Der Blaue Handyengel, der relativ strahlungsarme Handys als solche kennzeichnen soll, wird bekanntlich von allen Handyherstellern in trauter Eintracht verschmäht. Im November entschied nun die Jury Umweltzeichen, die von der Mobilfunkindustrie attakierten Vergabekriterien für den Handyengel für ein weiteres Jahr unverändert zu belassen. Neue Vergabekriterien – sollten diese nächstes Jahr beschlossen werden, können frühestens im Dezember 2005 in Kraft treten. Der Blaue Handyengel bleibt damit für die kommenden zwei Jahre mit hoher Wahrscheinlichkeit Mitglied des Bodenpersonals, weil ihn einfach keiner zum Ausflug einladen mag.
Im Gegensatz zu himmlischen Engeln, Weihnachts- und Schutzengeln, sitzen die Chefs des Blauen Engels in Berlin. Genauer in der Jury Umweltzeichen, einem unabhängigen Beschlussgremium, zu dessen Sitzungen in der Geschäftsstelle des Umweltbundesamtes Vertreter von allerlei unterschiedlichen Interessensgruppen entsandt werden. Und eigentlich haben die Chefs allen Grund, auf ihren 25 Jahre alten Schützling stolz zu sein: Etwa 3050 Produkte von rd. 590 in- und ausländischen Firmen durften zum Jahresbeginn 2003 den Blauen Engel tragen.
Ein Angebot ohne Nachfrage
Auch knapp 1/4 der momentan im Handel befindlichen Handys (Stand: Dezember 2003) könnte, so berichtet das Bundesamt für Strahlenschutz, den Blauen Engel tragen (strahlungsarme Handys) – wenn das Zeichen von den Herstellern nur beantragt worden wäre. Dies ist jedoch nach wie vor nicht der Fall. Trotz Weihnachtsgeschäft zeigte die entsprechende Rubrik auf der Website des Blauen Engels auch am 9. Dezember 2003 noch immer keinen einzigen Eintrag. Ursache: Kaum war der Blaue Handyengel im Juni 2002 aus der Taufe gehoben, stellte die Mobilfunkindustrie in Gestalt von Dr. Uwe Kullnick (Siemens), Vorsitzender des Bitkom-Arbeitskreises „Mobilfunktechnik und Gesundheit“ fest: „Was jetzt auf dem Tisch liegt, führt nur zur Fehlinformation und zur Verunsicherung des Nutzers“ (Bitkom-Pressemeldung vom 14. Juni 2002).
Weichenstellung im November 2003
Im November 2003 stand planmäßig eine Überprüfung der Gültigkeitskriterien für den Blauen Handyengel auf der Tagesordnung der Jury Umweltzeichen. Der entscheidende Punkt war: Werden die Gültigkeitskriterien geändert (damit die Industrie ihre Verweigerungshaltung aufgibt), oder bleiben die Gültigkeitskriterien für ein weiteres Jahr unverändert. Das IZgMF fragte bei Dr. Brigitte Jacobs vom Umweltbundesamt (UBA) nach, wie die Sache ausgegangen ist (9.12.03-ll):
IZgMF: Wurden die Gültigkeitskriterien für den blauen Handyengel um ein weiteres Jahr (bis Dezember 2005) verlängert?
UBA: Die Jury Umweltzeichen hat auf Ihrer Sitzung am 21.11.2003 der Verlängerung der Umweltzeichen-Vergabegrundlage für Mobiltelefone um ein Jahr und ohne inhaltliche Änderungen zugestimmt.
IZgMF: Kommt es im November 2004 abermals zu Gesprächen über eine weitere Verlängerung?
UBA: Das Umweltbundesamt wird der Jury Umweltzeichen im Herbst 2004 erneut einen Vorschlag unterbreiten, nachdem Gespräche mit potenziellen Zeichenanwendern, dem Handel und Fachleuten geführt worden sind.
IZgMF: Wie sieht der weitere "Fahrplan" für die Findung einer zukünftigen Vergabegrundlage aus? Wann ist mit einem Resultat zu rechnen und werden die Handy-Hersteller diesmal an der Findung beteiligt sein?
UBA: Wir bemühen uns um einen konstruktiven Dialog mit allen interessierten Akteuren. Die Handy-Hersteller waren und werden auch in Zukunft beteiligt sein, soweit von ihrer Seite Gesprächsbereitschaft besteht. Darüber hinaus werden Umwelt- und Verbraucherverbände grundsätzlich bei der Erarbeitung von Vergabegrundlagen einbezogen.
IZgMF: Gibt es aus Sicht des UBA irgendwelche Hinweise darauf, dass die Handy-Hersteller den Boykott des Blauen Handyengels in absehbarer Zeit aufgeben? Hat es einen vergleichbaren Totalboykott für das Umweltzeichen bei irgendeinem anderen Produkt gegeben?
UBA: Gegenwärtig gibt es seitens der Handyhersteller keine positiven Signale, die auf eine zukünftige Nutzung des Umweltzeichens schließen lassen. Ohne von einem Boykott sprechen zu können gibt es leider auch andere Umweltzeichen, die aus verschiedenen Gründen nicht genutzt wurden und werden, zum Beispiel für TV-Geräte, für lärmarme Kraftfahrzeugreifen und für Haushaltsgroßgeräte wie Waschmaschinen und Geschirrspülmaschinen. An der Erarbeitung der entsprechenden Vergabegrundlagen waren die Hersteller der Produkte maßgeblich beteiligt.
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