Warum Michael Repacholi
bei der WHO seinen Hut nehmen soll

Dr. Michael Repacholi ist für die Haltung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Fragen der gesundheitlichen Wirkung elektromagnetischer Felder (EMF) verantwortlich. Schon seit längerem wird dem Australier und ehemaligen ICNIRP-Vorsitzenden von Mobilfunkkritikern in aller Welt vorgeworfen, dass er zu industriefreundlich sei und die WHO dem Vorsorgegedanken zum Schutz gegen EMF nicht genug Aufmerksamkeit schenke. Mitte 2005 gibt Repacholi erneut Anlass zur Kritik: Zunächst brüskiert er Elektrosensible, dann spricht er eine Vorsorgeempfehlung für Kinder öffentlich aus, nur um sie kurz darauf völlig überraschend mit einer Gegendarstellung zu konterkarieren. Die Quittung für diese fragwürdige Vorgehensweise kommt prompt: Seit 5. August 2005 fordert eine Petition im Internet die Abberufung Repacholi’s von seinen Ämtern bei der WHO. Dieser Beitrag zeigt einige der jüngeren Hintergründe auf, verweist auf etliche ältere, und will auf diese Weise dafür werben, die Petition zu unterstützen.

Dr. Michael Repacholi   Foto: WHO, GenfDr. Jong Wook Lee, Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO) soll Dr. Michael Repacholi von seinem Posten als Leiter des Internationalen EMF-Projekts (Untersuchungen zur Wirkung elektromagnetischer Felder auf die Gesundheit) der WHO entheben. Repacholi habe dem Ansehen der WHO schweren Schaden zugefügt. Die Entmachtung Repacholi’s ist das Ziel einer Petition (Remove Dr. Mike Repacholi as General Coordinator "International Electromagnetic Fields Project”), die seit 5. August 2005 online ist und an der weltweit jedermann teilnehmen kann. Der Text der Petition ist in englisch verfasst, eine deutsche Textfassung gibt es bei gigaherz.ch.

Der Text der Petition begründet die Forderung nach der Abberufung Repacholi’s nur sehr kurz. Zu kurz für diejenigen, die zur Unterstützung der Petition nach Hintergrundinformationen verlangen. Dieses Defizit soll hier abgebaut werden.

Repacholi der Unentschlossene

Hier ging’s zur Petition

Mike go Home

Wir haben den Link zur Petition am 24. September 2005 entfernt. Gründe: Am 14. September wurden die bis dahin gesammelten 542 Unterschriften von den Initiatoren (BI Omega und Bürgerwelle) an die WHO übergeben. Dazu gab es weder eine Vorwarnung, noch wurde danach die Petition vom Netz genommen. Jedoch ist eine portionsweise übergebene Petition aus Sicht des IZgMF schlecht, besonders bei schleppender Teilnahme. Ein schwerer Vertrauensbruch ist, dass die Initiatoren die Namen derjenigen im Internet veröffentlicht haben, die nach außen hin anonym an der Petition teilnehmen wollten.

Der jüngste Vorwurf gegen Repacholi besagt, dass er sich in der wichtigen Frage von Vorsorgemaßnahmen für Kinder gegenüber elektromagnetischen Feldern (EMF) wie ein Chamäleon verhalte und er in der Öffentlichkeit zwar einen kritischen Standpunkt vertrete, diesen dann aber im nachhinein für Null und Nichtig erkläre.

Konkreter Anlass des Vorwurfs war eine am 9. Juli 2005 anlaufende Artikelserie in der kanadischen Zeitung Toronto Star und ein Bericht des kanadischen Fernsehprogramms CTV am 11. Juli 2005. Überraschenderweise befürwortet Repacholi in diesen beiden Medien EMF-Vorsorgemaßnahmen für Kinder. Im Fernsehinterview etwa sprach er die Empfehlung aus, Kinder sollten Freisprecheinrichtungen benutzen (Originaltext: “With respect to children, WHO recommends that children should use hands-free headsets.”). Mit Freisprecheinrichtungen für Handys lässt sich die Funkfeldbelastung des Kopfes (Gehirn) deutlich verringern. Dass im Juli ausgerechnet die Medien in Kanada das Thema EMF-Vorsorge aufgriffen hatte seinen Grund in einem 3-tägigen WHO-Workshop (Leitlinien zur Gesundheitspolitik bezüglich Risikotechnologien), der unter Mitwirkung von Repacholi ab 11. Juli 2005 in der kanadischen Stadt Ottawa stattfand.

