Die Errichtung eines 10 m hohen Antennenmastes für eine UMTS-Basisstation ist im öffentlichen Interesse und kann daher auch in einem reinen Wohngebiet gemäß § 3 Baunutzungsverordnung (BauNVO) zulässig sein. So entschied das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht Lüneburg mit Beschluss vom 6. Dezember 2004 (1 ME 256-04). Da das Gericht in seiner Begründung die komplexe Thematik sehr ausführlich beleuchtet und der Text stellenweise auch juristischen Laien Erkenntnisgewinne beschert, haben wir uns zur Übernahme der Urteilsbegründung von der Website des OVG Lüneburg entschlossen. Freiwillig dürfte sich dennoch kaum jemand die komplette Lesung zumuten. Wer jedoch ein reines Wohngebiet mit einem Sendemasten teilen muss und deshalb mit dem Gedanken spielt zu klagen, für den ist das Studium der Urteilsbegründung sicherlich eine nette Fingerübung (16.02.05-ll).
In dem Verfahren ging es um die Klage eines Anwohners im Sinne von § 3 BauNVO gegen eine auf einem ehemaligen Luftschutzbunker errichtete UMTS-Anlage. Zur Klagebegründung hieß es, die Errichtung der UMTS-Antenne sei mit dem Gebietscharakter eines reinen Wohngebietes nicht zu vereinbaren, das Ortsbild werde beeinträchtigt und die Gesundheit gefährdet. Der Kläger konnte sich damit nicht durchsetzen.
Wie es von Seiten der IHK Hannover heißt, ist das Urteil und dessen Begründung u. a. deshalb von besonderem Interesse, weil es das öffentliche Interesse am Aufbau des UMTS-Netzes über das Interesse am Schutz der Erhaltung des besonderen Gebietscharakters eines reinen Wohngebietes gem. § 4 BauNVO stellt (das Gericht nennt dazu die besonderen Voraussetzungen für die ausnahmeweise Zulässigkeit der Anlage im reinen Wohngebiet).
Leitsatz/Leitsätze
1. Das Rechtsschutzbedürfnis für einen Nachbar-Eilantrag gegen eine UMTS-Basisstation besteht trotz deren (weitgehender) Fertigstellung fort, weil diese unter Umständen ohne wesentlichen Substanzverlust einstweilen wieder abgebaut werden kann. Das Rechtsschutzbedürfnis besteht erst recht, wenn er sich auch gegen deren Nutzung wendet.
2. Eine UMTS-Basisstation mit einem knapp 10 m hohen Antennenmast und Technikschränken ist nach derzeitigem niedersächsischen Baurecht nicht von der Genehmigungspflicht freigestellt.
3. Wird eine solche Station auf das Flachdach eines Bunkers gestellt, ist Gegenstand der baurechtlichen Beurteilung nur die hinzutretende Anlage.
4. Zu den gebäudegleichen Auswirkungen, welche von einer solchen Station ausgehen können.
5. Für eine solche Anlage kann die Bauaufsichtsbehörde gem. § 13 Abs. 1 Nr. 6 NBauO eine Ausnahme von der Einhaltung der Grenzabstandsvorschriften erteilen.
6. Nach dem derzeitigen Stand der Dinge gehen von einer solchen Anlage bei Einhaltung der 26. BImSchV keine nachteiligen athermischen Wirkungen aus.
7. UMTS-Basisstationen sind städtebaurechtlich relevante Vorhaben.
8. Sie können in einem reinen Wohngebiet nach § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO 1990 ausnahmsweise zugelassen werden. Für sie kann grundsätzlich auch gem. § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB eine Befreiung erteilt werden.
9. Zum Ortsbild im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB.
Aus dem Entscheidungstext
Der Antragsteller wendet sich gegen die (zwischenzeitlich weitgehend vollzogene) Errichtung und den Betrieb einer Basisstation für das UMTS-Netz auf dem Flachdach eines südöstlich benachbarten Bunkers.
Der Antragsteller ist Eigentümer eines langgestreckten Grundstücks, welches ebenso wie fast alle dieser Gegend mit einem eineinhalbgeschossigen Wohnhaus mit Satteldach straßenseitig bebaut ist. Mit rd. 14 m grenzt sein Grundstück im Südosten an das Baugrundstück an. Dort steht ein Bunker mit einer Grundfläche von rd. 17 x 17 m und einer Höhe von etwa 9,85 m. In dessen Erdgeschoss üben Musikgruppen; seine beiden Obergeschosse werden seit dem Jahre 1991 als Verwaltungs- und Röntgenarchiv eines Krankenhauses genutzt. Rd. 55 m westlich des Antragsteller-Grundstücks beginnt das Gelände der Grundschule C. mit eingeschlossenem Spielplatz. Die Gegend ist unverplant.
Unter dem 7. Mai 2004 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen die Genehmigung zur Umnutzung des Bunkerdaches und Errichtung eines etwa 9,6 m hohen Antennenträgers nebst drei bis zu 2,50 m hohen Technikschränken. An dem Mast sollen in vier unterschiedlich hohen Ebenen Antennen angebracht werden. Entsprechend dem unter dem 1. August 2003 gestellten „Befreiungsantrag“ erteilte die Antragsgegnerin in der Baugenehmigung eine „Ausnahme gemäß § 34 (2) BauGB“, und führte dazu aus: Das Grundstück liege in einem faktischen reinen Wohngebiet. Die Änderung der Dachnutzung berühre Grundzüge der Planung kaum, werde die städtebauliche Entwicklung nicht, das Ortsbild kaum beeinträchtigen. Nachbarliche Belange würden durch die Anlage nicht berührt, die Anforderungen an gesunde Arbeits- und Lebensbedingungen bei einem Betrieb gewahrt, der in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Bestimmungen stehe. Eine lückenlose Abdeckung mit Mobilfunk diene den Interessen der Allgemeinheit; ein Alternativstandort außerhalb des Gebietes stehe nicht zur Verfügung.
Zur Begründung seines hiergegen eingelegten Widerspruches und des nach Ablehnung des Aussetzungsantrages gestellten Eilantrages hat der Antragsteller im Wesentlichen geltend gemacht, das Vorhaben verstoße gegen Grenzabstandsvorschriften, es sei mit dem Gebietscharakter nicht zu vereinbaren, beeinträchtige das Ortsbild und gefährde seine Gesundheit.
Mit der angegriffenen Entscheidung, auf deren Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht dem Eilantrag stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Das Vorhaben verletze zulasten des Antragstellers Grenzabstandsvorschriften. Die Antenne selbst und ihre Begleitanlagen stellten zwar keine Gebäude dar; von der Antenne gingen auch keine gebäudegleichen Wirkungen aus. Gegenstand der Beurteilung sei indessen nicht die genehmigte Anlage allein, sondern der gesamte Bunker. Technikraum und Antennenmast seien nämlich als bauliche Einheit zu betrachten und deswegen nicht genehmigungsfrei. Jedenfalls der 1,70 m x 1,30 m x 0,70 m große und zwischen 700 kg bis 1000 kg schwere Technikschrank mache eine erneute statische Berechnung des gesamten Gebäudes erforderlich. Außerdem gebe vor allem die hoch aufragende Antenne dem Gebäude insgesamt eine neue Gestalt. Das sonach in seiner Gesamtheit in die Betrachtung einzubeziehende Gebäude verbrauche bereits an zwei anderen Grundstücksseiten das Schmalseitenprivileg; zum Grundstück des Antragstellers hin sei dieses daher nicht für weitere Nutzungen aufnahmefähig. Eine Befreiung komme nicht in Betracht. Ausreichende Anhaltspunkte für eine vom Gesetzgeber nicht gewollte Härte seien nicht gegeben. Da der Eilantrag schon aus diesem Grunde Erfolg haben müsse, könne die Kammer unentschieden lassen, ob eine Mobilfunkstation in einem als reines Wohngebiet zu qualifizierenden Umfeld verfahrensrechtlich zulässig sei oder vom Antragsteller aus diesem Grunde abgewehrt werden könne.
