Induktive Ladestationen
für Geräte der Konsumelektronik

Von Jürg Fröhlich1, Marco Zahner1,2 und Gregor Dürrenberger2,3

Das drahtlose Laden der Akkus von Smartphones ist technisch gelöst, die Technik befindet sich in der Phase der breiten Markteinführung. Doch die unscheinbaren induktiven Ladestationen können in ihrem unmittelbaren Wirkungsbereich starke magnetische Wechselfelder deutlich oberhalb zulässiger Grenzwerte erzeugen. Dennoch müssen Anwender der Technik keine gesundheitlich nachteiligen Folgen fürchten (22.02.2018).

Drahtloses Laden (auch WPT: Wireless Power Transfer) ist nur mit zeitlich variablen Feldern möglich. Das Verfahren basiert auf magnetischer Induktion: Die primäre Spule («Sender») erzeugt ein magnetisches Wechselfeld, das in der sekundären Spule («Empfänger») eine Wechselspannung bewirkt, die einen Strom antreibt, der nach Umwandlung in einen Gleichstrom zum Aufladen eines Akku genutzt werden kann.

Anders als beim Transformator, der nach demselben Prinzip funktioniert, sind bei WPT die primäre und die sekundäre Spule räumlich durch die Übertragungsstrecke getrennt. Mit zunehmendem Abstand der zwei Spulen sinkt der Wirkungsgrad der Energieübertragung (eine gewisse Abhilfe schafft die sogenannte resonante Kopplung, die denselben Wirkungsgrad bei etwas grösserem Abstand der Spulen erreichen kann und auch hinsichtlich der Lage der zwei Spulen etwas positionstoleranter ist).

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Energieübertragung mittels Induktionsspulen.
Bildquellen: Wikipedia, FSM, WPC

 

Konstellation zur Simulation induzierter elektrischer Felder in Muskelgewebe.

Anwendungen und Standards

Basisgrenzwerte vs. abgeleitete Grenzwerte

IZgMF: Der Forschungsbericht "Energieeffizienz und EMF-Immissionen von integrierten Induktions-ladestationen" beschreibt, dass von einer Ladestation im Leerlauf magnetische Flussdichten weit oberhalb der abgeleiteten Grenzwerte erzeugt werden können, obwohl die Basisgrenzwerte bei weitem (Faktor 500 bis 1000) unterschritten werden.

Wie kommt es zu diesen irritierend großen Abweichungen, je nachdem welcher Grenzwert herangezogen wird?

Gregor Dürrenberger: Zu der grossen Differenz zwischen Basisgrenzwert und Referenzwert, bezogen auf die SAR, ist zu sagen: Die Referenzwerte sind auf homogene Fernfeldbedingungen hochgerechnet. Bei Close-to-Body-Anwendungen ist die Feldverteilung sehr inhomogen, weshalb die Referenzwerte diese Situationen nicht abbilden. Die Simulation zeigt und bestätigt wie wenig wert sie im konkreten Fall sind.

Hinsichtlich der induzierten elektrischen Felder sind die Differenzen weniger gross. Sie liegen im Rahmen dessen was man erwarten würde. Im Paper haben wir etwas andere Zahlen als im Schlussbericht, weil wir Worst-case-Geometrien und -Leistungen verwendeten. Das hat die induzierten Feldstärken angehoben. Der Safetyfaktor liegt um Drei bis Fünf. Rein rechnerisch kann die Belastung bis 80 Prozent an den Basisgrenzwert herankommen. Das zeigt, der Qi-Standard wurde auf die ICNIRP-Richtlinien ausgerichtet. In Zukunft soll/wird Qi im Stand-by-Modus bei nicht aufgelegtem Telefon nicht mehr senden. Dann werden auch die maximal möglichen Belastungen verschwinden.

Es wird erwartet, dass sich WPT im Konsumgüterbereich in den kommenden Jahren stark verbreiten wird, insbesondere weil immer mehr Hersteller die kabellose Auflademöglichkeit in die Geräte integrieren. Die treibende Kraft im Markt sind gegenwärtig die Mobiltelefone. Die Ladestationen werden mit bis ca. 5 W betrieben. Für das Laden von grösseren Geräten wie Laptops ist mit bis zu zehn mal höheren Leistungen zu rechnen. Für Elektromobile sind Leistungen im kW-Bereich nötig (siehe Literaturverweis). Das vorliegende Dossier widmet sich Ladestationen für Mobiltelefone. Der Markt wird dominiert vom Qi-Standard. Er operiert im Bereich 110 kHz bis 205 kHz. Noch nicht etabliert hat sich das resonante Laden, aber entsprechende technische Spezifikationen sind entwickelt.

