von Stephan Schall, IZgMF, gestützt auf den Abschlussbericht der UMTS-Folgestudie
Vor rund drei Jahren sorgten Wissenschaftler der Jacobs University, Bremen, für Aufregung: Ihnen gelang die Replikation einer Studie, die UMTS-Mobilfunk in den Verdacht brachte, die Entstehung von Tumoren im Körper zu begünstigen. Fachleute nennen dies eine kokarzinogene Wirkung. Der alarmierende Befund begeisterte Mobilfunkgegner in aller Welt. Doch jetzt hat eine Folgestudie diesen Verdacht ausgeräumt: UMTS begünstigt die Entstehung von Krebs nicht! Wermutstropfen: Dafür wirkt UMTS tumorpromovierend, Tumoren wachsen unter Befeldung schneller. Warum das so ist weiß keiner, doch es gibt erste Erklärungsmodelle (26.01.2018).
Eine Studie des Fraunhofer-Instituts Hannover (Tillmann et al., 2010) zeigte, dass Mäuse, denen noch vor ihrer Geburt das starke Karzinogen ENU (N-ethyl-N-nitrosourea) verabreicht wurde, im Erwachsenenalter in Lunge und Leber signifikant mehr Tumoren entwickelten, waren die Tiere im Mutterleib und nach der Geburt lebenslang elektromagnetischen Feldern (EMF) des UMTS-Standards ausgesetzt. Diese Ergebnisse wurden später vollständig reproduziert (Lerchl et al. 2015; Klose 2015). Beide Befunde können theoretisch durch zwei unterschiedliche Effekte verursacht worden sein, nämlich durch eine kokarzinogene oder durch eine tumorpromovierende Wirkung der EMF.
Kokarzinogen oder nicht, das war hier die Frage
So war es Ziel einer 2016 vom Bundesamt für Strahlenschutz bei Lerchl in Auftrag gegebenen Nachfolgestudie, die entscheidende Frage zu beantworten: Kommt es durch die Exposition mit EMF zu erhöhten Schäden der DNA in den Organen Leber, Lunge sowie Gehirn der mit ENU behandelten Feten? Trifft der von der Frage formulierte Verdacht zu, wäre dies schlimm. Denn derartige DNA-Schäden wären ein Beleg dafür, dass EMF kokarzinogen wirken können, sie sich also als unheilvolle heimliche Helfer allgegenwärtig an der Entstehung von Tumoren in Organen beteiligen.
Die Ergebnisse der Nachfolgestudie zeigen jedoch eindeutig und mit großer statistischer Aussagekraft, dass die DNA in keiner der Gewebeproben, die elektromagnetischen Feldern ausgesetzten Tieren entnommen wurden, stärker geschädigt war, als in den Gewebeproben nicht-exponierter Tiere. Dieser Befund steht in Einklang mit der physikalischen Gesetzmäßigkeit, dass die Quantenenergie im Frequenzbereich des Mobilfunks um den Faktor 106 (1 Million) zu niedrig ist, um chemische Bindungen überhaupt aufzubrechen und die DNA schädigen zu können. Kokarzinogene Effekte elektromagnetischer Felder im hierzulande üblichen UMTS-Frequenzbereich (1,9 GHz bis 2,1 GHz) lassen sich daher als Ursache für die früher beobachteten Ergebnisse ausschließen.
Wirkmodelle einer Tumorpromotion durch EMF
Nachdem die konkurrierende Hypothese aus dem Feld geschlagen ist, rückt jetzt die alternative Hypothese, die tumorpromovierende Wirkung von EMF, in den Mittelpunkt des Interesses: Ist ein Tumor erst einmal entstanden, können elektromagnetische Felder dessen Wachstum beschleunigen. Der Wirkmechanismus für eine solche Tumorpromotion ist zwar nicht bekannt, zwei Mechanismen sind jedoch prinzipiell denkbar:
► Feldauswirkungen auf den Metabolismus.
► Abweichende Absorptionseigenschaften zwischen Tumor und gesundem Gewebe.
Wird der Metabolismus des Gesamtorganismus durch die Absorption elektromagnetischer Energie beeinflusst, wäre dieser Effekte unabhängig vom Tumor. Für metabolische Wirkungen einer EMF-Exposition sprechen Studien, die zeigten, dass das Körpergewicht exponierter Tiere (Mäuse, Hamster) signifikant höher war als das scheinexponierter Kontrollen (Sommer et al., 2004; Lerchl et al., 2008). Dies wurde damit erklärt, für die Thermogenese nötige, unter Feldeinwirkung jedoch überschüssige Energie aus dem Futter, werde bei den exponierten Tieren zum Teil in Körpermasse umgesetzt. Eine spätere Studie konnte bestätigend nachweisen, dass die metabolische Rate exponierter Hamster gegenüber nicht-exponierten Bedingungen signifikant geringer war (Taberski et al., 2009).
Das andere Wirkmodell, dem zufolge Tumorgewebe elektromagnetische Felder anders (stärker) absorbiert als gesundes Gewebe, ließe sich z. B. mit einer schlechteren Blutversorgung begründen (Restivo et al., 2019; Li et al., 2017). Beide Modelle müssen jetzt mit Studien weiter untersucht werden, um ihren Beitrag zur Tumorpromotion aufzuklären.
Hintergrund
Lerchl, 2017: Abschlussbericht zu Synergistische Wirkungen hochfrequenter elektromagnetischer Felder in Kombination mit kanzerogenen Substanzen – Kokanzerogenität oder Tumorpromotion? - BfS-Vorhaben 3615S82431
Klose, 2015: Abschlussbericht zu Tumorpromotion durch hochfrequente elektromagnetische Felder in Kombination mit kanzerogenen Substanzen - synergistische Wirkungen - BfS-Vorhaben 3611S30017
Begünstigen UMTS-Sendemasten das Wachstum von Lungen- und Lebertumoren? Interview mit Prof. Alexander Lerchl, 2015.
BfS schreibt Nachfolgestudie zur jüngsten Lerchl-Studie aus, 2015
Diskussionen zu Klose, 2015, im IZgMF-Forum
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