Hiergegen richten sich die rechtzeitig erhobenen Beschwerden der Antragsgegnerin und des Beigeladenen. Zu deren Begründung machen diese insbesondere geltend: Das Rechtsschutzbedürfnis für den Eilantrag sei entfallen, nachdem das Vorhaben im Wesentlichen fertiggestellt worden sei. Entgegen der Annahme des Antragstellers und des Verwaltungsgerichts sei die Anlage insgesamt genehmigungsfrei. Da von ihr – wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt habe – auch keine gebäudegleichen Wirkungen ausgingen, fänden die Grenzabstandsvorschriften auf das Vorhaben keine Anwendung. Der Bunker sei in seinem Bestand rechtlich geschützt; seine Substanz dürfe daher hier nicht erneut in die Betrachtung einbezogen werden. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts sei hier jedenfalls die von der Antragsgegnerin zwischenzeitlich ausgesprochene Ausnahme/Befreiung von den Grenzabstandsvorschriften einschlägig. Befreiung und Ausnahme würden hier zumindest vom Wohl der Allgemeinheit gefordert. Denn grundgesetzlich sei im Bereich der Telekommunikation eine angemessene und ausreichende Dienstleistung gewährleistet. Dazu zähle auch der Aufbau eines UMTS-Netzes.
Der Antragsteller tritt der Beschwerde entgegen.
Die zulässige, insbesondere rechtzeitig erhobene und begründete Beschwerde hat Erfolg. Jedenfalls im gegenwärtigen Zeitpunkt, d.h. nach Erteilung des Befreiungsbescheides der Antragsgegnerin vom 18. Oktober 2004 ist es nicht mehr gerechtfertigt, der Beigeladenen die Ausnutzung der ihr erteilten Baugenehmigungen einstweilen vorzuenthalten.
Für den Eilantrag steht dem Antragsteller unverändert das für seine Stellung und Aufrechterhaltung erforderliche Rechtsschutzbedürfnis zu. Es trifft zwar zu, dass nach ständiger Rechtsprechung der Bausenate des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (vgl. z.B. Beschlüsse v. 7.10.1977 – I OVG B 92/77 -, Nds.Rpfl. 1978, 97, v. 10.2.1982 – 6 B 82/81 -, BauR 1982, 372; v. 6.5.1982 – 6 B 21/82 -, BRS 39 Nr. 105) das Rechtsschutzbedürfnis für einen Eilantrag entfallen kann, wenn das umstrittene Vorhaben im Wesentlichen fertiggestellt worden ist. Das gilt indes nur dann, wenn die vom Nachbarn geltend gemachten Nachteile nur die Bausubstanz, nicht aber auch deren Nutzung betreffen. Der Antragsteller wendet sich gegen die Anlage nicht allein mit der Begründung, der Grenzabstand sei verletzt. Zur Begründung seines Widerspruches hat er vielmehr auch die Nutzung des Vorhabens betreffende Einwendungen erhoben und u.a. die Gefahr vor schädlichen Strahlen sowie den sog. Gebietserhaltungsanspruch (vgl. dazu schon hier BVerwG, Urt. v. 16.9.1993 - 4C 28.91 -, BverwGE 94, 151 = DVBl. 1994, 284 = BRS 55 Nr. 110) geltend gemacht.
Die vorstehend referierte Rechtsprechung beruht zudem auf dem Gedanken, dass im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes grundsätzlich nicht verlangt werden kann, eine bereits errichtete Bausubstanz „einstweilen“ wieder abzubrechen und dadurch das wirtschaftliche Ergebnis des bisherigen baulichen Tuns irreversibel zu vernichten. Diese Grundsätze greifen dann nicht ein, wenn das Vorhaben zwar schon im Wesentlichen fertiggestellt, jedoch ohne wesentlichen Substanzverlust wieder zurückgebaut werden könnte und dem Antragsteller daher u.U. ein Folgenbeseitigungsanspruch entsprechend § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO zusteht. Gerade dies kommt hier in Betracht (vgl. auch OVG Münster, Beschl. v. 25.2.2003 – 10 B 2417/02 -, ZfBR 2003, 377 = BauR 2003, 1011 = NVwZ-RR 2003, 637). Es ist jedenfalls nicht mit der für den Fortfall des Rechtsschutzbedürfnisses allein ausreichenden Sicherheit auszuschließen, dass der Aufbau der Mobilfunksendeanlage ohne allzu großen technischen Aufwand in einer Weise rückgängig gemacht werden kann, welche die angebrachten Antennen sowie den Mast einschließlich Stützkonstruktion nicht, jedenfalls nicht wesentlich schädigt.
Die Beschwerden haben jedoch aus materiellen Gründen Erfolg.
Wie das Verwaltungsgericht auf Seite 4 des Beschlussabdrucks zutreffend ausgeführt hat, kommt den Erfolgsaussichten des vom Nachbarn eingelegten Rechtsbehelfs bei der Entscheidung, ob dem Bauherrn die Ausnutzung der angegriffenen Baugenehmigung einstweilen versagt werden darf, ausschlaggebende Bedeutung zu. Erst dann, wenn die Gründe die Annahme überwiegen, der Rechtsbehelf werde erfolgreich sein, ist es gerechtfertigt, das zu tun. Diese Prüfung ergibt jedenfalls nunmehr, dass dem Antragsteller Abwehrrechte ausreichenden Umfangs nicht zu Gebote stehen.
Dem Verwaltungsgericht ist darin Recht zu geben, dass die für die Beurteilung des Eilantrags maßgeblichen Normen die §§ 80a, 80 Abs. 5 VwGO und nicht § 123 VwGO darstellen. Das angegriffene Vorhaben ist aus mehreren Gründen nicht genehmigungsfrei.
Nrn. 3.8 und 4.2 des Anhangs zur NBauO (vgl. § 69 Abs. 1 NBauO) nehmen das Vorhaben nicht von der Genehmigungspflicht aus. Schon in seinem Beschluss vom 31. Januar 2002 (- 1 MA 4216/01 – ZfBR 2002, 373 = BauR 2002, 772 = NVwZ-RR 2002, 822) hat der Senat angenommen, die in Nr. 4.2 des Anhangs der NBauO genannten Anlagen seien einer Art, welche entweder der Nutzung des Gebäudes dienend zugeordnet sei, wie namentlich Antennenanlagen, Fahnenmasten sowie Blitzschutzanlagen, oder aber ihre Nutzung im Allgemeininteresse geringfügig erweitere – Sirenen und deren Masten -. Nach neuerlicher Überlegung hält der Senat an dieser Auffassung fest und ergänzt sie wie folgt: Schon systematische Gründe führen zur Annahme, dass die hier streitige Anlage ausschließlich über Nr. 3.8 des Anhangs zur NBauO von der Genehmigungspflicht freigestellt sein könnte. Es liegen keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Annahme vor, der Gesetzgeber habe Mobilfunkanlagen, welche für gewöhnlich aus vergleichsweise hohen Antennenträgern und zu ihrer Funktionsfähigkeit erforderlichen Technikräumen bestehen, durch zwei verschiedene Vorschriften im Anhang zur NBauO von der Genehmigungspflicht freistellen wollen. Wenn daher die Nr. 3.8 des Anhangs zur NBauO bauliche Anlagen aufführt, welche ausschließlich dem Fernmeldewesen ... dienen, dazu als Beispielsfälle namentlich Transformatoren-, Schalt- und Reglerstationen erwähnt und deren Höhe auf insgesamt 4 m begrenzt, so schließt dies die Annahme aus, daneben sollten in künstlicher Abspaltung des Vorhabens die „Antennenanlagen“ gemäß 4.2 von der Genehmigungspflicht freigestellt sein, soweit diese nicht höher als 10 m seien.
