die Möglichkeiten des IZgMF bei Weitem.

Dass ideologisch starke Kräfte die westlichen Demokratien mit dem Anstacheln Staatsverdrossener zu Mobilfunkgegnern absichtlich schwächen wollen, halte ich für unwahrscheinlich. Gäbe es solche Kräfte, hätten sie sich spätestens bei der Einführung von LTE bemerkbar machen müssen. Nein, wenn an der Idee der 5G-Tea-Party überhaupt etwas dran ist, dann ist der heimliche Wirtschaftskrieg aus meiner Sicht die plausibelste Deutung. Lässt man das Gedankenexperiment zu, die 5G-Tea-Party habe multikausale Ursachen, wären ideologisch motivierte Treiber freilich nicht auszuschließen, sondern eine Geige im Konzert der üblichen Verdächtigen.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
USA, Strohfeuer, China, 5G-Tea-Party, Wirschaftskrieg, Autonomes Fahren, Telemedizin, Huawei, Europa


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