Ende Februar 2006 gab Prof. Norbert Leitgeb, Leiter der EPROS-Schlafstudie, eine erste Zwischenbilanz bekannt: Demzufolge konnte kein Beweis gefunden werden, dass Schlafstörungen elektrosensibler Personen mit der Einwirkung elektromagnetischer Felder in Zusammenhang stehen. Sollte die Zwischenbilanz Bestätigung finden, würde dies die Glaubwürdigkeit eines gewichtigen Arguments der Mobilfunkkritiker – Schlaflosigkeit im Umkreis von Mobilfunk-Basisstationen – untergraben. Die Mobilfunkbranche bucht EPROS schon jetzt zu ihren Gunsten. Doch auch die Kritiker gehen nicht leer aus: Von der Öffentlichkeit nahezu unbemerkt erbrachte die Studie erstmals eine Bestätigung dafür, dass gegenüber niederfrequenten 50-Hz-Wechselströmen sensitive Personen auch auf hochfrequenten Elektrosmog stärker reagieren als die Allgemeinbevölkerung.
Im Dezember 2004 startete das Institut für Krankenhaustechnik der TU Graz die Schlafstudie EPROS. Ziel der Studie ist es, den von vielen Betroffenen geäußerten Verdacht zu prüfen, ob elektromagnetische Felder (hochfrequenter Elektrosmog) erhebliche Schlafstörungen verursachen können. Typische Quellen des hochfrequenten Elektrosmogs sind nahe gelegene Mobilfunk-Basisstationen, DECT-Basisstationen (Schnurlostelefone) und W-LAN-Basisstationen (Access Points).
Rund ein Jahr später waren die Messungen in Österreich abgeschlossen, Ende Februar 2006 gab Studienleiter Prof. Norbert Leitgeb erste Resultate der Auswertung bekannt.
Erste EPROS-Zwischenbilanz: Vorsichtige Entwarnung
In weitgehend gleichlautenden Presseerklärungen feiern die betreibernahen Organisationen Forum Mobilkommunikation (Österreich) und Forum Mobil (Schweiz) die ersten Resultate der Studie als eindeutige Entwarnung. Die Euphorie der Industrie ist verständlich, denn Schlafstörungen wegen Mobilfunk zählen zu den zentralen bislang unwiderlegten Angriffspunkten der Mobilfunkkritiker. In der Kernaussage der Studie zeige sich, so die Presserklärungen, dass Schlafstörungen durch elektromagnetische Felder nicht hervorgerufen werden. Die Ergebnisse seien, laut Leitgeb eindeutig:
Studienleiter Leitgeb selbst drückt sich weniger euphorisch und manipulativ aus. Auf der Website seines Instituts lässt er den Link zu den ersten Studienergebnissen mit dem Text Grund zu vorsichtiger Entwarnung versehen. Weiter heißt es auf der Website:
“Das Konzept sah vor, nicht unter künstlichen Laborbedingungen zu untersuchen, sondern in den Schlafzimmern der Betroffenen die Schlafqualität mit und ohne einer Elektrosmog-Abschirmung zu vergleichen, Um Verfälschungen durch Vorurteile zu vermeiden, wurden in zufälliger Reihenfolge auch Schein-Schirme verwendet.
Aus insgesamt ca. 500 Interessenten aus nahezu allen österreichischen Bundesländern wurden die 29 schwierigsten Fälle ausgewählt und der Schlaf in insgesamt 261 Nächten analysiert. Leitgeb erklärt: ‘Wenn wir einen Zusammenhang in den kritischsten Fällen nicht nachweisen können, so ist er auch sonst nicht zu erwarten.’
Die Ergebnisse sind überraschend: Der Elektrosmog war bei den Betroffenen nicht unüblich hoch. Er lag durchwegs weit unter den Grenzwerten und wurde meist von den Rundfunkanteilen dominiert. Unerwartet war auch, dass der Mobilfunkanteil nicht nur von den Sendemasten, sondern bei jedem vierten auch von den Handytelefonierern der Umgebung bestimmt war.