Diese Auffassung wird indirekt bestätigt durch den Entwurf der Landesregierung eines Gesetzes zur Änderung der Niedersächsischen Bauordnung vom 10. Juni 2004, LT-Drs. 15/1100. Dessen Art. 1 Nr. 8 a) lautet:
„Nr. 4.2 erhält folgende Fassung:
4.2 Antennen einschließlich der Masten bis 10 m Höhe und zugehöriger Versorgungseinheiten bis 10 m3 Brutto-Rauminhalt (Antennenanlagen) sowie die mit deren Errichtung und Nutzung verbundene Änderung der Nutzung oder der äußeren Gestalt bestehender baulicher Anlagen, in, auf oder an denen diese Antennenanlagen errichtet werden“.
Die Begründung (A.I.) behauptet zwar, durch die Neuregelung solle lediglich eine „Klarstellung“ geschehen. Das gilt jedoch nur hinsichtlich der ggf. erforderlichen Nutzungsänderung. Dieser Gesetzentwurf zeigt vielmehr, dass mit den bislang isoliert erfassten „Antennenanlagen“ nicht auch solche gemeint gewesen sein können, welche wie namentlich Mobilfunk- und UMTS-Anlagen zu ihrer Funktionsfähigkeit weitere ins Gewicht fallende Versorgungseinheiten benötigen.
Die Genehmigungspflicht folgt des weiteren aus §§ 68 Abs. 1, 2 Abs. 5 NBauO. Mit der bereits bewerkstelligten Ingebrauchnahme des Daches erhält das Dach des Bunkergebäudes eine neue Nutzung. Diese ist nicht gemäß § 69 Abs. 4 Nr. 1 NBauO von der Genehmigungspflicht freigestellt. Das ergibt sich aus mehreren Gründen. Zum einen ist zu prüfen, ob das Vorhaben den Anforderungen der 26. BImSchV genügt. Der Umstand, dass dies in aller Regel zu bejahen ist, lässt entgegen der Auffassung von Reimer (NVwZ 2004, 146, 153) nicht den Schluss zu, damit würden im Ergebnis doch keine anderen Anforderungen an die Dachnutzung gestellt, als sie bisher gegolten haben. Das mag den Gesetzgeber u.U. berechtigen, solche Anlagen vom Genehmigungserfordernis freizustellen. Solange dies nicht geschehen ist, bleibt es dabei, dass die neue Nutzung andere Fragen aufwirft, als sie bei der Nutzung des Daches bisher zu beantworten waren.
Es kommt hinzu, dass die Nutzung durch eine UMTS-Antenne eine sonstige gewerbliche Nutzung darstellt. Eine solche ist im Bunkergebäude bislang nicht vorhanden. Die Nutzung als Krankenhausarchiv sowie als Übungsraum für Musikgruppen hält sich in dem durch § 3 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO 1990 (Anlagen für gesundheitliche und für kulturelle Zwecke) gesetzten Ausnahmerahmen. Sonstige gewerbliche Nutzung ist in einem reinen Wohngebiet hingegen nicht einmal ausnahmsweise zulässig. Auch das nötigt zur Annahme, dass es sich um ein genehmigungspflichtiges Vorhaben handelt und dementsprechend Nachbarschutz gemäß §§ 80a, 80 Abs. 5 VwGO zu gewähren ist.
Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts unterliegt nicht das gesamte Bunkergebäude nebst aufgesetzter Basisstation und Antennenmast der baurechtlichen Beurteilung. Diese hat sich vielmehr auf die neu hinzutretenden Sendeanlagen zu beschränken. In seinem Beschluss vom 31. Januar 2002 (- 1 MA 4216/01 -, BauR 2002, 772 = NVwZ-RR 2002, 822) hatte der Senat die Genehmigungsbedürftigkeit zwar auf das gesamte (Scheunen-)Gebäude erstreckt, in welches der Technikraum eingefügt und auf das die Antennenanlage gestellt worden war. Grund hierfür war indes der Umstand, dass das bislang landwirtschaftlich genutzte Gebäude nunmehr – jedenfalls zu wesentlichen Teilen – durch den Einbau der technischen Versorgungseinheit einem anderen Zweck zugeführt worden war und der Einbau des Technikraums eine statische Neuberechnung des Scheunengebäude erforderlich gemacht hatte. Dies ist hier entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts und des Antragstellers ersichtlich anders. Als Bunkergebäude ist es in einem derartigen Umfang armiert, dass sein Dach deutlich höhere Lasten als insgesamt 1 bis 1 ½ t tragen kann, ohne dass ernstlich die Gefahr eines Teileinsturzes besteht. Wäre das nicht der Fall, hätte der Eigentümer des Grundstücks dieses Gebäude sicherlich längst abreißen und durch einen weit profitableren Bau ersetzen lassen. Dementsprechend beschränkt sich die statische Prüfung, welche die Beigeladene eingereicht hat, allein auf die Standfestigkeit der auf dem Dach anzubringenden Anlagen. Irgendein Anlass, eine Berechnung des Gesamtgebäudes mit aufstehender Antennenanlage durchzuführen, bestand nicht. Die nunmehr aufgestellte Behauptung des Antragstellers, das Bunkergebäude habe im Laufe des Krieges einen Volltreffer erhalten und bedürfte aus diesem Grunde wegen des Aufbaues der UMTS-Anlage in statischer Hinsicht einer neuen Überprüfung, ist zu unsubstantiiert. Selbst wenn das Gebäude einen solchen Treffer erhalten haben sollte – Belege dazu fehlen -, würde dies nicht die Annahme rechtfertigen, dadurch sei die Gebäudesubstanz in einem solchen Umfang zerrüttet worden, dass selbst für einen Bunker so vergleichsweise geringe Gewichte wie eine Tonne auf dem Flachdach nicht untergebracht werden könnten, ohne sich durch Überprüfung der Tragfähigkeit zu versichern.
Das Gebäude wird auch im Übrigen lediglich als „Sockel“ benutzt. Zu den Antennenanlagen gelangt man über eine außen angebrachte Treppe. Denn das Dach weist – schon wegen des ursprünglichen Zweck dieses Gebäudes – keine Öffnung auf.
Die Auffassung, dass sich die baurechtliche Beurteilung allein auf den neu hinzutretenden Bauteil zu beschränken hat, steht auch in Übereinstimmung mit der sonstigen Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts. In seinem Beschluss vom 5. September 2002 (– 1 ME 183/02 -, BauR 2003, 77, BRS 65 Nr. 117) hat der Senat u.a. ausgeführt, § 99 Abs. 3 NBauO sei zu entnehmen, dass bei einer Erweiterung des Gebäudes der Prüfungsgegenstand im Baugenehmigungsverfahren begrenzt sei. Nach dieser Vorschrift könne die Bauaufsichtsbehörde bei Änderungen bestehender baulicher Anlagen nur unter bestimmten Voraussetzungen verlangen, dass auch die von diesen Änderungen nicht betroffenen Teile der Anlage an das Bauordnungsrecht angepasst werden müssten. Der Vorschrift liege damit die Vorstellung zugrunde, dass die Anforderungen der Niedersächsischen Bauordnung grundsätzlich nicht für die Teile bereits bestehender baulicher Anlagen gelten, die von der Änderung nicht berührt würden. Die Erweiterung des Gebäudes lasse den alten Baubestand unberührt, so dass die Abstandsanforderungen der Niedersächsischen Bauordnung nur für den Anbau gälten (verwiesen wird auf den Senatsbeschluss v. 28.9.1999 – 1 M 3416/99 -, V.n.b.). Der vorhandene Gebäudebestand wäre nur dann in die Betrachtung einzubeziehen, wenn durch den Umbau ein neues Vorhaben entstünde, d.h. wenn der Umbau einem Neubau gleichkäme.
Davon kann – ebenso wenig wie im seinerzeit entschiedenen Fall – hier keine Rede sein. Das Aufsetzen der 9,60 m hohen Antennenanlage nebst begleitender Technikräume führt nicht zu einer Verschmelzung zu einem neuen Gesamtganzen. Vielmehr wird – wie oben schon angedeutet – das Bunkergebäude lediglich als „Rampe“ oder „Sockel“ benutzt. Die im Erd- und in beiden Obergeschossen betriebene Nutzung wird hierdurch nicht berührt. Eine Neuberechnung der Tragfähigkeit der Bunkeranlage ist, wie oben dargelegt, nicht erforderlich.