Überraschend waren die Vorsorgeempfehlungen Repacholi’s deshalb, weil die WHO bis dato keinerlei derartige Vorsorgemaßnahmen bekundete. Was freilich nicht heissen soll, dass sich die WHO um das Thema Kinder & EMF nicht gekümmert hat. Erst am 9. Juni 2004 veranstaltete sie dazu in Istanbul einen 2-tägigen Workshop “Sensitivity of Children to EMF Exposure” mit 24 Vorträgen (englisch). Auch der Italiener Dr. Paolo Vecchia, amtierender Vorsitzender der ICNIRP, hielt dort einen Vortrag mit der bemerkenswerten Feststellungen: “Es gibt weder eine Notwendigkeit noch eine Rechtfertigung für besondere Maßnahmen zum Schutz von Kindern” (Originaltext: “There is no need, or justification, for a special approach to the protection of children.”). Kurz darauf, bei einem Treffen des Beirats für das

Irrtum ausgeschlossen

Zur Entlastung des WHO-Mannes ließe sich einwenden, dass er von den beiden kanadischen Medien völlig falsch verstanden und unzutreffend zitiert wurde. Dagegen spricht jedoch eine Meldung auf der Website microwavenews vom 3. August 2005. Tyler Hamilton, einer der Autoren der Artikelserie im Toronto Star, bekräftigt dort nachdrücklich, dass Repacholi bei drei Gelegenheiten ihm gegenüber von EMF-Vorsorgemaßnahmen für Kinder sprach: In einem Telefoninterview, in einer E-Mail und auf der WHO-Konferenz in Ottawa. Hamilton zitiert die E-Mail von Repacholi mit den Worten: “Die WHO hat schon mehrfach darauf hingewiesen, dass die Exposition von Kindern reduziert werden sollte. Der beste Weg dazu ist ihnen nahe zu legen, Freisprecheinrichtungen zu benutzen” (Originaltext: “WHO has already said on a number of occasions that children’s exposure should be reduced. However the best way to achieve this is to ask them to use hands-free-kits.”).

Internationale EMF-Projekt am 13. und 14 Juni 2004 in Genf fasste Repacholi das Ergebnis des Istanbuler Workshops denn auch so zusammen (IAC, PDF, englisch, 69 KByte): “Der Workshop erbrachte das Ergebnis, dass Kinder offenbar nicht empfindlicher (auf EMF) reagieren, allerdings ist die Beweislage für eine abschließende Bestätigung dieser Feststellung noch unzureichend” (Originaltext: “The Workshop concluded that children do not appear to be more sensitive, but there is insufficient evidence available to make firm conclusions.”).

Warum Mike Repacholi in Kanada in aller Öffentlichkeit einen gegenteiligen Standpunkt einnahm und plötzlich für Vorsorgemaßnahmen plädierte ist unklar. Der ungewöhnliche Wandel blieb jedoch nicht unbemerkt und führte zu einem lebhaften Medienecho, dem die WHO Ende Juli 2005 unversehens mit einer Gegendarstellung entgegen trat. Darin zieht sich Repacholi auf ein WHO-Informationsblatt aus dem Jahre 2000 zurück (facts Sheet 193, deutsche Fassung) in dem es heißt: “Nach den gegenwärtig vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen besteht keine Notwendigkeit für bestimmte Vorsichtsmaßnahmen bei der Nutzung von Mobiltelefonen. Jeder Einzelne kann selbst bestimmen, ob er seine Hochfrequenzexposition oder die seiner Kinder begrenzen möchte, indem er die Länge der Anrufe einschränkt oder indem er ‘Freisprecheinrichtungen’ nutzt, um die Mobiltelefone von Kopf und Körper fern zu halten.” Weiter heißt es in der Gegendarstellung, die WHO werde ihre Position nicht aufgrund von Medienberichten ändern. Dass diese Medienberichte nun geradlinig auf Äußerungen von Repacholi zurückgehen wird freilich ebensowenig erwähnt wie es auch keinerlei Erklärung für den plötzlichen Sinneswandel Repacholi’s gibt.