Die Reaktion der Probanden auf die Abschirmung war sehr unterschiedlich. Bei der überwiegenden Mehrheit der Probanden konnte Entwarnung gegeben und ein Einfluss des Elektrosmogs ausgeschlossen werden. Bei einigen Probanden bewirkte bereits der Glaube an die Schirmwirkung eine deutliche Schlafverbesserung. Bei zwei der untersuchten Probanden ergab die Auswertung, dass sie bei abgeschirmten Elektrosmog subjektiv signifikant besser geschlafen haben. Dies konnte jedoch durch die objektiven Schlafkenngrößen nicht bestätigt werden. Bei genauerer Analyse konnten allerdings starke Hinweise darauf gefunden werden, dass die Schirmbedingung von einigen Probanden überprüft worden war. Leitgeb bedauert, dass dadurch die Hinweise auf einen möglichen Zusammenhang der Schlafqualität mit Elektrosmog wesentlich entkräftet wurden.”
Fragen an Norbert Leitgeb
Irritierend an den jüngsten Internet-Veröffentlichungen über die Resultate der EPROS-Schlafstudie war, dass keine Publikation klar sagte, wie sie in den Besitz der Informationen gekommen war. Und weil vorneweg auch gleich die beiden Betreiberorganisationen mit ihren Presseerklärungen vertreten waren, fragten wir am 2. März 2006 Prof. Norbert Leitgeb nach der Quelle der Veröffentlichungen.
Frage: Da wir bislang kein Original der EPROS-Studie im Internet finden konnten fragen wir uns, aus welchen Quellen die Veröffentlichungen eigentlich schöpfen. Noch mehr wären wir jedoch an Originalinformationen über die ersten Resultate der EPROS-Studie interessiert, damit wir uns anhand ungefilterter Informationen ggf. kritisch damit auseinandersetzen können. Konkret: Wir hoffen auf eine PDF-Dokumentation der bisherigen EPROS-Resultate, so Sie bereit sind, diese überhaupt preiszugeben.
Leitgeb: Aufgrund des großen Interesses seitens der Öffentlichkeit und um Unterstellungen, hier könnte etwas vertuscht werden, entgegenzutreten, habe ich die bisherigen Ergebnisse im Rahmen einer Pressekonferenz vorgestellt. Wie es sich für Wissenschaftler gehört, haben wir darüber hinaus die Ergebnisse zur Publikation in einer Fachzeitschrift eingereicht. Darüber hinaus ist beabsichtigt, im Rahmen der Internationalen Konferenz über ‘Emerging Technologies, Potential Sensitive Groups and Health’ (Graz, 20. bis 21. April 2006) darüber zu berichten. Ich bitte Sie daher um Verständnis, wenn wir mit der Verbreitung von Detailergebnissen noch zurückhaltend sein müssen. Ihre Zweifel "ob wir bereit sind, (die Ergebnisse) überhaupt preiszugeben" sind daher unbegründet.
Frage: Da jetzt das "Geheimnis" mit der Schein-Abschirmung keines mehr ist, fürchten Sie denn bei den Folgeuntersuchungen keine Manipulation mit kleinen am Körper getragen Mini-Elektrosmogmeldern mit denen sich die Schein-Abschirmung leicht entlarven lässt?
Leitgeb: Bezüglich der Untersuchungsbedingungen Kontrolle/Verum/Sham haben wir uns bisher bedeckt gehalten, obwohl natürlich klar war, dass Probanden ein derartiges Design vermuten und sich über die Verhältnisse Gewissheit verschaffen könnten. Aus diesem Grund haben wir während der gesamten Versuchsdauer laufend Kontrollmessungen vorgenommen und auch erkennen können, dass es in Einzelfällen derartige Versuche gegeben hat. Dies ist deshalb bedauerlich, weil die Probanden auf diese Weise den Wert ihrer Mitwirkung selbst stark herabgesetzt haben.
Frage: In einem ORF-Interview sagten Sie, die EPROS-Probanden seien deutlich elektrosensitiver als die Allgemeinbevölkerung. Auf was beziehen Sie diese erkannte Elektrosensivität – auf direkte Stromeinwirkung (AC/DC) via Elektroden, auf 50-Hz-Wechselfelder oder gar auf Hochfrequenz?
Leitgeb: Die Elektrosensitivität haben wir nach unserem Verfahren durch Messung der Wahrnehmbarkeitsschwelle für 50-Hz-Ströme charakterisiert. Dass sich dies nicht ungeprüft auf den Hochfrequenzbereich übertragen lässt, war natürlich klar. Gerade aus diesem Grund ist es nicht selbstverständlich, dass die Probanden eine erhöhte Elektrosensitivität zeigten.
