Das Bundesamt für Strahlenschutz
aus Sicht der sogenannten Kompetenzinitiative

Ein akademischer Zirkel um den emeritierten Literaturprofessor Karl Richter nennt sich “Kompetenzinitiative zum Schutz von Mensch, Umwelt und Demokratie e.V.” An der fachlichen Kompetenz der Initiative in der Mobilfunkdebatte gibt es indes erhebliche Zweifel, sie muss notgedrungen damit leben, von Skeptikern als “sogenannte Kompetenzinitiative” vorgeführt zu werden. Mit unfreiwilliger Schützenhilfe des Deutschen Wissenschaftsrats versucht eben diese “Kompetenzinitiative” das Vertrauen der Bevölkerung in das “Bundesamt für Strahlenschutz” zu erschüttern. Da dies auf geradem Wege nicht möglich ist, bedarf es dazu grober Verzerrung oder ersatzweise einer guten Portion Inkompetenz (26.12.2011).

Bildlogo und Leitmotiv des Bundesamts für StrahlenschutzDie Debatte über mögliche biologische Nebenwirkungen des Mobilfunks - kurz: die Mobilfunkdebatte - sie hat mehr Ebenen, als es auf den ersten Blick scheint. Die oberste Ebene ist die Geschichte der engagierten Bürger, die von einem neu errichteten Sendemasten bös’ überrumpelt wurden, und die sich furchtlos zu einer Bürgerinitiative zusammen schließen, um den ehrenvollen Kampf gegen die mächtige Mobilfunkindustrie und ihre Kumpels in der Politik aufzunehmen. Diese Ebene kennt jeder, denn sie ist der medienrelevante Teil einer Inszenierung. Auf den tieferen Ebenen der Debatte geht es dagegen erheblich dunkler zu. Von dort aus wird die Inszenierung der Mobilfunkdebatte gesteuert. Es geht um Geld und gesellschaftliche Anerkennung, um Profit und Geltungsdrang. Details und Belege spielen hier und jetzt keine Rolle, wichtig ist nur zu akzeptieren, dass es anscheinend Interessengruppen gibt, die aus einer möglichst lange anhaltenden Verunsicherung der Bevölkerung bezüglich unerwünschter Nebenwirkungen des Mobilfunks materiellen oder immateriellen Gewinn ziehen. Mit diesem Motiv vor Augen lassen sich die Handlungen der sogenannten Kompetenzinitiative, nachfolgend KOI genannt, möglicherweise besser einordnen.

Frontalangriff auf das Bundesamt für Strahlenschutz

Im Juli 2011 bringt die KOI Heft 5 ihrer Broschürenreihe heraus, mit der sie die Bevölkerung über Gefahren des Mobilfunks und über Hintergründe aufklären will. Der Titel des Heftes lautet “Strahlenschutz im Widerspruch zur Wissenschaft” (PDF). Das Vorwort beginnt mit einem Frontalangriff auf das Bundesamt für Strahlenschutz:

Unter Berufung auf den Deutschen Wissenschaftsrat spricht die KOI dem BfS erst die Fachkompetenz ab, um dann noch schnell eine Verschwörungsthese von industriegefälligen Wissenschaftlern nachzulegen. In einer Presse-Information anlässlich des Erscheinens des Heftes haut die KOI in die gleiche Kerbe:

Anlässlich eines Vortrags auf einem “Mobilfunksymposium” des BUND in Mainz machte KOI-Gründer Dr. Karl Richter bereits im März 2009 Front gegen das BfS:

Was Herr Richter verschweigt: Die Anfrage 16/11794 der FDP wurde Anfang 2009 unter dem Eindruck der brisanten aktuellen Entwicklung im ehemaligen Forschungsbergwerk Asse gestellt.

Vier Fachbereiche bilden ein Bundesamt

Wer den oben zitierten Ausführungen der “Kompetenzinitiative” blind vertraut muss zu der Einschätzung kommen, nicht die weithin unbekannte und bedeutungslose KOI spreche dem BfS die Fachkompetenz ab, sondern eine wirklich hochrangige Institution. Denn der Deutsche Wissenschaftsrat ist laut Wikipedia das wichtigste wissenschaftliche Beratungsgremium in Deutschland. Eigenen Angaben zufolge berät er die Bundesregierung und die Regierungen der Länder in Fragen der inhaltlichen und strukturellen Entwicklung der Hochschulen, der Wissenschaft und der Forschung.

Und das gescholtene BfS?