Repacholi der Vergessliche

Keine Entlastung für Repacholi und seinen Verzicht auf Vorsorge bei Kindern ist der interne Entwurf eines WHO-Vorsorgepapiers (PDF, 262 KByte) vom Januar 2005. Freisprecheinrichtungen für Kinder werden in diesem Dokument zumindest als Vorsorgeempfehlung in Aussicht gestellt. Auf Seite 31 heißt es dort im Abschnitt Optionale Zusatzempfehlungen: Freisprecheinrichtungen sollten weiterentwickelt werden und leichter beschaffbar sein. Besonders Kinder sollten zu ihrem Gebrauch angehalten werden” (Originaltext: “Improve the design of hand-free kits, as well as greater provision and encouragement of their use, especially by children.”).

Repacholi der Unsensible

Repacholi’s Kehrtwenden in der Frage der EMF-Vorsorge für Kinder sind längst nicht der einzige Grund für die Petition, seine Amtsenthebung zu fordern. Vielmehr ist es der seit langem gehegte Verdacht, dass Repacholi als überzeugter Verfechter der ICNIRP-Grenzwerte nicht mehr unvoreingenommen ist und er der Industrie nahe steht. Zu spüren bekommen diese Haltung in Kürze die Elektrosensiblen, die von Repacholi nichts zu erwarten haben. Auf dem am 15. und 16. Juni 2005 in Genf abgehaltenen WHO-Workshop “Base Stations and Wireless Networks: Exposures and Health Consequences“, sagte einem Bericht des Schweizer Forum Mobil zufolge der Leiter des EMF-Projekts: “Symptome der Elektrosensibilität stehen nicht in Zusammenhang mit EMF. Über 31 Studien belegen dies. Die Weltgesundheitsorganisation WHO wird hierzu im Laufe der nächsten beiden Monate ein Infoblatt zur Erläuterung herausgeben. Einige Regierungen haben die Mutmassungen über die negativen Auswirkungen von EMF noch forciert. Dies ist nicht nur bei EMF, sondern auch bei anderen neuen Technologien der Fall (Bildschirme usw.). Fakt ist jedoch, dass die Felder um Basisstationen herum zu schwach sind, um die Moleküle zu beeinflussen. Es ist die Angst, EMF könnten schädlich sein, die die Symptome verursacht. Das EMF-Team der WHO stützt seine Aussagen auf wissenschaftliche Erkenntnisse und wird keinen Irrglauben verbreiten.“ Die Meldung auf Forum Mobil stammt allerdings nicht direkt von Repacholi. Vielmehr ist sie dem Protokoll eines Workshop-Teilnehmers entnommen, dessen Aufzeichnung im englischen Original auch in einem Konferenzbericht (PDF, 65 KByte) von NIRMED nachzulesen ist und daher mit hoher Wahrscheinlichkeit zutrifft.

Kritischer Punkt in der Stellungnahme ist die Behauptung Repacholi’s es sei die Angst vor EMF, die die Symptome verursache. Diese Einschätzung ist irritierend, da es vielfältige Hinweise auf eine Existenz der Elektrosensibilität gibt, wenngleich es für die beobachteten Effekte noch an einem belastbaren Wirkungsmodell fehlt. Gegenwärtig z. B. untersucht Prof. Norbert Leitgeb in Deutschland und Österreich die Auswirkungen von EMF auf die Schlafqualität von Personen, die sich für elektrosensibel halten. Die Abkanzelung durch Repacholi muss allen Wissenschaftlern, die sich um die Erforschung der Elektrosensibilität bemühen, wie ein Schlag ins Gesicht vorkommen. Eine Stellungnahme wie die von Repacholi passt zu einem Vertreter der Mobilfunkindustrie, nicht aber zu einem maßgeblichen Vertreter der WHO (21.8.05-H. Breunig/-ll).

Weiterführende Links

Diskussion um Michael Repacholi im IZgMF-Forum

Kritik an Michael Repacholi auf gigherz.ch

Das "ICNIRP-Spiel" und Mike Repacholi, durchschaut von Dr. Neil Cherry (gigaherz.ch)

Rücktrittsforderung gegenüber Michael Repacholi aus dem Jahr 2000 (gigaherz.ch)

Time to Stop the WHO-Charade (microwavenews-Meldung vom 5. Juli 2005)

Entgegnung von Michael Repacholi zur microwavenews-Meldung vom 5. Juli 2005

Money Talks and the WHO Follows (microwavenews-Meldung vom 8. August 2005)

Repacholi-Artikel (Co-Autor) August 2005: The Sensitivity of Children to Electromagnetic Fields (PDF, 165 KByte)

Publikationsliste (PubMed) von Dr. Repacholi

Repacholi-Studie von 1997: EMF fördern Blutkrebs bei transgenen Mäusen

 

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