Zwei Paar Stiefel: Elektrosensitivität und Elektrosensibilität
In der letzten der obigen Antworten steckt verschlüsselt eine bemerkenswerte Entdeckung. Bevor wir darauf zu sprechen kommen, lesen Sie bitte noch die Definition für Elektrosensitivität und Elektrosensibilität, wie sie Leitgeb z. B. in einer Anfang Januar 2006 publizierten Literaturstudie (PDF, 392 KByte) formuliert:
“Im deutschsprachigen Raum wird die vermutete Überempfindlichkeit gegenüber elektromagnetischen Feldern mit dem Begriff „Elektrosensibilität“ bezeichnet. Grundsätzlich bedeuten Sensibilität und Sensitivität nicht das Selbe. So wird unter Elektrosensitivität die Fähigkeit einer Person verstanden, elektromagnetische Einwirkungen (Felder) wahrzunehmen, ohne dabei notwendiger Weise bereits Krankheitssymptome zu entwickeln. Der Begriff „Elektrosensibilität“ hingegen bezieht sich auf die Entwicklung von Krankheitssymptomen aufgrund der Exposition gegenüber elektromagnetischen Feldern. Ob hoch- oder niederfrequente Felder als Verursacher gesehen werden, wird in der Terminologie nicht berücksichtigt, obwohl sie durch grundsätzlich andere Wechselwirkungsmechanismen wirken.”
Eine bemerkenswerte Entdeckung
Die EPROS-Schlafstudie wird mit Probanden durchgeführt, die nach eigener Einschätzung elektrosensibel auf Funkfelder reagieren. Nun hat Leitgeb zwar offenbar keinen signifikanten Zusammenhang zwischen Hochfrequenzemissionen und Schafstörungen gefunden, dafür aber hat er etwas anderes entdeckt. Nämlich dass die Probanden im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung deutlich elektrosensitiver sind. Das Besondere daran ist, dass die nachgewiesene Elektrosensitivität nicht mit strittigen Methoden, sondern wissenschaftlich konservativ über die Wahrnehmbarkeitsschwelle für 50-Hz-Wechselstrom ermittelt wurde: Ab welcher Intensität spüren Probanden den Stromfluss, der ihnen über Elektroden zugeführt wird (Details dazu am Fuß der Seite: EPROS-Informationsblatt, Ablauf, Punkt 1). Bislang gab es keine wissenschaftliche Untersuchung, aus der hervorgegangen wäre, dass eine erhöhte Sensitivität auf 50-Hz-Wechselströme dahingehend extrapoliert werden kann, dass dieselben Personen auch auf hochfrequenten Elektrosmog reagieren. Die EPROS-Schlafstudie hat diesen Nachweis nun erstmals "unbeabsichtigt" erbracht (derzeit wegen der geringen Anzahl an Testpersonen noch auf schwacher statistischer Basis). Welche Bedeutung es hat, dass auf niederfrequenten Elektrosmog reagierende Personen offenbar auch hochfrequenten Elektrosmog stärker wahrnehmen als andere, bleibt abzuwarten. Möglicherweise lässt sich die Entdeckung auch dahingehend nutzen, auf der Suche nach einem Beweis für Elektrosensitivität gegenüber Hochfrequenz bevorzugt mit Probanden zu arbeiten, deren Elektrosensitivität gegenüber niederfrequentem Elektrosmog zuvor unstrittig nachgewiesen wurde.
Ein Schwachpunkt der EPROS-Studie ist die geringe Anzahl der beobachteten Testpersonen. Das weiß auch Leitgeb, der seine Studie deshalb in Deutschland fortsetzen wird. Die Vorbereitungen dazu sollen Ende 2006 abgeschlossen sein, dann will er mit anderen Probanden zu den bereits analysierten 261 Nächten (Österreich) über 200 weitere Nächte hinzufügen, um die statistische Wahrscheinlichkeit eines Irrtums zu reduzieren. Mit den Ergebnissen dieses Studienabschnitts ist etwa Mitte 2008 zu rechnen.
