In ihrer Ausgabe 4 vom 2. März 2005 berichtet die Schweizer Zeitschrift Saldo über haarsträubend hohe Feldstärkewerte, gemessen in Zügen der Schweizer Bundes Bahnen SBB. Ursache der hohen Feldbelastung sind Repeater (Sende-Empfangsverstärker), die dicht über den Köpfen der Passagiere mit Stummelantennen punktuell strahlen. Dabei liesse sich mit langgestreckten Schlitzkabeln als Antenne eine gleichmässigere und vor allem deutlich schwächere Feldverteilung im Zuginnern erreichen. Leidtragende der Fehlplanung sind das Zugpersonal und unbeteiligte Zugpassagiere, die sich gegen den starken Elektrosmog nicht wehren können.
Der Spitzenwert der Feldstärke wurde in einem IC-Doppelstockzug der Strecke Luzern-Zürich an einem Sitzplatz der 1. Klasse mit 16,35 V/m gemessen (709 mW/m²), die durchschnittliche ständige Belastung an diesem Platz erreichte immerhin noch 9,31 V/m (230 mW/m²). Auf anderen Strecken erreichte die Feldstärke Werte zwischen 0,10 V/m und 12,15 V/m (höchste Momentanwerte) oder zwischen 0,10 V/m und 3,37 V/m (Durchschnittswerte). Gemessen wurde in Kopfhöhe sitzender Passagiere mal im gesamten Zug mal nur an einzelnen Sitzplätzen. Zum Vergleich: Wer mit dem Handy telefoniert, setzt sich dem Saldo-Bericht zufolge kurzzeitig Feldstärken von 15 V/m bis 40 V/m aus.
Repeater nutzen Telefonierern und schaden allen anderen
Ursache der hohen Messwerte sind so genannte Repeater (Sende-Empfangsverstärker), mit denen die IC-Doppelstockzüge der SBB zunehmend ausgestattet werden. Diese Repeater, sie sind in der Deckenverkleidung über den Sitzen untergebracht, sollen die abschirmende Wirkung der metallischen Waggons beseitigen, indem sie als Zwischenstation die Handy-Funksignale vom Zuginnern an aussen am Zug platzierte Antennen weiterreichen und umgekehrt die von Basisstationen empfangenen Signale im Zuginnern ausstrahlen. Auf diese Weise sind in den Waggons weitgehend störungsfreie Funkverbindungen gewährleistet, ohne dass Handys dazu pausenlos mit maximaler Sendeleistung arbeiten müssen. Nutzniesser von Repeatern sind in erster Linie telefonierende Zugpassagiere. Den Schaden haben alle anderen Passagiere, denn wie die Messungen von Saldo bestätigen, ist die von Repeatern ausgehende Dauerbelastung im Zuginnern überraschend hoch.
Deutschland: Repeater in Fahrzeugen sind im Regelfall nicht zu empfehlen
Im Dezember 2004 war unter anderem der Nutzwert von Repeatern in öffentlichen Verkehrsmitteln der Anlass für eine parlamentarische Anfrage an die Baden-Württembergische Landesregierung. In deren Antwort heisst es: “Im Ergebnis wird beim Einsatz von Repeatern die Exposition durch die Benutzung von Mobiltelefonen verringert, gleichzeitig jedoch eine ständige elektromagnetische Grundbelastung durch die Verstärkung der von den Basisstationen ausgehenden Signale erzeugt. Im Sinne einer allgemeinen Feldverminderung sind Repeater in Fahrzeugen deshalb im Regelfall nicht zu empfehlen. Zurzeit sind in Bussen und Stadtbahnen nach den vorliegenden Informationen keine Repeater in Betrieb. Repeater-Systeme werden allerdings in ICE- und IC-Wagen der Deutschen Bahn in gesonderten Bereichen zur Verbesserung der Verbindungsqualität eingesetzt.”
Zu Repeatern in ihren Zügen schreibt die Deutsche Bahn: Nicht nur in den ICEs mit Neigetechnik sind Repeater eingebaut, auch in den übrigen ICE-Zügen sind diese Repeater nachgerüstet worden. Die Bereiche sind durch ein besonderes Handy-Piktogramm gekennzeichnet. Plätze in diesem Bereich können in allen ICE-Zügen gezielt reserviert werden.
Mit Schlitzkabeln fällt die Feldbelastung auf 0,10 V/m
Unter dem Aspekt des Elektrosmogs sind in der Deckenverkleidung von Zügen verlegte Schlitzkabel, die als langgestreckte Antennen für Repeater wirken, einfachen Repeatern mit Stummelantenne weit überlegen. In Neigezügen der SBB, z. B. auf der Strecke Yverdon-Basel, wird diese Technik ausschliesslich verwendet. Und tatsächlich ermittelte Saldo den mit Abstand kleinsten der oben genannten Werte (0,10 V/m) in so einem Zug mit Schlitzkabel. Erfreulich: Wegen der gleichmässigen Feldverteilung wurde der niedrige Wert durchweg im gesamten Zug gemessen, Immissionsspitzen wie bei den Repeatern mit Stummelantenne gab es keine. Dem Bericht zufolge sind Schlitzkabel in den IC-Doppelstockzügen aus Platzgründen nicht möglich. Die Folge ist in diesen Zügen eine stellenweise gravierende Überschreitung des Schweizer Anlagewerts (5,0 V/m), der für Orte mit empfindlicher Nutzung gilt (z. B. Schlafräume). Nur: Züge gelten nicht als Orte empfindlicher Nutzung! Der im Vergleich zur ICNIRP-Empfehlung niedrige Anlagewert (bezogen auf Feldstärke 10mal niedriger, bezogen auf Leistungsflussdichte 100mal niedriger) muss daher nicht eingehalten werden. Rein rechtlich dürften die Repeater sogar genauso stark strahlen wie gewöhnliche Basisstationen auf Hausdächern.
Migräne und Müdigkeit haben beim Zugpersonal klar zugenommen
Wie es bei Saldo weiter heisst, zeigte sich die SBB von den Messwerten unbeeindruckt. Sprecher Roland Binz: “Wir wollen die Möglichkeiten der Fahrgäste nicht einschränken, mobil zu telefonieren.” Und die Belastung wird weiter ansteigen, denn die SBB will in ihren Zügen kabelloses Surfen im Internet anbieten. Derweil klagt ein Zugchef: “Wir arbeiten in diesem Strahlenumfeld täglich acht Stunden. Migräne und Müdigkeit haben beim Zugpersonal klar zugenommen.”
Die Zeitschrift Saldo wird von der KI-Gruppe herausgegeben, einem privatwirtschaftlichen Medienhaus in Zürich. Der Firmenname KI umschreibt, so ist es auf der KI-Website nachzulesen, die Unternehmensphilosophie der Gruppe: Konsument und Information sind die beiden tragenden Säulen der KI-Kultur. Saldo ist damit so etwas wie die Schweizer Ausgabe der Zeitschrift test, die in Deutschland von der unabhängigen Stiftung Warentest herausgegeben wird (03.03.05-Hartmann/-ll).
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