Athem 3: Mutmaßliches Ziel der Studie (Forschung)

H. Lamarr @, München, Sonntag, 09.06.2024, 21:42 (vor 167 Tagen) @ H. Lamarr

Über chronische (jahrelange) Exposition mit nicht-thermischen HF-EMF ist wenig bekannt. Wir untersuchten zwei benachbarte Wohnsiedlungen in einer ländlichen Region, deren Bewohner entweder relativ niedriger (Kontrollgruppe) oder relativ hoher (Expositionsgruppe) HF-EMF ausgesetzt waren, die von nahe gelegenen Mobilfunk-Basisstationen (MPBS) ausgestrahlt wurde. 24 gesunde Erwachsene, die seit mindestens fünf Jahren in ihren Wohnungen leben, meldeten sich freiwillig.

Mit dem Hinweis auf "mindestens fünf Jahre" wollen die Autoren anscheinend eine mehrjährige Dauerbefeldung ihrer Expositionsgruppe durch "nahe gelegene Mobilfunk-Basisstationen" signalisieren. Andererseits schreiben sie im Abstract, bei einer "Exposition mit sehr geringer Intensität können jedoch nach wenigen Stunden 'nicht-thermische' biologische Wirkungen wie oxidativer Stress, DNA- oder Chromosomenaberrationen usw. auftreten."

Was bezwecken die Autoren mit diesen Äußerungen?

Aus meiner Sicht sind die Äußerungen interessengesteuert, denn alle treibenden Kräfte der Studie (Hauptautor Igor Belyaev, Co-Autor Wilhelm Mosgöller und Geldgeber "Kompetenzinitiative" lassen sich eindeutig dem Lager der Mobilfunkkritiker/Mobilfunkgegner zuordnen. Und das macht sich zwischen den Zeilen der Studie mit etwas bemerkbar, was allen Mobilfunkgegnern gemeinsam ist: In der Bevölkerung irrationale Ängste gegenüber Mobilfunkmasten wecken oder schüren.

Lesen Laien die beiden Äußerungen, kann man es ihnen nicht verdenken, wenn sie es mit der Angst kriegen und gegen geplante Mobilfunkmasten Sturm laufen. Anwohner schon länger betriebener Funkmasten dürften deutlich weniger verängstigt sein, da sie aus Erfahrung wissen, dass sich der Funkmast nicht auf ihre Gesundheit ausgewirkt hat. Die anderen aber sehen sich einem Tod und Verderben bringenden unsichtbaren Moloch ausgesetzt, der nicht nur sie verschlingt, sondern wegen Erbgutveränderungen (Chromosomenaberrationen) auch noch ihre Nachkommen. Schon Stunden nach der Inbetriebnahme eines Funkmastes vergreift der Moloch sich am Erbgut und die Befeldung würde nicht nur Stunden dauern, sondern rund um die Uhr viele Jahre.

Vielleicht ist diese Botschaft von "Athem 3" der "Game-Changer", den Klaus Scheidsteger angekündigt hat. Denn diese Botschaft ist leidlich neu und weitaus heftiger, als alles, was organisierte Mobilfunkgegner sich bislang ausgedacht haben, um die Bevölkerung gegen Funkmasten aufzubringen. Was sind schon Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, Konzentrationsstörungen und selbst das diffuse Gerede über Krebs gegen konkret generationenübergreifende Chromosomenaberrationen?

Bislang haben sich sämtliche Warnungen organisierter Mobilfunkgegner als Märchen für Erwachsene oder bestenfalls als dramatisierte Fehlalarme herausgestellt. Auch "Athem 3" wird aller Voraussicht nach diesem Schicksal nicht entgehen können. Doch noch ist die Studie frisch und der Gegenwind auf dieses unbedeutende Forum begrenzt, sodass anzunehmen ist, "Athem 3" wird eine zeitlang weitgehend ungestört die gewünschte Wirkung haben. Der Verein Diagnose-Funk ist bereits auf den Zug aufgesprungen und trommelt. Andere werden folgen, wahrscheinlich auch einige Medien der Holzklasse. Erst wenn sich wissenschaftlich Sattelfeste wie Berenis (Schweiz) oder das BfS der Studie annehmen, wird der Flaschengeist "Athem 3" langsam zurück in seine Flasche gedrängt. Die Echokammern der Szene werden davon unbeeindruckt ihren "Game-Changer" weiter feiern. Sie müssen, – denn sie haben derzeit nur den einen :-).

Hintergrund

Fast jeder Zweite fürchtet Funkmasten als Quelle elektromagnetischer Strahlung und will sofort eine Bürgerinitiative gründen, wenn in der Nähe seines Wohnsitzes eine solche Anlage errichtet würde (Quelle). Das ist ein großer Markt. Entstanden vor 30 Jahren mit den ersten GSM-Funkmasten gibt es inzwischen jede Menge Geschäftsmodelle, mit der sich die Furcht vor Funkmasten in finanziellen Profit ummünzen lässt. Geweckt und geschürt wird die Furcht in der Bevölkerung i.a. unentgeltlich, z.B. durch desinformierte Bürgerinitiativen, Anti-Mobilfunk-Vereine und unqualifizierte Medienberichte. Doch wer die Furcht wieder loswerden möchte, der muss zahlen und z.B. einen Messtechniker, Baubiologen, Anwalt oder Umweltmediziner entlohnen.

Entgegen aller Vernunft werden nur Funkmasten gefürchtet, Mobiltelefone werden geliebt. Vielleicht deshalb wurden bei "Athem 3" die Probanden gar nicht erst nach ihrem Handy gefragt. Die Geschäftsmodelle haben sich jedenfalls schon seit langem darauf eingestellt und bedienen beide Seiten einer Mobilfunkverbindung mit allerlei "Schutzprodukten".

Ein Hersteller solcher pseudowissenschaftlichen Schutzprodukte ist die deutsche Firma Memon, Rosenheim. Klaus Scheidsteger, Anti-Mobilfunk-Filmemacher und Vorstand der "Kompetenzinitiative" unterhielt zuletzt beste Beziehungen zu diesem Unternehmen, das zu seinen Auftraggebern zählt. Für Memon ist "Athem 3" ein Segen und es würde mich nicht wundern, zählte Memon zu den "privaten" Spendern, die das "Athem 3"-Projekt erst ermöglicht haben. Heute konnte ich auf der Website der Firma allerdings noch nichts über das Projekt finden. Memon hat keine Eile, denn mit Peter C. Dartsch hat der Hersteller einen Zellbiologen am Start, der in die gleiche Kerbe haut wie "Athem.3".

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –


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