Kritik an der EPROS-Studie
Der Mobilfunkkritiker Dr. Ferdinand Ruzicka, der in Österreich die Website www.mikrowellensmog.info betreibt, meldet Kritik an EPROS an. Er schreibt unter anderem:
“Beim Studienleiter Prof. DI Dr. techn. Leitgeb handelt es sich um einen Techniker und keinen Mediziner! An nur 29 ausgesuchten Patienten von 500, die sich gemeldet hatten, sollen die Studien von Santini et al. (2001, 2002, 2003) mit 530 Probanden, Navarro et al. (2003) mit 101 Probanden und die Beobachtungen von Ärzten der Ärzteinitiative Bamberger Appell (2006) mit 900 Patienten widerlegt werden. Nach Untersuchungen von Mann et al. (1996,1998) und Wagner et al. (1998) kommt es unter dem Einfluss von niederfrequent gepulsten EMF mit 900 MHz zu einer signifikanten Verkürzung der REM-Schlafphase von 17 % auf 14 % ( Mikrowellensyndrom ). Auch die Behauptung, dass es sich bei der Hauptquelle der gemessenen EMF um den Rundfunk handelt ist unglaubwürdig. Messungen in Deutschland haben ergeben, dass mindestens 80 % der hochfrequenten Einstrahlung auf gepulste Mobilfunkdienste zurückgehen. Rundfunk-, Fernseh- und andere Funkdienste sind dagegen von geringerer Bedeutung!”
Die Geldgeber der EPROS-Schlafstudie
Weiterführende Links
EPROS-Schlafstudie zwischen Sensation und Dementi
Schlafstörungen - Gesundheitsberichterstattung des Bundes, Heft 27, Robert Koch-Institut (PDF, 565 KByte)
Diskussionsfaden im IZgMF-Forum
Informationsblatt für die Testpersonen
Nachfolgend der Originaltext des Informationsblatts, wie es Interessenten an der EPROS-Studie in Deutschland ausgehändigt wurde. Informationsblatt EPROS Projekt "Elektrosensibilität und Schlafstörungen" Beschreibung Das Projekt EPROS wird durchgeführt, um Personen eine Hilfestellung geben zu können, die über Schlafstörungen klagen und diese auf die Existenz von Sendeanlagen (z.B.: Mobilfunk-Basisstationen) zurückführen. Dabei wird untersucht, ob eine Abschirmung des vorhandenen Elektrosmogs eine Verbesserung des Schlafes zur Folge hat. Damit soll abgeklärt werden, ob Elektrosmog die Ursache ist und welche Möglichkeiten zur Abhilfe bestehen. Das Neue an dieser Studie ist, dass einerseits die Betroffenen nicht in ein Institut oder Schlaflabor gehen müssen, sondern die Untersuchung direkt in der Wohnung der Betroffenen stattfindet. Andererseits wird nicht die Verschlechterung durch zusätzliche Bestrahlung, sondern die Verbesserung durch Verringerung der Strahlung untersucht. Um aussagekräftige Ergebnisse erhalten zu können, ist es unbedingt notwendig, den Schlaf von ausreichend vielen (derzeit 12) Nächten auszuwerten. Da bei vorzeitigem Abbruch sämtliche bis dahin vorgenommenen Untersuchungen wertlos sind, ist es unbedingt erforderlich, dass alle vorgesehenen Nächte untersucht werden können. Die Untersuchung erfordert viel Aufwand, ist jedoch kostenlos. Bei vorzeitigem Abbruch muss jedoch eine Aufwandsentschädigung von € 500,- in Rechnung gestellt werden. Es ist daher nur möglich jene Personen zu untersuchen, die sich mit der gesamten Untersuchungsdauer einverstanden erklären. Ablauf Insgesamt sind wenigstens 12 Nächte erforderlich, in denen mit Stirnelektroden und einem Mini-Gerät geschlafen werden muss. Die terminliche Vereinbarung erfolgt mit Absprache der Betroffenen. Die einzelnen Nächte sollten jedoch möglichst innerhalb von 3 Wochen liegen. Am Abend vor jeder ,,Messnacht" werden von den Projektmitarbeitern Vorbereitungen für die Nacht getroffen. Dazu kommen die Mitarbeiter je nach Vereinbarung, z.B.: um 20 Uhr ins Haus um die Vorbereitungen zu treffen, die ca. 1 Stunde lang dauern würden. Diese umfassen:
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