Dessen Aufgabengebiete sind weit gesteckt, so dass es organisatorisch in vier eigenständige Fachbereiche gegliedert ist:

Das Reizthema “biologische Nebenwirkungen von Funkwellen” fällt in den Fachbereich SG (Strahlenschutz und Gesundheit), der, gegenwärtig geleitet von Dr. Weiss, in München-Neuherberg seinen Sitz hat. Die Hierarchie dort ist flach, der Fachbereich SG ist in nur zwei Abteilungen mit jeweils einer Reihe von Arbeitsgruppen eingeteilt.

Schwer zu glauben, dass ein so heterogenes Bundesamt wie das BfS durch und durch mit fehlender Kompetenz geschlagen sein soll, insbesondere der Fachbereich SG, denn dieser bildet den einzigen Berührungspunkt des Amtes zu den Mobilfunk- und Behördenfunkthemen, mit denen sich die KOI seit ihrer Gründung im Frühjahr 2007 beschäftigt.

Wissenschaftsrat zollt dem Fachbereich SG des BfS Anerkennung

Ein Blick in die 84 Seiten umfassende Original-Stellungnahme des Wissenschaftsrates (PDF) aus dem Jahr 2006 bestätigt das Misstrauen gegenüber der Darstellung der KOI eindrucksvoll. Denn beginnend auf Seite 65 unten verwandelt sich das angeblich vernichtende Urteil des Wissenschaftsrates – was den relevanten Fachbereich SG anbelangt – nachdrücklich ins Gegenteil:

Der Vorwurf der KOI, er klappt unter den anerkennenden Worte des Wissenschaftsrates in sich zusammen wie ein Taschenmesser.

Wie konnte der “Kompetenzinitiative” so etwas passieren?

Die Fehlinterpretation der Kompetenzinitiative lässt sich wohlwollend mit einem Irrtum oder einem Missverständnis erklären, weniger Wohlwollende sehen darin eine gezielte Faktenverzerrung. Tatsache ist, dass der Wissenschaftsrat auf Seite 12 in einer Zusammenfassung seiner Stellungnahme und Empfehlungen unmissverständlich auf das bessere Abschneiden des Fachbereichs SG hinweist:

Das Vorgehen der KOI, dem BfS unter Berufung auf den Wissenschaftsrat trotzdem in aller Öffentlichkeit und wiederholt Inkompetenz in Sachfragen bezüglich Strahlenschutz und Gesundheit ans Zeug zu flicken, es hat mit Kompetenz nichts zu tun. Eine kritische Auseinandersetzung mit diesem Verein findet im IZgMF-Forum statt, das Stichwort “Kompetenzinitiative” führt dort zu gut 450 Treffern.

Ringen um die Deutungshoheit in der Mobilfunkdebatte

Was aber könnte überhaupt der Grund dafür sein, dass sich Vereine wie die KOI so darum bemühen, das BfS gegenüber den Bürgern in ein möglichst schlechtes Licht zu rücken?

Eine Antwort auf diese Frage ist im Gerangel darum zu sehen, wer in der Mobilfunkdebatte die Deutungshoheit darüber gewinnt, ob schwache Funkwellen nun gefährlich sind oder nicht. Diese Frage quält nicht nur Teile der Bevölkerung, sondern auch kommunale Entscheidungsträger, die beispielsweise über Standorte von Sendemasten mitzubestimmen haben. Wer diese große Zielgruppe am besten erreicht, ist der Gewinner.

Das Bundesamt für Strahlenschutz ist als neutrale staatliche Institution mit glaubwürdigem Leitbild die erste Adresse für besorgte Bürger und Kommunalpolitiker, sich zu informieren. Mobilfunkgegner können nichts Vergleichbares ins Feld führen. Die Gemengenlage bei den Gegnern unterliegt Wildwuchs, das Aufklärungsmonopol beansprucht ein bunt zusammengewürfeltes Konglomerat, bestehend aus einigen überzeugten “Elektrosensiblen”, vereinzelten Wissenschaftlern, diversen Vereinen gegen Mobilfunk und einer Vielzahl selbsternannter Experten mit zuweilen haarsträubender Kompetenzausstattung. Typisch für das Konglomerat ist, sich gegenseitig zu bestätigen, um so den Anschein von Deutungshoheit zu erlangen. Tatsächlich fallen nicht wenige darauf herein.