Energieeffizienz

Wie bei allen am Netz aufladbaren Geräten ist auch bei kabellosen Ladestationen der Verbrauch des Netzadapters zentral. Dimensionierung (technische Kenndaten) und Kostenüberlegungen (Qualität der verbauten Teile) bestimmen den Verbrauch. Bei den von uns getesteten WPT-Stationen lagen die Leistungen der Netzadapter zwischen 8 mW und 220 mW. Für die Stand-by-Leistungsaufnahme spielt neben dem Adapter auch die Sendeelektronik eine wichtige Rolle. Auch hier gibt es zwischen den Fabrikaten grosse Differenzen. Die Leistungsaufnahme lag zwischen 50 mW und 230 mW.

Bei WPT wird die Stand-by-Leistungsaufnahme aber nicht nur durch die Ladestation allein bestimmt, sondern auch durch die Konfiguration mit dem Endgerät. Auch wenn dieses «nur» auf der Konsole liegt, bewirkt das einen zusätzlichen Energiebedarf, der durch die Kommunikation zwischen Sender und Empfänger und in gewissen Fällen durch anhaltende Bestromung der Sendespule zustande kommt. Die Messwerte variieren zwischen zusätzlich knapp 800 mW und 1700 mW.

Als Faustregel kann man somit folgende Grössenordnungen der Stand-by-Leistungsaufnahme nennen: kabelgebundenes Laden (eingestecktes Netzteil ohne Endgerät oder mit voll aufgeladenem Endgerät angeschlossen) um 100 mW bis 200 mW. Drahtloses Laden ohne aufgelegtes Endgerät: 200 mW bis 400 mW, mit aufgelegtem Endgerät: 1000 mW bis 2000 mW. WPT-Ladestationen können also bis 10-mal mehr Stand-by-Energie abrufen als AC/DC-Netzteile allein.

Während des aktiven Ladebetriebs (Ladestrom > ca. 400 mA) liegt die Energieeffizienz von der Steckdose bis zum Lademodul des Endgerätes bei den von uns getesteten Systemen im Bereich von 50 % bis 60 %, bei traditionellem Laden bei ca. 75 %. Gegenüber dem kabelgebundenen Aufladen erzeugen WPT-Systeme während des Ladens doppelt so hohe Verluste.

Streustrahlung

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Qi-Ladestationen sind auch im Leerlauf aktiv. Sie senden sehr kurz Impulse aus, sogenannte Pings, um zu erkennen, ob ein Gerät aufgelegt wird und der Ladevorgang gestartet werden soll (Impulsrate je nach Fabrikat alle paar Sekunden bis mehrmals pro Sekunde). Die dabei erreichten Feldstärken an der Oberfläche des Ladegeräts können mehrere 100 μT betragen. Bei aufgelegtem Endgerät schirmen die Ferritfolie der Empfangsspule und die Geräteelektronik die Felder wirkungsvoll ab. Die Emissionen sind nicht stark von der Last am Empfänger abhängig, weil die Regelung des Ladestroms unter anderem durch kontrolliertes Verstimmen der Sendefrequenz erreicht wird. Dadurch nimmt die übertragene Leistung ab, der Strom in der Sendespule bleibt aber mehr oder weniger konstant.

Die Streufelder während des Ladens betragen direkt auf der Oberfläche des Endgeräts einige wenige Mikrotesla. Grundsätzlich gilt, dass die Magnetfelder mit zunehmender Distanz vom Spulenzentrum sehr schnell abnehmen. In 10 cm Distanz betragen sie weniger als 1 μT. Zur gesundheitlichen Beurteilung dieser Magnetfelder müssen die im Gewebe induzierten Wirkungen betrachtet werden. Unsere Simulationen zeigten, dass betreffend Energieabsorption (SAR) die Werte einen Faktor 1000 unter dem empfohlenen Grenzwert liegen, betreffend im Gewebe induzierter elektrischer Feldstärke werden die entsprechenden Basisgrenzwerte ebenfalls eingehalten, aber mit deutlich weniger Reserve. Aus regulatorischer Sicht sind die Ladestationen unbedenklich.

