Januar 2000 Mit unerklärlichen Beschwerden fängt alles an
Unsere Mobilfunkgeschichte beginnt im Januar 2000. Ohne erkennbaren Grund bekommt meine Frau Carola (35) plötzlich gesundheitliche Beschwerden. Diese äußern sich in Form von Schmerzen in den Muskeln und Sehnen der Schulterblätter. Oft reichen die Schmerzen hoch bis ins Genick. Auch die Hüftgegend ist betroffen und die Beine vom Knie abwärts zu den Fersen. Sobald Carola etwas macht was Kraft erfordert, dauern die Schmerzen drei bis vier Tage an. Im Laufe der Zeit kommt noch ein Brennen auf der Haut hinzu und beim Lesen bemerkt Carola immer wieder eine abrupte Abnahme der Sehkraft. Selbstverständlich konsultieren wir einige Ärzte aber keiner findet die Ursache der Beschwerden.
August 2002 Erst eine neue E-Plus-Basisstation bringt uns auf die richtige Spur
Zwei Jahre später, im August 2002, lässt E-Plus in 120 m Entfernung zu unserem Haus eine Mobilfunk-Basisstation errichten. Topographisch ist der Standort nicht gut gewählt, denn der gut 30 m hohe Schornstein, an dem die Sektorantennen montiert sind, steht in einer Senke. Da unser Haus mit nur 8 m Höhenversatz zu den Antennen auf einem gegenüberliegenden Hügel steht geraten wir unversehens in die Hauptstrahlrichtung der Antennen.
Ab diesem Zeitpunkt war es Carola nicht mehr möglich, im Haus einen normalen Schlaf zu finden. Zu den bereits geschilderten Beschwerden kommen Ohrenpfeifen, Schwindelgefühl, geschwollene Lymphknoten und Herzrasen hinzu. Zuweilen nimmt sie im Kopf einen metallisch klingenden Ton wahr. Kurios: Ab Sendebeginn der E-Plus-Station träumen unsere Kinder und Nachbarskinder nachts von Mücken und hören deren Summen. Es konnte aber kein einziges mal auch nur eine Mücke in den Zimmern der Kinder gefunden werden.
Durch Befragung von Nachbarn, örtliche Bestimmung der Aufenthaltsorte, an denen die Beschwerden bevorzugt auftreten, und genaues Beobachten der Zeitpunkte können wir im Laufe der Zeit die Basisstation als Ursache bestimmen. Zwei baubiologische Hausuntersuchungen erbringen jedoch keinen eindeutigen Befund. Beide Untersuchungen wurden gemacht, weil unser Bürgermeister unseren Argumenten nicht traut und Messungen verlangt. Baubiologe Klemens Jakob misst im Dachgeschoss unseres Hauses eine maximale Leistungsflussdichte von 617 µW/m². Mit meinem HF-Detektor (Aaronia) messe ich später Werte bis 1200 µW/m². In dieser Phase erfahren wir, dass seit Januar 2000, etwa 150 m von unserem Haus entfernt, ein weiterer Sendemast von T-Mobile strahlt. Jetzt haben wir keinerlei Zweifel mehr daran, dass der Elektrosmog für die Gesundheitsbeschwerden meiner Frau verantwortlich ist. Mittlerweile bemerke auch ich den Einfluss von Hochfrequenzstrahlung und 50-Hz-Niederfrequenzfeldern, ich reagiere darauf mit Kopfschmerzen.
Wir gründen eine Bürgerinitiative und sammeln 900 Unterschriften für eine Petition, die eine Verlegung des E-Plus-Senders fordert. Zwischendurch organisieren und besuchen wir einige Info-Veranstaltungen und verhandeln mit dem Bürgermeister, den Gemeinderäten und den drei Betreibern (Vodafone ist schon seit 1996 mit einer Antenne präsent). Unserem Ziel kommen wir damit jedoch keinen Schritt näher.
Juli 2003 Wir geben unser Haus auf und verkaufen es unter Wert
Seit zehn Monaten flüchten wir nun schon mit unseren drei kleinen Kindern nachts aus dem Haus und schlafen meist in unserem Wohnwagen draußen auf einem Bauernhof. Dort haben wir keine Beschwerden und können gut schlafen.