Diese Auffassung steht auch im Einklang mit der übrigen Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts. Der Beschluss vom 2. September 2003 (- 9 ME 452/02 -, V.n.b.) betraf ebenso wie die weitere Entscheidung des 9. Senats des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 25.8.2004 (- 9 ME 206/04 -, V.n.b.) einen anderen Sachverhalt. In jenen Fällen war der Neubau eines Aussichtsturms mit Antennenanlage bzw. Neubau eines Mobilfunkmastes zur Genehmigung gestellt worden. Das Urteil des Senats vom 26.2.2003 (- 1 LC 75/02 -, Nds.VwBl. 2003, 180 = NVwZ 2003, 820 = BauR 2004, 68) betraf zwar die Umnutzung eines am Bahnhof von Hannover stehenden aufgegebenen Fernmeldeturmes zu dem Zweck, dort eine größere Leuchtreklame für einen bekannten niedersächsischen Autohersteller anzubringen. Die für die Einbeziehung der Gesamtanlage maßgebliche Erwägung bestand indes darin, dass die für den Turm in seiner früheren Nutzung erteilte Genehmigung/Zustimmung nach dem baurechtlichen Dogma der Einheit von Substanz und Nutzung mit der endgültigen Aufgabe der „Fernmeldenutzung“ (wohl) geendet hatte. Dementsprechend hatte das Vorhaben die Genehmigungsfrage insgesamt neu aufgeworfen. Das ist hier – wie dargelegt – anders.
Die Grenzabstandsvorschriften finden nach der derzeitigen Einschätzung des Senats jedenfalls auf den damit isoliert zu betrachtenden Antennenmast keine Anwendung. Der Senat pflichtet insoweit der Auffassung des Verwaltungsgerichts bei, von der Antennenanlage gingen nicht im Sinne des § 12a Abs. 1 Satz 1 NBauO Wirkungen wie von Gebäuden aus. Entgegen der Annahme des Antragstellers ist dies nicht gleichsam festkörperphysikalisch danach zu beurteilen, wie es sich auswirkt, wenn der Nachbar im Falle der umstürzenden Antennenanlage in seiner körperlichen Integrität versehrt werden könnte. Danach beurteilt würde praktisch jedem Vorhaben gebäudegleiche Wirkungen zukommen, da es aus Baustoffen hergestellt wird. Maßgeblich für die Auslegung des § 12a Abs. 1 NBauO sind vielmehr Sinn und Zweck der Grenzabstandsvorschriften. Sie sollen dem Nachbarn ausreichenden Umfangs die Zufuhr von frischer Luft, Licht, Sonnenschein und möglicherweise die Bewahrung einer gewissen Wohnintimität sichern. Diese Gesichtspunkte müssen durch eine bauliche Anlagen mehr als nur unerheblich berührt werden, um zur Annahme gebäudegleicher Wirkungen gelangen zu können.
Eine danach sowie anhand der zahlreichen Fotografien vorgenommene Würdigung ergibt in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht (vgl. a. OVG Münster, Beschl. v. 9.1.2004 – 7 B 2482/03 -, BauR 2004, 792 = NVwZ-RR 2004, 481 = ZfBR 2004, 469), dass von dieser Anlage keine gebäudegleichen Wirkungen ausgehen. Es mag zwar sein, dass bei entsprechendem Sonnenstand, d.h. namentlich in den Morgenstunden die Antennenanlage auf das Grundstück des Antragstellers einen kleinen Schatten zu werfen vermag. Schon im Laufe des Vormittags wandert dieser Schatten aber in einem Maße, dass von einer spürbaren Beeinträchtigung der oben genannten, durch die Grenzabstandsvorschriften geschützten Belange voraussichtlich keine Rede wird sein können. Insoweit verhält sich der Fall anders als in dem vom 9. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht unter dem 25. August 2004 (- 9 ME 206/04 -, V.n.b.) entschiedenen Fall. In diesem hatte es sich um einen gut 40 m hohen Mast gehandelt, welcher an seinem oberen Ende mit zwei miteinander verbundenen Bühnen von jeweils 3,40 m Breite ausgestattet gewesen war. Dies legt weit eher die Annahme nahe, eine solche bauliche Anlage wirke „turmartig“ und habe „dominierende Wirkung“.
Es kommt selbständig tragend sowie hinsichtlich der Technikräume hinzu, dass die Antragsgegnerin durch Bescheid vom 18. Oktober 2004 in zutreffender Weise eine Ausnahme von den Grenzabstandsvorschriften erteilt hat. Der hierfür erteilte Befreiungsbescheid ist ungeachtet des hiergegen eingelegten Widerspruchs in die Betrachtung einzubeziehen. Denn das Vorhaben wird hierdurch nicht geändert. Außerdem sind nach der Rechtsprechung des BVerwG (vgl. Urt. v. 19.9.1969 – IV C 18.67 -, DÖV 1970, 263 = DVBl. 1970, 62; Urt. v. 14.4.1978 – IV C 96 und 97.76 -, BauR 1978, 289 = NJW 1979, 995), welcher der Senat folgt, die während des Rechtsbehelfsverfahrens eingetretenen Rechtsänderungen zu berücksichtigen, welche dem Bauherrn günstig sind.
Die Rechtmäßigkeit des Befreiungsbescheides vom 18. Oktober 2004 wird nicht, wie der Antragsteller nunmehr meint, schon dadurch durchgreifend in Zweifel gezogen, dass er vor seinem Erlass nicht ausreichend angehört worden sei. Das trifft zum einen aus tatsächlichen Gründen nicht zu. Schon in der Beschwerdeschrift vom 15. September 2004 (S. 2) hatte die Antragsgegnerin darauf hingewiesen, die Beigeladene habe hinsichtlich der Grenzabstandsvorschriften einen schriftlichen Befreiungsantrag gestellt, der möglichst zeitnah beschieden werden solle. Zum anderen kann ein Nachbar die Aufhebung eines ihm nachteiligen Bescheides nicht allein mit der Begründung erreichen, er sei vor dessen Erlass nicht ausreichend beteiligt worden. Die Aufhebung eines solchen Bescheides kommt vielmehr erst dann in Betracht, wenn sich die fehlende Beteiligung auf die materiellrechtliche Position des Nachbarn ausgewirkt hat (vgl. Große-Suchsdorf/Lindorf/Schmaltz/Wiechert, NBauO, Komm. 7. Aufl. 2002, § 72 Rdnr. 94). Das ist hier nicht der Fall. Auch die nunmehr geltend gemachten Gesichtspunkte begründen nicht die Annahme, die Ausnahme von den Grenzabstandsvorschriften hätte nicht auf der Grundlage von § 13 Abs. 1 Nr. 6 NBauO erteilt werden dürfen.
Nach § 13 Abs. 1 Nr. 6 NBauO können geringere als die in den §§ 7 bis 12a NBauO vorgeschriebenen Abstände ausnahmsweise zugelassen werden für Antennenanlagen, welche (u.a.) dem öffentlichen Fernmeldewesen dienen, wenn sie sonst nicht oder nur unter Schwierigkeiten auf dem Baugrundstück errichtet werden können. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Unter Antennenanlagen ist nicht nur die Antenne für sich, sondern auch die ihr dienenden Nebenanlagen, namentlich Technikräume gemeint (vgl. Barth/Mühler, Abstandsvorschriften der NBauO, 2. Aufl., § 13 RdNr. 31; Große-Suchsdorf/Lindorf/Schmaltz/Wiechert, a.a.O., § 13 RdNr. 20). „Öffentlich“ im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 6 NBauO sind all die Fernmeldeunternehmen, deren Dienste – wie hier bei der Beigeladenen der Fall – jedermann in Anspruch nehmen kann (Große-Suchsdorf/Lindorf/Schmaltz/Wiechert, aaO; Barth/Mühler, aaO, RdNr. 32).
