01.5 Hensinger: Kita, Stuttgart, 43 % Grenzwertausschöpfung (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Montag, 14.10.2019, 13:06 (vor 1650 Tagen) @ H. Lamarr

Hinweis: In der EMF-Karte der BNetzA wird der Standort Stuttgart, Heilmannstr. 3, nicht unverwechselbar angezeigt. Die Nummer des richtigen Standorts lautet 720600 (derzeit 24 Antennen). Der benachbarte Standort (27012131, derzeit 30 Antennen) ist nur in der EMF-Karte scheinbar auf dem Dach der Kita, tatsächlich ist dieser jedoch auf dem Parkdach des Anwesens Cannstatter Str. 46.

Für beide Standorte ist von den drei Netzbetreibern gegenwärtig eine Erweiterung beantragt. Ebenfalls beantragt wurde von ihnen eine ordentliche Messung durch die Bundesnetzagentur, durchzuführen nach der Erweiterung. Der dabei festgestellte Ausschöpfungsgrad der Grenzwerte sollte nach einer gewissen Bearbeitungszeit in der EMF-Karte der BNetzA öffentlich abrufbar sein. Im Mai 2014 erreichte der Ausschöpfungsgrad laut (privat beauftragtem) TÜV-Gutachten 9,79 Prozent.

Peter Hensinger scheint die Kita auf dem Dach des Anwesens Heilmannstr. 3 aus den Augen verloren zu haben, 2019 zeigt Google jedenfalls keine Aktivitäten des Stuttgarter Mobilfunkgegners mehr an. Dabei hätte er jetzt Messwerte zur Verfügung, die eindrucksvoll sind.

Da die EMF-Datenbank der BNetzA für den Standort 720600 keine Daten mehr nennt, sondern mit Datum 28. Mai 2018 lakonisch meldet "Die Standortbescheinigung wurde nach § 5 (BEMFV) messtechnisch erteilt", fragte ich bei der Agentur nach, was dies zu bedeuten hat.

Gemäß BNetzA wurde auf Antrag der Netzbetreiber und auf deren Kosten nach Aufrüstung des Standorts auf nunmehr 36 Funksysteme (wegen Kombiantennen nicht identisch mit der Anzahl der sichtbaren Antennen) messtechnisch geprüft, ob der Standort grenzwertkonform ist. Ist er das, entfallen die Berechnungen, deren Ergebnisse die BNetzA üblicherweise in der online zugänglichen EMF-Datenbank in Tabellenform für einen Standort anzeigt.

Gemessen wurden auf der Dachterrasse am Rand des Sicherheitsabstands (im BNetzA-Jaron am Rand des "kontrollierbaren Bereichs") in 2,3 Meter Höhe über dem Fußboden hochgerechnet auf Maximalauslastung folgende maximale Grenzwertausschöpfungen:

Dachterrasse Ost: 15,7 Prozent
Dachterrasse Nord: 43,4 Prozent
Dachterrasse Süd: 13,6 Prozent

Auf meinen Einwand, dass diese Werte gefühlt sehr hoch seien, entgegnete mein Gesprächspartner ungerührt und objektiv richtig, alle Werte bis 99,99 Prozent seien okay. Er wunderte sich allerdings selbst, dass ein weiterer Messpunkt im Treppenhaus zur Kita (7. Obergeschoss) unter der Decke zur Dachterrasse noch eine beträchtliche maximale Grenzwertausschöpfung von 25,5 Prozent ergab.

Anzunehmen ist, Peter Hensinger bleibt wegen der genannten Werte die Luft weg. Und ich muss zugeben, die Zahlen beeindrucken auch mich. Im Gegensatz zu Hensinger kann ich meine Aufregung jedoch zügeln und rational feststellen, kein Kind in der Kita wird über Grenzwert befeldet und die schlimmste Immission, die nur kurzzeitig und selten erreicht wird, liegt unter 50 Prozent Grenzwertausschöpfung. Gemittelt über die tägliche Aufenthaltsdauer wird die EMF-Immission der Kinder in der Kita mit Sicherheit erheblich unter den genannten Werten liegen. Aus meiner Sicht ist es daher psychologisch unglücklich, wenn die BNetzA nur Maximalwerte nennt. Denn wer auf Krawall aus ist, kann damit fachliche Laien (Eltern) aufhetzen und in Angst und Schrecken versetzen. Realistischer abbilden würde die Immissionssituation ein zusätzlich genannter Wert, der die Immission z.B. über die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Kinder in der Kita mittelt. Dieser ehrliche Mittelwert könnte weit weniger zum Schüren von irrationalen Ängsten missbraucht werden.

Warum die genannten Werte dennoch als bedrohlich hoch empfunden werden liegt mMn daran, dass a) die allerorten von Mobilfunkgegnern propagierten (bedeutungslosen) baubiologischen Richtwerte extrem tief angesetzt sind und b) die Grenzwertausschöpfung bei der Kita zwar unter Grenzwert ist, im Vergleich zu allen anderen mir bekannten Messpunkten jedoch ungewöhnlich hoch ist. Mit anderen Worten: Wer die Werte unvoreingenommen betrachtet, wird diese wohl nicht als risikobehaftet empfinden, schließlich sind wir es gewohnt, von den Medien auf anderen Gebieten, z.B. der Nitratbelastung des Trinkwassers, häufig auf massive Grenzwertüberschreitungen hingewiesen zu werden. Anders reagiert, wer sich mit EMF-Messwerten beschäftigt hat und deshalb die Messwerte bei der Kita bewerten und einordnen kann. Der eine (Hensinger) ist auf Alarm gebürstet und erkennt in den Werten ein gefühltes Risiko, das er als fachlicher Laie jedoch wissenschaftlich belastbar nicht belegen kann, der andere (BNetzA) sieht die Werte rein objektiv als unbedenklich und hat den Stand des Wissens auf seiner Seite. Da in den Grenzwerten für Privatpersonen der Sicherheitsfaktor 50 enthalten ist, kann trotz der hohen Werte noch nicht einmal die Außerachtlassung jeglichen Vorsorgeaspekts reklamiert werden, bestenfalls ließe sich darüber streiten, ob der Faktor 50 ausreichend ist.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –


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