Streustrahlung

Qi-Ladestationen sind auch im Leerlauf aktiv. Sie senden sehr kurz Impulse aus, sog. Pings, um zu erkennen, ob ein Gerät aufgelegt wird und der Ladevorgang gestartet werden soll (Impulsrate je nach Fabrikat alle paar Sekunden bis mehrmals pro Sekunde). Die dabei erreichten Feldstärken an der Oberfläche des Ladegeräts können mehrere 100 μT betragen.

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Bei aufgelegtem Endgerät schirmen die Ferritfolie der Empfangsspule und die Geräteelektronik die Felder wirkungsvoll ab. Die Emissionen sind nicht stark von der Last am Empfänger abhängig, weil die Regelung des Ladestroms unter anderem durch kontrolliertes Verstimmen der Sendefrequenz erreicht wird. Dadurch nimmt die übertragene Leistung ab, der Strom in der Sendespule bleibt aber mehr oder weniger konstant.

Die Streufelder während des Ladens betragen direkt auf der Oberfläche des Endgeräts einige wenige Mikrotesla. Grundsätzlich gilt, dass die Magnetfelder mit zunehmender Distanz vom Spulenzentrum sehr schnell abnehmen. In 10 cm Distanz betragen sie weniger als 1 μT.

Zur gesundheitlichen Beurteilung dieser Magnetfelder müssen die im Gewebe induzierten Wirkungen betrachtet werden. Unsere Simulationen zeigten, dass betreffend Energieabsorption (SAR) die Werte einen Faktor 1000 unter dem empfohlenen Grenzwert liegt, betreffend im Gewebe induzierter elektrischer Feldstärke werden die entsprechenden Basisgrenzwerte ebenfalls eingehalten, aber mit deutlich weniger Reserve. Aus regulatorischer Sicht sind die Ladestationen unbedenklich.

Fazit

Das induktive Aufladen benötigt mehr Strom als das kabelgebundene Laden. Der Gesamtverbrauch beträgt über alles gesehen etwa das Doppelte. Wenn ein Endgerät über Nacht auf dem Sendemodul liegen bleibt, dann ist der Verbrauch sogar dreimal höher. Bei angenommener 100%iger Durchdringung der Technologie im Haushaltsbereich würde der Mehrverbrauch an Strom in der Schweiz gegenüber konventionellem Laden etwa 30 GWh pro Jahr betragen, das sind ein bzw. einige wenige Promille des Stromverbrauchs der Haushalte.

Die magnetischen Streufelder während des Ladebetriebs liegen bei 10 µT bis 25 μT, im Stand-by-Betrieb können sie zehnmal höher sein. Die im Gewebe induzierten elektrischen Feldstärken liegen unterhalb der Grenzwerte. Die Reserven sind allerdings nicht beliebig gross, sodass bei zukünftigen Geräten mit höheren Leistungen die Einhaltung der Grenzwerte geprüft werden muss.

Literatur

Fröhlich J., Zahner M. und Dürrenberger G. (2018): Magnetic Field Exposure to Wireless Charging Stations for Mobile Phones, Letter to the Editor, Bioelectromagnetics Band 39, Ausgabe 1, Januar 2018, DOI: 10.1002/bem.22087

Zahner M. et al. (2017): Energieeffizienz und EMF-Immissionen von integrierten Induktionsladestationen. BFE, Bern.

Dürrenberger G., Fröhlich J. und Leuchtmann P. (2014): Wireless Power-Transfer für Elektrofahrzeuge: eine Literaturstudie. BAFU, Bern.

Spier A.: Qi hat das Rennen ums drahtlose Laden gewonnen, heise online vom 9. Januar 2018

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1 Fields at Work, Zürich, Schweiz
2 Institute for Electromagnetic Fields, ETH, Zürich, Schweiz
3 Forschungsstiftung Strom und Mobilkommunikation (FSM), Zürich, Schweiz

In einer früheren Version des Beitrags war die Reihenfolge der Textabschnitte durcheinander geraten und ein Abschnitt war doppelt. Wir haben diese Fehler am 22.03.2018 beseitigt.

Der Beitrag erschien unter dem Titel “Dossier: Drahtlose Ladestationen” zuerst im Jahresbericht 2016 der Forschungsstiftung Strom und Mobilkommunikation, Zürich.

 

 

 

 

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