Wegen der erforderlichen Abstrahlwirkung ist es auch nicht möglich, die Antennenanlage in anderer Weise auf dem Baugrundstück zu errichten oder unterzubringen.
Den Anforderungen des Brandschutzes ist ebenso – fraglos – genügt, wie den allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse. Dies ist gemäß § 13 Abs. 2 Satz 2 NBauO auch im Hinblick auf die Nachbargrundstücke zu prüfen und hier zu bejahen. Nennenswerte Einbußen an Belichtung, Belüftung, Besonnung und Wohnintimität sind durch die angegriffene Anlage entgegen der Annahme des Antragstellers nicht zu erwarten. Insoweit wird auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen. Entgegen dem Eindruck, den der Antragsteller mit den vorgelegten Fotografien zu suggerieren trachtet, geht von dem Vorhaben keine erdrückende Wirkung aus. Es ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, welcher der Senat folgt (vgl. z.B. Urt. v. 13.3.1981 – 4 C 1.78 -, DVBl. 1981, 928; Urt. v. 30.9.1983 – 4 C 18.80 -, NJW 1984, 250; Urt. v. 23.5.1986 – 4 C 34.85 -, DVBl. 1086, 1271) geklärt, dass ein Vorhaben in Fällen erdrückender Wirkung nachbarliche Rechte verletzt. Eine solche Wirkung kann nicht nur durch die Höhe der Gebäude zueinander auftreten, sondern auch durch die Baumasse bzw. die Länge der Gebäude. Voraussetzung ist aber, dass das in Rede stehende Vorhaben der Nachbarbebauung in einem groben Missverhältnis gegenübertritt und diese gleichsam durch seine Baumasse „erdrückt“, d.h. den Nachbargrundstücken „die Luft zum Atmen nimmt“.
Davon kann hier nach den vorgelegten Fotos keine Rede sein. Es mag zwar sein, dass die Höhe des Bunkers der des Antennenmastes entspricht. Dieser verdoppelt aber nicht den Bunker. Er dient vielmehr nur als Rampe für ein steil aufrangendes, schlankes Bauwerk, welches der Bunkermasse keine wesentlich neuen Akzente hinzufügt. Der Antragsteller und die übrigen Nachbarn mögen das zwar als sehr ungewohntes Bauwerk ansehen. Bei der gebotenen objektiven Betrachtungsweise liegt die Annahme indes fern, dass ihre Grundstücke durch das Aufsetzen der Antennenanlage gleichsam erdrückt werden.
Erst recht gilt dies im Hinblick auf die Technikschränke. Diese rücken so weit von der Bunkerkante ab, dass sie das Lichteinfallsprofil zu Lasten der benachbarten Grundstücke nicht, jedenfalls allenfalls kaum merklich beeinflussen.
Von dem Vorhaben gehen schließlich auch keine negativen athermischen Wirkungen zu Lasten des Antragstellers aus. Nach der Senatsrechtsprechung (vgl. z.B. Beschl. v. 19.1.2001 – 1 O 2761/00 -, BauR 2001, 1250 = NuR 2001, 341; Beschl. v. 10.9.2003 - 1 LA 43/03 – V.n.b.; Beschl. v. 2.2.2004 – 1 ME 317/03 -, V.n.b.), welche in Übereinstimmung steht mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Beschl. v. 28.2.2002 – 1 BvR 1676/01 -, NJW 2002, 638) sowie des Bundesgerichtshofs (vgl. Urt. v. 13.2.2004 – V ZR 217 und 218/03 -, NJW 2004, 1317 = NVwZ 2004, 1019 = ZMR 2004, 415) ist bei der – hier gesicherten – Einhaltung der Grenz- und Richtwerte der 26. BImSchV in aller Regel ein nachbarlicher Abwehranspruch ausgeschlossen. Es mag zwar unverändert Forschungsvorhaben geben, welche der Frage auf den Grund gehen wollen, ob von Mobilfunk- und/oder UMTS-Anlagen am Ende doch negative athermische Wirkungen zu Lasten der Nachbarschaft ausgehen. In dem für die Gewährung von Nachbarschutz erforderlichen Umfang wissenschaftlich gesichert sind diese „Erkenntnisse“ indes nicht. Auch Art. 2 Abs. 2 GG fordert nicht, mit den Mitteln der Justiz der derzeit wissenschaftlich nicht weiter aufzuklärenden Frage nachzugehen, ob wirklich ernstliche Gesundheitsbeeinträchtigungen unter solche Anlagen drohen.
Da sich die Betrachtung nach den vorstehenden Ausführungen auf die Antennenanlage und ihr technisches Zubehör zu beschränken hat, stellt sich hier die Frage nicht, ob die Regelung des Schmalseitenprivilegs – wie der 9. Senat des Nds. OVG meint, Beschl. v. 2.9.2003 – 9 ME 452/02 -, V.n.b. - mit dem Instrument des § 13 Abs. 1 Nr. 6 NbauGB weiter zugunsten des Bauuherrn modifiziert werden kann.
Der Antragsteller kann schließlich nicht in Anwendung der Grundsätze, welche das Bundesverwaltungsgericht u.a. in seinem Urteil vom 16. September 1993 (– 4 C 28.91 -, BVerwGE 94, 151 = DVBl. 1994, 284 = BRS 55 Nr. 110) entwickelt hat, unabhängig vom Störungsgrad der angegriffenen Nutzung Nachbarschutz beanspruchen. Hiernach steht einem Nachbarn ein Anspruch auf Beibehaltung des Gebietscharakters zu, wenn das Bau- und sein Grundstück in einem Bereich liegen, welcher entweder durch einen Bebauungsplan die Festsetzung einer bestimmten Nutzungsart erhalten hat oder die maßgebliche Umgebung den Charakter eines (einzigen) Gebietes der in §§ 2 ff. BauNVO geregelten Art aufweist. Letzteres ist hier mit der Folge der Fall, dass § 34 Abs. 2 BauGB anzuwenden und die städtebaurechtliche Zulässigkeit des Vorhabens im Ausgangspunkt an § 3 BauNVO zu messen ist. § 34 Abs. 2 BauGB kann zwar erst dann angewandt werden, wenn die tatsächliche Nutzung es gestattet, den für die Anwendung des § 34 BauGB maßgeblichen Bereich eindeutig einem einzigen bestimmten Baugebiet im Sinne der §§ 2 ff. BauNVO zuzuordnen. Eine bauplanungsrechtliche „Wahlfeststellung“ ist nicht zulässig (vgl. BVerwG, Beschl. v. 2.7.1991 – 4 B 1.91 -, NVwZ 1991, 981 = BauR 1991, 569 = BRS 52 Nr. 64).
Nach den vorliegenden Planunterlagen spricht ganz Überwiegendes für die Richtigkeit der – von der Beigeladenen im Übrigen auch in dem Bauunterlagen vertretenen – Auffassung, dass die maßgebliche Umgebung als reines Wohngebiet einzustufen ist. Die Grundstücke entlang der S., des T., der U., V. und des W. sind nach den sich aus den vorliegenden Plänen ergebenden Einzeichnungen, den Luftaufnahmen und den Beschreibungen der Beteiligten im Wesentlichen ausschließlich zu Wohnzwecken genutzt. Eine Ausnahme bildet nur das hier streitige Bunkergebäude sowie die westlich davon gelegene Grundschule C.. Die dort betriebenen Nutzungen sind indes auch in einem reinen Wohngebiet - wenngleich nur ausnahmsweise – städtebaurechtlich zulässig. Für die Schule folgt dies aus § 3 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO (Alternative Anlage für kulturelle Zwecke), für das Bunkergebäude aus derselben Vorschrift unter dem Gesichtspunkt der kulturellen (Musikgruppen) sowie der gesundheitlichen Zwecke (Archiv für das Krankenhaus).