Im Licht der Objektivität ist auf Seiten der Mobilfunkgegner jedoch nichts erkennbar, was mit der Neutralität und Aufklärungskompetenz des Fachbereichs SG im Bundesamt für Strahlenschutz konkurrieren könnte. Ratsuchende dürfen sich darauf verlassen, dass die Mitarbeiter des Amtes frei von persönlichen Interessen fachlich kompetente Entscheidungen treffen, und Auskünfte erteilen, die dem Stand des Wissens entsprechen. Keine Panikmache, keine Bagatellisierung, keine Weisungen, bekannte Risiken zu vertuschen. Nichts, auch nicht die kritische Stellungnahme des Deutschen Wissenschaftsrates, gibt Anlass dazu, die Integrität des 1989 gegründeten BfS ernsthaft in Frage zu stellen. Dagegen gibt es eine beträchtliche Anzahl Belege, dass einige Wortführer der Mobilfunkgegner keineswegs immer nur ans Gemeinwohl denken, sondern aus der Mobilfunkdebatte materiellen oder immateriellen Nutzen ziehen.

Behauptungen und Unterstellungen, statt harter Fakten

Dieser große Funkturm am Stadtrand von Elmshorn steht dicht neben dem Krankenhaus der Stadt - bei Rundfunkmasten versagt jedoch die Feinderkennung von Mobilfunkgegnern, diese Einrichtungen bleiben unbehelligtWie aber, wenn nicht mit nackten Tatsachen, lässt sich die Glaubwürdigkeit des BfS dennoch erschüttern? Durch Streuen von Gerüchten, durch Unterstellungen, Mutmaßungen und Verdächtigungen. Schon lange versuchen Mobilfunkgegner auf diese Weise Boden im Rennen um die Deutungshoheit gut zu machen. Zum Beispiel wurde aus der Versteigerung der UMTS-Lizenzen, die dem Staat rund 50 Mrd. Euro einbrachte, eine Abhängigkeit des BfS von der Mobilfunkindustrie konstruiert, frei nach der Unterstellung: "Wer soviel Geld hinlegt, der will dafür noch etwas mehr haben". Belege dafür gibt es jedoch keine. Auch das gemeinsam von BfS und Mobilfunkindustrie finanzierte Deutsche Mobilfunk-Forschungsprogramm wurde versucht, in Misskredit zu bringen. Dazu genügte die Behauptung, die Industrie habe sich mit ihrer Finanzspritze maßgeblichen Einfluss auf die Forschungsergebnisse erkauft. Auch hier fehlt jeglicher Beleg für die populistisch überzeugende Parole: Wer zahlt, schafft an. Die Versuche, das BfS als korrupte Institution hinzustellen, reichen zuweilen bis auf einzelne Mobilfunkgegner aus Überzeugung herab, die das Personal des Amtes mit ergebnislosen Briefwechseln beschäftigen und sich unverstanden sehen. Und längst nicht alles, was dem BfS unterstellt wird, lässt sich im www nachlesen. Vieles bleibt Gesprächen zwischen Mobilfunkgegnern vorbehalten und internen Rundmails, mit denen die Teilnehmer der Debatte von wenigen Meinungsbildnern auf Linie gehalten werden.

Keiner, der das BfS als Spielball von Industrieinteressen verdächtigt, konnte bislang freilich auch nur ein einziges glaubwürdiges Motiv dafür nennen, warum das Amt es bewusst zulassen sollte, die Gesundheit der eigenen Bevölkerung (inklusive der Mitarbeiter des BfS und derer Familien) auf dem Altar des Profitstrebens zu opfern. Diese absurde These lässt sich allein durch weitere Verschwörungstheorien stützen.

Die Kunst des Weglassens

Die Kunst des Weglassens wird von der KOI anderen vorgeworfen, sie selbst aber praktiziert diese Kunst ebenfalls ungeniert, wie dieses Beispiel zeigt.

Ein Tunnelblick der KOI ist auch in der Auseinandersetzung mit der Stellungnahme des Wissenschaftsrates erkennbar. Denn diese Stellungnahme hatte ein drei Jahre währendes Nachspiel, um das sich die KOI in keiner Weise kümmerte. So reagierte der Umwelt-Bundesminister seinerzeit unwirsch auf die Stellungnahme, gemeinsam mit dem BfS beauftragte er ein Gegengutachten. Die KOI verschweigt auch, dass drei Jahre später (2009) das BfS den vom Wissenschaftsrat erbetenen Bericht vorlegte, auf den der Wissenschaftsrat 2010 mit einer neuen Stellungnahme (PDF) reagierte, in der er die grundlegende Kritik zwar bekräftigt, dem BfS aber auch Fortschritte bei der Erneuerung bescheinigt.

Links

zur sogenannten Kompetenzinitiative

Netzwerk der “Kompetenzinitiative”

Prof. em. Karl Richter, gründete 2007 die “Kompetenzinitiative”

Noch etwas Irritierendes von der “Kompetenzinitiative”: Gravitationswellen & Maikäfer

zum Bundesamt für Strahlenschutz

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