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Der Umzug zeigt leider nicht die gewünschte Wirkung, denn unsere gesundheitlichen Schäden durch die Mobilfunkstrahlung waren nicht mehr rückgängig zu machen. Unser neuer Wohnort wird zwar von außerhalb mit Mobilfunk versorgt, deshalb geht es uns in dieser Hinsicht etwas besser, aber der Vorteil wird durch andere Nachteile mehr als wettgemacht. So befinden sich in der Nähe des Hauses viele "Dachständer" (Stromeinspeisung von Freileitungen) und in etwa 100 m Entfernung (freie Sicht) führt eine Hochspannungsleitung vorbei. Erst später merken wir, dass auch die ungünstige Verkabelung im Haus für uns eine große Belastung darstellt. Immer weiter schreitet die Elektrosensibilisierung voran. Am schlimmsten trifft es jetzt unseren Sohn Robin (10): Eines Tages kann er, seiner Beschwerden wegen, nicht mehr mit dem Schulbus ins Gymnasium nach Albstadt-Ebingen fahren. Später muss er die Schule, die bestens mit Mobilfunk versorgt wird, sogar meiden, weil er dort unter extremen Kopf- und Magenschmerzen sowie Atembeschwerden leidet. Was das Ausmaß der Elektrosensibilität betrifft, so sind meine Frau und Robin mit Abstand am stärksten betroffen, dann komme ich an die Reihe und dann unsere beiden anderen Söhne.
November 2003 Flucht in die Weiten der schwedischen Wälder
Irgendwann im Sommer des Jahres 2003 sind wir zu dem Entschluss gekommen, dass uns nur noch die Flucht dorthin helfen kann, wo es keine starken elektrischen oder magnetischen Felder gibt. Da Carola aus Schweden stammt, entschließen wir uns in Bitz alles aufzulösen und in der Weite der schwedischen Wälder einen Zufluchtsort zu suchen. Anfang November nimmt meine Familie Abschied von Deutschland und reist nach Schweden. Ich bleibe noch bis Dezember, um Unerledigtes zu regeln. Der Abschied ist in jeder Hinsicht schmerzlich, denn viele Bekannte bringen unseren Beweggründen für den Umzug kein Verständnis entgegen. Mit letzter Kraft hoffen nun alle in unserer Familie, dass wir mit unserer Elektrosensibilität in Zukunft mehr Hilfe und Verständnis erfahren werden. An allererster Stelle steht dabei die Hoffnung, wieder gesund zu werden.
Januar 2004 Bei Kerzenlicht in der Küche
Anfang Januar nehme ich in Stockholm an einer Demonstration teil gegen UMTS oder "3G", wie sie es hier in Schweden nennen. Die Demo hat etwa 150 bis 200 Teilnehmer und endet mit einem Fackellauf rund um den "Kungsträdgården".
Unsere augenblickliche Situation stellt sich so dar: Alle drei Kinder können zur Schule gehen. Im Augenblick wohnen wir in einer Umgebung, die hinsichtlich Mobilfunkstrahlung gerade noch erträglich ist für Carola und Robin. Große Probleme treten im Haus auf, weil wir im Beisein der beiden weder den TV-Apparat noch den Computer einschalten können und alle anderen elektrischen Geräte ebenfalls wegen ihre elektromagnetischen Felder bei Carola und Robin Schmerzen verursachen (sogar wegen der Fernwärmerohre unter dem Haus, die vagabundierende Ströme leiten und dadurch Felder verursachen). Das beste Heilmittel besteht darin, alles was mit Elektrizität zu tun hat abzuschalten. Wir haben inzwischen von Fällen gehört, wo Elektrosensible nicht mehr mit dem Auto fahren können oder Autos auf Entfernungen von bis zu 10 Meter spüren. Bei uns ist es so: Abends versammeln wir uns bei Kerzenlicht in der Küche und vermeiden es z. B. in der Nähe des Kühlschranks zu sitzen.
Mit Romantik hat das leider nichts zu tun. Und: Wir sind immer noch auf der Suche nach einem geeignetem Haus im Wald. Tiere werden geschützt und Lebensmittel werden überwacht, über Fälle von Elektrosensibilität aber wird sorgsam Stillschweigen gewahrt.
Im Moment ist es mir selber noch möglich am PC zu arbeiten, aber ich beschränke dies auf möglichst kurze Zeit. Denn während ich am PC sitze, müssen Carola und Robin aus dem Haus. Sie gehen dann z. B. spazieren oder halten sich im Garten auf. Bei Temperaturen bis zu –15 °C ist das aber auch nicht immer die reinste Freude.
Es ist sicherlich schwierig als "Normalbürger" unsere vertrackte Situation zu verstehen. Aber wenn jemand elektrosensibel wird, stellt das die kompletten Lebenumstände auf den Kopf. Da sind dann meiner Erfahrung nach auch keine Tests auf Elektrosensibilität mehr nötig. Carola weiß selbst am besten wie schlecht es ihr geht und Tests können ihr auch nicht helfen. Wäre wir uns da nicht ganz sicher, hätten wir nie und nimmer solch einen beschwerlichen Weg eingeschlagen.