Das angegriffene Vorhaben muss sich an städtebaulichen Vorschriften messen lassen. Es stellt ein Vorhaben im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB dar. Es ist nicht nur aus Baustoffen hergestellt und in einer auf Dauer gedachten Weise künstlich mit dem Erdboden verbunden. Es besitzt vielmehr auch die für die Anwendung der §§ 29 ff. BauGB erforderliche städtebauliche Relevanz. Die haben nur solche Vorhaben, welche die in § 1 Abs. 4 und 5 BauGB genannten Belange in einer Weise berühren können, die geeignet sind, das Bedürfnis nach einer ihre Zulässigkeit regelnden verbindlichen Bauleitplanung hervorzurufen (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.8.1973 – IV C 33.71 -, BVerwGE 44, 59 = DVBl. 1974, 336; Urt. v. 3.12.1992 – 4 C 27.91 -, UPR 1993, 216 = BRS 54 Nr. 126; vgl. auch Urt. v. 7.5.2001 – 6 C 18.00 -, BVerwGE 114, 206 = BRS 264 Nr. 69). Ob eine Anlage geeignet ist, ein solches Bedürfnis hervorzurufen, ist auf der Grundlage einer das Einzelobjekt verallgemeinernden Betrachtungsweise zu beantworten. Auch wenn die Genehmigung nur einzelne Vorhaben betrifft, erschließt sich ihre städtebauliche Relevanz bei typisierender Betrachtungsweise. Städtebaulich relevant ist eine Einzelanlage dann, wenn sie gerade in ihrer gedachten Häufung das Bedürfnis nach einer ihre Zulässigkeit regelnden verbindlichen Bauleitplanung hervorruft.
Das ist hier der Fall. Zumindest der öffentliche Belang, das Ortsbild zu schützen, ist ein solcher Gesichtspunkt, welcher – solche Anlagen als gehäuft vorgestellt – ein Bedürfnis verbindlicher Bauleitplanung hervorrufen kann.
Die von der Beigeladenen mit dem angegriffenen Vorhaben betriebene Nutzung ist in einem reinen Wohngebiet nicht einmal ausnahmsweise zulässig. Es handelt sich um den Teil eines Gewerbebetriebes (vgl. z.B. OVG Münster, Beschl. v. 9.1.2004 – 7 B 2482/03 -, BauR 2004, 792 = NVwZ-RR 2004, 481; OVG Münster, Beschl. v. 25.2.2003 – 10 B 2417/02 -, ZfBR 2003, 377 = BauR 2003, 1011 = NVwZ-RR 2003, 637, BWVGH, Urt. v. 19.11.2003 – 5 S 2726/02 – ZfBR 2004, 284 = DÖV 2004, 306). Der Annahme von Reimer (NvwZ 2004, 146, 153), die Einordnung als (und sei es auch nicht störender) Gewerbebetrieb scheitere daran, dass eine einzelne Basisstation keinen Betrieb darstellen könne, folgt der Senat nicht. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 15. November 1991 (- 4 C 17.88 -, UPR 1992, 182 = NVwZ-RR 1992, 402 = BRS 52 Nr. 52) entschieden, eine zur Genehmigung gestellte bauliche Nutzung sei nicht isoliert zu betrachten, wenn sie in den Betriebsprozess funktional eingegliedert und damit Teil des Gesamtbetriebes sei. Als damit unselbständige Anlage richte sich ihre verwaltungsrechtliche Zulässigkeit nach der des Betriebes, dem sie dienen solle. Dementsprechend führt kein Weg daran vorbei, das Vorhaben als gewerbliche Nutzung einzustufen.
Obwohl es danach nicht einmal ausnahmsweise nach § 3 BauNVO 1990 in einem reinen Wohngebiet zulässig ist, wird der Rechtsbehelf des Antragstellers voraussichtlich keinen Erfolg haben. Soweit sich jetzt absehen lässt, werden sowohl § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO als auch § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB zum Vorteil des Vorhabens eingreifen.
In ihrem Bescheid vom 7. Mai 2004 hat die Antragsgegnerin eine Ausnahme/Befreiung nach beiden Vorschriften erteilt. Maßgeblich ist dabei nicht ihre nachträgliche „Richtigstellung“, mit dem Bescheid vom 7. Mai 2004 habe lediglich eine Ausnahme nach § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO erteilt werden sollen, nicht aber auch eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB (so aber ihr Schriftsatz vom 10. August 2004). Ausschlaggebend ist vielmehr die Sicht des Adressaten bei objektiver Betrachtung des Bescheides. Sowohl die Beigeladene aufgrund ihres Befreiungsantrags vom 1. August 2003 als auch der Antragsteller als Drittbetroffener durften den Bescheid vom 7. Mai 2004 – auch – dahin auffassen, damit habe eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB erteilt werden sollen. Denn die „Ausnahme gemäß § 34 (2) BauGB“ wird u.a. unter Hinweis auf „kaum berührte Grundzüge der Planung“, Ausführungen zum Ortsbild sowie unter Behandlung nachbarlicher Belange begründet. Das sind Gesichtspunkte, welche allein nach § 31 Abs. 2 BauGB rechtlich von Belang sind, nicht jedoch nach § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO 1990.
§ 14 Abs. 2 BauNVO 1990 lautet:
„Die der Versorgung der Baugebiete mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser sowie zur Ableitung von Wasser dienenden Nebenanlagen können in den Baugebieten als Ausnahme zugelassen werden, auch soweit für sie im Bebauungsplan keine besonderen Flächen festgesetzt sind. Das gilt auch für fernmeldetechnische Nebenanlagen sowie für Anlagen für erneuerbare Energien, soweit nicht Abs. 1 Satz 1 Anwendung findet.“
Das wirft eine Reihe von Auslegungsfragen auf, welche nach dem derzeit absehbaren Stand der Dinge zum Vorteil der Beigeladenen zu beantworten sein werden.
Aller Voraussicht nach wird man die Antennenanlage nebst Basisstation als fernmeldetechnische Nebenanlage einstufen können. Was als „Nebenanlage“ anzusehen ist, ist höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt. Während der Hessische VGH (Beschl. v. 29.7.1999 – 4 TG 2118/99 -, BRS 62 Nr. 83) für eine 7,60 m hohe Mobilfunk-Sendefunkanlage im E2-Netz auf dem 10,80 m hohen Flachdach eines Feuerwehrhauskomplexes – allerdings ohne nähere Begründung – annimmt, dies sei keine Neben-, sondern eine Hauptanlage, legt der Bayerische VGH (Beschl. v. 8.7.1997 – 14 B 93.3102 – BRS 59 Nr. 181) diese Vorschrift dynamisch aus. Dem Verordnungsgeber habe bei der BauNVO-Novelle 1990 vor Augen stehen müssen, die Post/Telekom müsse die städtischen Baugebiete mit ISDN-Möglichkeiten versorgen. Die insoweit zu übermittelnden Informationen würden nicht nur per Kabel, sondern aus Sicherheitsgründen auch über Richtfunk zur übergeordneten Vermittlungsstelle weitergeleitet. Die einzelne Basisstation sei dabei nur eine Nebenanlage. Das OVG Münster hat diese Frage in zwei Entscheidungen (Beschl. v. 25.2.2003 – 10 B 2417/02 -, BauR 2003, 1011 = NVwZ-RR 2003, 637 = ZfBR 2003, 377 sowie Beschl. v. 9.1.2004 – 7 B 2482/03 -, BauR 2004, 792 = ZfBR 2004, 469 = NVwZ-RR 2004, 481) letztlich unbeantwortet gelassen. Mit König/Roeser/Stock (BauNVO, 2. Aufl. 2003, § 3 RdNr. 49, § 14 RdNrn. 29,30) neigt der Senat derzeit der Auffassung zu, dass es sich bei einer UMTS-Basisstation der hier interessierenden Art um eine Nebenanlage handelt. Anders als im Rahmen des § 14 Abs. 1 BauNVO müssen sich solche Anlagen nicht dem Hauptnutzungszweck des Grundstücks unterordnen und dürfen verschiedenen Baugebieten dienen. Durch die tatbestandliche Einschränkung auf „Nebenanlagen“ soll lediglich ausgeschlossen werden, dass in dem Baugebiet die Haupt(sende)anlage untergebracht wird (in diese Richtung wohl auch Reimer, NVwZ 2004, 146, 154 sowie Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, 7. Aufl. 2004, RdNR. 1261; so auch OVG Hamburg, Beschl. v. 8.12.2003 – 2 Bs 439/03 -, NordÖR 2004, 110, 112, Leitsatz in BauR 2004, 377). Entscheidend ist danach, ob die in Rede stehende Anlage bezogen auf das gesamte infrastrukturelle Versorgungsnetz eine untergeordnete Funktion hat oder von ihrer Funktion und Bedeutung her so gewichtig ist, dass sie als eigenständig und damit Hauptnutzung anzusehen ist.
