Bürgerversammlungen: neues Druckmittel der Mobilfunkgegner (Allgemein)
Das neueste Spielzeug der deutschen Anti-Mobilfunk-Szene sind ordentliche und außerordentliche Bürger- oder Einwohnerversammlungen. Organisierte Mobilfunkgegner wälzen mit diesem dissozialen Druckmittel ihre abseitigen Ansichten in den Verantwortungsbereich ihrer Kommune ab, ohne selbst einen Finger krumm machen zu müssen. Auf diese Weise betreiben Mobilfunkgegner öffentlich Selbstbefriedigung auf Kosten von Städten und Gemeinden. Dieser Sammelstrang will ohne Anspruch auf Vollständigkeit zeigen, wo und wann die Szene versucht, mit Bürgerversammlungen die Bevölkerung zu verunsichern.
Bürgerinitiativen (BIs) gegen Mobilfunksendemasten (5G) haben es wegen ihrer gewöhnlich bizarren Argumentation schwer, ernst genommen zu werden. Mit zahllosen albernen "Offenen Briefen" an irgendwelche Autoritäten auf Gemeinde-, Landes- oder Bundesebene löst die Anti-Mobilfunk-Szene dieses Problem nicht, statt damit Druck aufzubauen, dokumentiert sie damit nur ihre Unfähigkeit, belastbare Argumente vorzutragen. Die "Offen Briefe" sind daher eher eine öffentliche Selbstbefriedigung der Verfasser, denn gesellschaftlich wirksam. Aus dieser Notlage heraus hat die Szene etwa Mitte 2019 das neue Druckmittel der Bürgerversammlung entdeckt, um Städte und Gemeinden zu unfreiwilligen Mitstreitern zu machen.
Die Idee ist simpel: Jeder Bürger kann bei seiner Kommune beantragen, zu einem Thema seiner Wahl eine ordentliche Bürgerversammlung abzuhalten. Geht die Kommune darauf kampflos ein, hat der Antragsteller schon gewonnen. Geht sie nicht darauf ein, kann der Antragsteller Unterschriften sammeln und dann die Gemeinde zwingen, eine außerordentliche Bürgerversammlung abzuhalten. Wie viele Unterschriften dazu erforderlich sind, hängt von der Größe der Gemeinde ab, konkrete Angaben finden sich dazu in der jeweiligen Gemeindeordnung. Gängig sind für kleine Gemeinden mindestens fünf Prozent der antragsberechtigten Einwohner (maximal 350 Unterschriften), für große Gemeinden 2,5 Prozent (maximal 2500 Unterschriften), die Hürden sind also besonders in kleinen Gemeinden sehr niedrig.
Für Mobilfunkgegner hat das neue Druckmittel nur einen Nachteil jedoch mehrere Vorteile:
► Als Veranstalter muss die Gemeinde auftreten und nicht eine belächelte BI.
► Die BI wälzt Organisation und Kosten der Veranstaltung auf die Gemeinde ab.
► Die BI darf mit unkritischer öffentlicher Resonanz in Lokalmedien rechnen.
► Nachteil: Üblicherweise haben auf einer Bürgerversammlung nur Einwohner ein Rederecht. Auftritte von der BI eingeladener ortsfremder selbst ernannter Experten werden dadurch erschwert aber nicht verunmöglicht. Denn der Vorsitzende einer Bürgerversammlung (Bürgermeister oder ein von diesem benannter Vertreter) kann nach eigenem Ermessen auch Ortsfremden Rederecht gewähren.
Nachdem die Anti-Mobilfunk-Szene das neue Druckmittel entdeckt hatte, wurde es über die Verteiler der Szene breit gestreut und die Hemmschwelle mit Tipps und Musterbriefen herabgesetzt. Angebissen haben bislang ausschließlich Szenemitglieder im Süden Deutschlands, was mit dem bekannten Süd-Nord-Gefälle der Mobilfunkgegnerei gut zusammen passt.
Ein Erfolg des Druckmittels ist indes nicht erkennbar. Dies dürfte erstrangig daran liegen, dass die schwache Argumentation von Mobilfunkgegnern dadurch nicht besser wird, sondern sich die Szene lediglich in dem Gefühl sonnen darf, kurzzeitig Beachtung gefunden zu haben. Und selbst wenn die eine oder andere Gemeinde sich von der schwachen Argumentation beeindrucken lässt und z.B. Bauanträgen von Mobilfunknetzbetreibern das gemeindliche Einvernehmen verweigert, werden solche gefeierten "Erfolge" häufig von übergeordneten Instanzen später kassiert – worüber in den Newslettern der Szene dann betreten geschwiegen wird.
Zur Einordnung des Erfolgs mag auch die Anzahl von 10'800 Gemeinden in Deutschland den Maßstab bilden.
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
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H. Lamarr,
29.11.2020, 15:38
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