Mai 2004 Kein Arbeitslosengeld für Carola
Hallo, es gibt uns noch, aber ehrlich gesagt ich weiss nicht genau wie ich die Umstände schildern soll, denn ich will ja nicht dauernd nur klagen. Am Besten fange ich mit dem Positivsten an, mit Robin, der inzwischen elf geworden ist. Er kann zur Schule gehen und bekommt dort – wie andere Kinder, die Allergiker sind – in der Schulküche eine speziell auf ihn ausgerichtete Diät. Robin hat sich gesundheitlich so stabilisiert, dass er wieder an Körpergewicht zunimmt. Allerdings nur, wenn er sich an seine Essensdiät hält und elektromagnetischen Feldern so weit wie möglich aus dem Wege geht. Unseren beiden anderen Söhnen und mir (Klaus) geht es soweit gut. Ebenfalls positiv: Ich habe eine Arbeitsstelle gefunden.
Zur Wohnsituation gibt es eher schlechtes zu berichten. Die Suche nach einem Haus gestaltet sich sehr schwierig, weil alles am Finanziellen scheitert. Denn ein Immobilienkauf ist auch hier normalerweise mit einem Kredit verbunden. Weil aber Carola aufgrund ihrer Elektrosensibilität so gut wie keine Arbeit bekommt (oder nicht in der Lage wäre, diese auszuüben) geben uns die Banken nicht einmal einen kleinen Kredit. Das Arbeitsamt stellt sich ebenfalls quer und anerkennt die gesundheitliche Behinderung nicht, weshalb Carola keine finanzielle Unterstützung bekommt. Kein Wunder also, dass wir noch immer am selben Ort bei den Schwiegereltern im Hause wohnen.
Bedrohlich: Keine 200 m weit von uns weg wird bald ein großes Einkaufszentrum eröffnet und es ist sehr wahrscheinlich, dass die Mobilfunkbetreiber hier präsent sein wollen. In der näheren Umgebung sind nämlich noch kein Sender vorhanden. Ein Sendemast in unserer Nähe wäre aber ganz besonders für Carola eine Katastrophe. Ihr Gesundheitszustand würde es nicht zulassen, dass sie hier bliebe. Dann käme nur noch ein Zufluchtsort in Frage: Und das wäre wieder unser kleiner Wohnwagen im Wald. Dieses Dilemma haben unserer Ansicht nach die Mobilfunkbetreiber zu verantworten, sie haben uns in ein gesundheitliches und finanzielles Desaster gebracht. Sehr erschreckend ist, dass uns von offizieller Seite keine Hilfe angeboten wird.
Eine Sache fällt mir noch ein: Hier in Schweden wird zur Zeit im Parlament ein fataler Gesetzesentwurf diskutiert: Ist es im allgemeinen Interesse und nach Auffassung der Mobilfunkbetreiber notwendig, an einem bestimmten Ort einen Sender zu installieren, so soll es demnächst gesetzlich möglich sein, einen Grundstückseigentümer zur Freigabe seines Areals zu zwingen!
Juni 2004 Der befürchtete Mobilfunkmast ist beantragt!
Wieder sind die Tage ohne Fortschritte verflogen. Im Gegenteil: Die Lage für unsere Familie wird immer bedrohlicher. Schon seit Wochen liegt der Stadt das Baugesuch für den von uns befürchteten neuen Mobilfunkmast vor, der nur etwa 250 m bis 350 m von unserer jetzigen Wohnung entfernt liegen soll. Bekannt wurde uns dies erst vor kurzem. Wir haben daraufhin sofort die Nachbarn informierten und damit begonnen, Unterschriften zu sammeln. Doch all die Anstrengungen erscheinen wertlos, denn gemäß Presseberichten ist am 17. Juni im schwedischen Parlament tatsächlich entschieden worden, dass Mobilfunksendemasten die gleichen Berechtigungen bekommen wie andere wichtige Infrastrukturen. Das bedeutet, dass die Mobilfunkbetreiber ihre Netze nun ungestört nach ihren Wünschen – billig, schnell und ohne Rücksicht auf die Gesundheit von Anwohnern – aufbauen können. Elektrosensible bleiben auf der Strecke, werden ihrer Grundrechte enthoben und einfach überfahren (überstrahlt). Ihnen bleibt nur noch die Flucht. Keine schönen Aussichten. Aber wir werden es schon noch schaffen, dieser Gesellschaft zu entkommen, die vor Ignoranz und Dummheit nur so glänzt. Wir wollen versuchen ein besseres, natürlicheres Leben zu gestalten. Klingt hart, nicht wahr? Leider aber ist es für uns bittere Realität.
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