Nach Lage der Dinge ist dies zum Vorteil der Beigeladenen zu beantworten. Nach der Betriebsbeschreibung und der Stellung der Antennen erfüllt die umstrittene Anlage die Funktion eines Knotenpunkts, d.h. einer „Masche“ in dem sich zunehmend erweiternden UMTS-Netz. Ihr zugeleitete Sendeimpulse sollen lediglich weitergeleitet werden. Als Hauptsendeanlage fungiert sie nicht.
Umstritten ist (dafür offenbar Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Aufl., § 14 Teilziffer 11.5), ob aus dem Begriff der Nebenanlage neben ihrer im o.a. Sinne dienenden Funktion im Rahmen einer Gesamtanlage auch noch das Erfordernis herzuleiten sei, diese dürfe keine Größe erreichen, welche sie nicht mehr als Nebenanlage erscheinen lasse. Dabei wird allerdings nicht recht deutlich, welcher Bezugspunkt dann für die „Größe“ maßgeblich sein soll, deren Überschreitung eine Anwendung des § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO 1990 ausschließen soll. Selbst wenn man insoweit – in Anlehnung an § 15 Abs. 1 BauNVO – den Gebietscharakter in Bezug nimmt, ergäben sich hier daraus keine der Beigeladenen nachteiligen Auswirkungen. Denn das Vorhaben soll auf einem vorhandenen wuchtigen Gebäude errichtet werden, welches schon jetzt – wenngleich im Sinne der Rahmenbestimmung nach § 34 Abs. 1 BauGB als Fremdkörper einzustufen – einen nicht wegzudenkenden Akzent setzt. Verglichen mit diesem ausgesprochen massiven Sockel fügen die Sendeanlage und die Technikschränke keinen Akzent hinzu, welcher den Gebietscharakter sozusagen ins Kippen bringen lassen könnte.
Die Richtigkeit dieser Überlegung beweist gerade die Kontrollüberlegung, man müsse sich eine solche Anlage als in der Gegend gehäuft angebracht vorstellen. Dies scheidet nach Lage der Dinge gerade aus. Die von dem Antragsteller überreichten Fotografien zeigen, dass mit Ausnahme des Bunkergebäudes ausschließlich anderthalbgeschossige, sattelgedeckte kleine Wohnhäuser vorhanden sind. Auf jedem von ihnen würde eine solche Anlage deplaziert und überdimensioniert erscheinen. Die Anlage ist daher nicht geeignet, die Gegend gleichsam in Bewegung zu bringen.
Mit dem Hinweis „Das gilt auch“ knüpft § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO 1990 an die Regelung von Satz 1 an. Der Zweck dieser 1990 eingefügten Regelung bestand gerade darin, den Anwendungsbereich der Vorschrift auf fernmeldetechnische Anlagen zu erweitern, welche unter dem Begriff der Elektrizität nicht zu fassen waren. Hintergrund war die Überlegung, dass auch diese der Versorgung der Baugebiete (Plural) dienen können (vgl. BVerwG, Beschl. v. 1.11.1999 – 4 B 3.99 -, BauR 2000, 703 = NVwZ 2000, 474 = BRS 62 Nr. 82). Erforderlich ist damit – wie auch durch die Einleitung von § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO verdeutlicht wird –, dass diese Anlagen der Versorgung der Baugebiete in der Weise dienen können, wie dies durch die in Satz 1 der Vorschrift genannten Anlagen geschieht. Dabei „dienen“ nicht nur für die bauliche Nutzung der Grundstücke unentbehrliche, sondern auch solche Anlagen, die ihr angenehm, nützlich und förderlich sind.
Eine solche der baulichen Nutzung „dienende“ Funktion ist den UMTS-Anlagen nach Auffassung des Senats – noch – eigen. Dabei ist entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht darauf abzustellen, ob derartige Anlagen schlechthin unentbehrlich sind, ob sich ihr Betrieb „rechnen“ wird oder ob jeder in dem Baugebiet, in dem eine solche Basisanlage aufgestellt wird, das Angebot auch annehmen wird. Das UMTS-Netz wird erst aufgebaut. Seine Funktionsfähigkeit setzt ein dichtes System von solchen Weiterleitungsstationen voraus. Schon wegen dieser technischen Besonderheiten kann die Beigeladene nicht auf die recht weit entfernt nördlich des geplanten Aufstellungsortes stehende Mastanlage verwiesen werden. Außerdem ist es aus diesem Grunde unerheblich, ob schon jetzt ein funktionsfähiges UMTS-Netz zur Verfügung steht.
Nach den aus dem Internet ersichtlichen Informationen soll die UMTS-Technik – sog. dritte Generation kabelloser Übertragung – bis zu 31 mal so schnell Informationen weitergeben können wie dies ISDN-Anschlüsse vermögen. Die Anwendungsbereiche der neuen Technik werden als breit gefächert angegeben. Sie soll u.a. Börsengeschäfte, gesteigerten Internetzugang, Online-Reisebuchungen, die Übermittelung von Unterhaltungsdateien und –service ermöglichen. Eine der weiteren Anwendungsformen, welche genannt wird, soll auch die Steuerung von Heiz- und Kühlaggregaten innerhalb eines Hauses und einer Wohnung bzw. im Falle ihrer Störung von Außen ermöglichen. Dies sind Nutzungen, welche jedenfalls zum Teil einen Bezug zur baulichen Nutzung – sei es Wohnen, sei es Gewerbe – aufweisen, welche für die Anwendung des § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO 1990 noch ausreicht. Eine zunehmende Anzahl von Personen arbeitet zu Hause, ohne Festnetzangebote zu nutzen. Das gilt auch für solche Personen, welche sich auf Geschäftsreise in Hotels aufhalten und die Verbindung zu ihren Kunden und zu der Hauptniederlassung auf diese Weise wahren. Wie oben schon dargelegt, reicht es für die Anwendung des § 14 Abs. 2 Satz 2 NBauO aus, dass eine solche Nutzung den Baugebieten dient. Es ist nicht erforderlich, dass gerade das Baugebiet, in dem diese Basisstation aufgestellt werden soll, davon besonders profitieren kann bzw. – umgekehrt - der UMTS-Anbieter gerade mit dieser Anlage einen großen kommerziellen Erfolg erzielen wird. Ergänzend zu nennen ist noch das Bestreben von Besuchern, mit UMTS-Übertragungsmöglichkeiten ausgestattet bei Besuchen erreichbar zu sein bzw. im Rahmen eines solchen – privaten oder beruflichen – Besuches Dritte erreichen zu können. Schließlich ist zu nennen, dass möglicherweise auch Rettungsdienste sich zunehmend der UMTS-Dienste bedienen werden und ihre dezentral gesteuerten Fahrzeuge dann zum Vorteil der Bewohner von Baugebieten schneller zu diesen hingeleitet werden können, wenn ein Notfall auftritt.
Es kommt hinzu, dass die Antragsgegnerin in ihrem Bescheid vom 7. Mai 2004 eine wirksame Befreiung nach § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB erteilt hat. Hiernach kann einem Bauherrn von den Einschränkungen, welche mit einem festgesetzten oder faktischen reinen Wohngebiet verbunden sind, Befreiung erteilt werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden, Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Diese Voraussetzungen liegen nach dem derzeitigen Stand der Dinge zum Vorteil der Beigeladenen vor. Gründe des allgemeinen Wohls erfordern nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. zusammenfassend Beschl. v. 5.2.2004 – 4 B 110/03 -, BauR 2004, 1124 = ZfBR, 471) eine Befreiung nicht erst dann, wenn den Belangen der Allgemeinheit auf keine andere Weise als durch Befreiung entsprochen werden könnte. Die Befreiung muss mit anderen Worten nicht schlechterdings das einzig denkbare Mittel für die Verwirklichung des jeweiligen öffentlichen Interesses sein; dessen Erfüllung muss nicht mit der Erteilung der Befreiung stehen oder fallen. Selbst dann, wenn andere – auch weniger naheliegende – Möglichkeiten zur Erfüllung dieser Interessen zur Verfügung stehen, kann eine Befreiung – was ausreicht – „vernünftigerweise geboten“ sein. Andererseits reicht es nicht aus, wenn die Befreiung dem Gemeinwohl nur in irgendeiner Weise nützlich oder dienlich ist. Ausschlaggebend sind die Umstände des Einzelfalls.
In diesem Zusammenhang hat das Bundesverwaltungsgericht (aaO) ebenso wie das OVG Koblenz (Urt. v. 7.8.2003 – 1 A 10196/03 -, Volltext in Juris und Leitsatz in ZfBR 2004, 184, dem folgend VG Karlsruhe, Urt. v. 21.4.2004 – 10 K 2980/03 -, Volltext in Juris) Art. 87 f. Abs. 1 GG entnommen, dass ein vom Bund gewährleisteter Anspruch auf flächendeckend angemessene und ausreichende Dienstleistungen im Bereich der Telekommunikation besteht. Dieser wird nicht nur durch staatliche Unternehmen wie namentlich die Deutsche Bundespost/Telekom befriedigt, sondern auch durch private Anbieter wie namentlich die Beigeladene erbracht. Die Schließung der noch immer bestehenden Versorgungslücken, d.h. der Aufbau eines UMTS-Netzes kann daher im öffentlichen Interesse; d.h. im Gemeinwohlinteresse liegen und daher die Befreiung von den Festsetzungen rechtfertigen. Wegen der technischen Erfordernisse, ein vergleichsweise dichtes Netz zu schaffen ist, die Befreiung hier vernünftigerweise geboten, auch wenn möglicherweise nördlich davon eine weitere Möglichkeit zur Aufstellung einer solchen Basisstation bestünde. Zudem hat die Beigeladene (vgl. Schriftsatz vom 26.11.2004) nachvollziehbar dargelegt, der von der Antragstellerseite in Bezug genommene, ca. 500 m nördlich davon stehende Hochspannungsmast liege in einer Entfernung zu dem Baugebiet, die seine Mitversorgung nicht (jedenfalls nicht einwandfrei) gewährleiste. Aus funktechnischen Gründen müssten die UMTS-Sendeanlagen in Abschnitten von zum Teil nur wenigen 100 m errichtet werden. Anderenfalls könnten die auch der Versorgung von reinen und allgemeinen Wohngebieten dienenden Funktionen wie namentlich Unterhaltungselektronik nicht, jedenfalls nicht optimal gewährleistet werden.
Grundzüge der Planung berührt die Befreiung voraussichtlich ebenfalls nicht. Maßgeblich sind insoweit die Umstände des Einzelfalls. Gewerbliche Nutzungen sind mit dem Charakter eines Wohngebiets nicht schlechthin unvereinbar. Der besondere Schutz, der solchen Wohngebieten eigen ist, kann zum einen durch eine optisch außerordentlich dominierende Anlage beeinträchtigt werden, oder durch die Anziehung von erheblichem Verkehr oder sonstigen negativen Beeinträchtigungen, welche sich nachteilig auf die Wohnnutzung auswirken könnten. Beides ist hier nicht der Fall. Dieser Bereich des reinen Wohngebiets ist bereits durch das Bunkergebäude ganz wesentlich in Mitleidenschaft gezogen. Wesentlich Neues fügt das Vorhaben dem reinen Wohngebiet nicht hinzu. Nach den vorstehenden Ausführungen ist auch ausgeschlossen, dass es gleichsam Vorbildwirkung entfalten und auf weiteren Grundstücken das Bestreben hervorrufen wird, Anlagen dieser Art und Dimensionierung zu errichten. Nachteilige Lärm- oder ähnliche Immissionseinwirkungen sind mit dem Vorhaben ebenfalls nicht verbunden. Der Gebietscharakter bleibt daher erhalten. Er ist nicht durch villenartige Gebäude oder in sonstwie städtebaulich hervorragender Weise geprägt. Es handelt sich um eine durchschnittlich reine Wohnsiedlung, an deren Rand „nun einmal“ dieser Bunker steht. Dieser städtebauliche Akzent mag durch die UMTS-Anlage nunmehr unterstrichen werden. Eine Änderung des Gebietscharakters und damit eine Berührung der Grundzüge der Planung ist damit nicht verbunden.
Die Abweichung ist auch mit den öffentlichen Belangen zu vereinbaren. Namentlich wäre es gerade in Anknüpfung an die vorhandene Bausubstanz des Bunkers möglich gewesen, eine solche Anlage in Übereinstimmung mit dem Städtebaurecht zu planen. Das Ortsbild wird hierdurch nicht weiter beeinträchtigt. Es wird lediglich unterstrichen, dass der Bunker „nun einmal“ da ist und schon wegen der schieren Masse und Armierung auf unabsehbar lange Zeit auch nicht wird beseitigt werden können. Das Tatbestandsmerkmal des „Ortsbilds“ im Sinne des § 34 BauGB schützt zudem nicht jedwede Erscheinungsform, wie sie gerade anzutreffen ist. Nach der Rechtsprechung des BVerwG (vgl. Urt. v. 11.5.2000 – 4 C 14.98 -, BauR 2000, 1848 = DVBl. 2000, 1851 = NVwZ 2000, 1169) wird durch dieses Tatbestandsmerkmal das Ortsbild nur in dem Umfang vor Beeinträchtigungen geschützt, wie dies im Geltungsbereich eines Bebauungsplans durch Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 BauGB und den ergänzenden Vorschriften der Baunutzungsverordnung möglich wäre. Das Ortsbild muss mit anderen Worten, um schützenswert zu sein und die Bau(gestaltungs)freiheit des Eigentümers einschränken zu können, eine gewisse Wertigkeit für die Allgemeinheit haben. Dies ist nicht das Ortsbild, wie es überall anzutreffen sein könnte. Es muss einen besonderen Charakter, eine gewisse Eigenheit haben, die dem Ort oder dem Ortsteil eine aus dem Üblichen herausragende Prägung verleiht. Ob das Ortsbild in diesem Sinne beeinträchtigt ist, unterliegt in erster Linie der wertenden Beurteilung durch das Tatsachengericht.
Eine danach anhand der vorgelegten Fotoaufnahmen vorgenommene Würdigung ergibt, dass der hier in Rede stehende Bereich kein solches schützenswertes Ortsbild besitzt. Das ergibt sich nicht nur daraus, dass der Bunker diesen Bereich „nun einmal“ optisch in Mitleidenschaft zieht. Dies ergibt sich vor allem daraus, dass es sich bei den vorhandenen, relativ uniform hergestellten Gebäuden um eine Bauform handelt, der keine Besonderheiten eigen sind.
Wie oben dargelegt, stellt diese Befreiung auch nicht nachbarliche Interessen in einer Weise hinten an, dass deren Würdigung die Erteilung einer Befreiung ausschlösse. Die Anforderungen, welche die 26. BImSchV stellt, sind hier erfüllt. Die umliegenden Wohnhäuser sind so weit entfernt, dass eine negative Beeinträchtigung durch Strahlen oder Ähnliches praktisch ausgeschlossen ist.
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