Oberlandesgericht Hamburg zu REFLEX: klare Entscheidung (Allgemein)
Alexander Lerchl , Mittwoch, 05.08.2020, 21:02 (vor 1570 Tagen)
Die REFLEX-Studien der Wiener Arbeitsgruppe um Hugo Rüdiger sind ja seit mindestens 2008 Fälschungsvorwürfen ausgesetzt, das ist nicht neu und auch nicht berichtenswert. Der Koordinator der Studien, Franz Adlkofer, wehrt sich mit Händen und Füßen gegen diese Vorwürfe, der Grund ist mir immer noch nicht ganz klar, wenngleich frappierende Ähnlichkeiten des Verhaltens mit einem gewissenlosen Präsidenten nicht von der Hand zu weisen sind [Eingriff Admin: Die vom Autor des Postings in diesem Absatz hinterlegten beiden Links wurden wegen der Auflagen, die für das IZgMF aus dem Rechtsstreit IZgMF vs. Franz Adlkofer (2010) resultieren, am 6. August 2020, 00:10 Uhr, vorsorglich entfernt].
Die Süddeutsche Zeitung (SZ), bekannt für sehr gut recherchierte Berichte, hatte vor Jahren geschrieben, dass die REFLEX-Studien "so" (und auf dieses Wort kommt es an!) nicht reproduziert werden konnten, was ebenfalls, jedenfalls bei Wissenschaftlern, hinreichend bekannt ist. Nur Adlkofer fand das nicht akzeptabel und klagte.
2012 entschied das Landgericht Hamburg gegen die SZ, diese ging in Berufung. Das Ergebnis hat Adlkofer selbst so kommentiert:
Die SZ wurde 2012 vom Landgericht Hamburg auf Unterlassung verurteilt. Über die von ihr eingelegte Berufung wurde sieben Jahre später, im April 2019, entschieden. Das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg hob aus nicht nachvollziehbaren Gründen das Urteil des Landgerichts auf und entschied erstaunlicherweise zu Gunsten der SZ. Das letzte Wort in der Angelegenheit wird der Bundesgerichtshof haben.
Das letzte Wort übrigens nur wegen der Nichtzulassung der Revision: "Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Dem vorliegenden Rechtsstreit kommt weder grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) zu, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO)."
Na ja, "aus nicht nachvollziehbaren Gründen" (Adlkofer) sieht anders aus. Das OLG hat in der Urteilsbegründung eine wunderbare und vollkommen zutreffende logische Kette formuliert:
"Auch der Kläger behauptet nicht, dass die konkreten Ergebnisse in anderen Labors hätten reproduziert werden können, sein Vortrag ist vielmehr, die Ergebnisse der „R. ...-Studie“ seien richtig. Der Kläger behauptet, Ergebnisse, die auf ein genschädigendes Potential elektromagnetischer Felder hinweisen, seien inzwischen in zahlreichen Untersuchungen unter Verwendung verschiedener Methoden erhalten worden. Ausschlaggebend sei aus Sicht des Klägers allein, dass die in der „R. ...-Studie“ beobachtete genschädigende Wirkung im Grundsatz bestätigt worden sei. Wenn es aber nach Klägervortrag bisher nur untaugliche Versuche gebe, die R. ...-Studien zu wiederholen, weil etwa abweichendes Zellmaterial verwendet worden sei, so ist prozessual unstreitig, dass die Ergebnisse „so“ „von anderen Labors“ bisher nicht „reproduziert“ worden sind und dass es keine Studie gibt, die identische Methodik und Ergebnisse aufweise. Soweit der Kläger meint, es komme nicht darauf an, ob die „R. ...-Studie“ in allen Einzelheiten reproduziert worden sei, so folgt der Senat dem nicht. Denn die Äußerung in der Berichterstattung ist nach Auffassung des Senates nur in diesem Sinne zu verstehen."
q.e.d.
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"Ein Esoteriker kann in fünf Minuten mehr Unsinn behaupten, als ein Wissenschaftler in seinem ganzen Leben widerlegen kann." Vince Ebert
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Reflex, Querulant, SZ, Ex-Tabaklobbyist, Hamburg, Landgericht, Deutungshoheit
BGH-Urteil zu REFLEX: Bitte warten, bitte warten ...
H. Lamarr , München, Donnerstag, 06.08.2020, 01:13 (vor 1570 Tagen) @ Alexander Lerchl
Die SZ wurde 2012 vom Landgericht Hamburg auf Unterlassung verurteilt. Über die von ihr eingelegte Berufung wurde sieben Jahre später, im April 2019, entschieden. Das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg hob aus nicht nachvollziehbaren Gründen das Urteil des Landgerichts auf und entschied erstaunlicherweise zu Gunsten der SZ. Das letzte Wort in der Angelegenheit wird der Bundesgerichtshof haben.
Was ist denn nun aus der Klage vor dem BGH geworden? Hätte Franz Adlkofer obsiegt, wüsste die Welt davon unverzüglich. Davon aber ist nichts bekannt.
Ich habe deshalb am BGH soeben nach einer Entscheidung in der besagten Angelegenheit gesucht, bin aber leer ausgegangen. Dafür gibt es drei Erklärungen:
1. Der Fall wird noch verhandelt, das Urteil steht noch aus.
2. Der Fall wurde ohne Begründung nicht zur Verhandlung angenommen.
3. Der Fall wurde vom BGH ohne Begründung verworfen.
Die Varianten 2 und 3 werden von Franz Adlkofer medial mutmaßlich eher diskret behandelt.
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
BGH zu REFLEX (Adlkofer ./. SZ): Fall wurde nicht angenommen
Alexander Lerchl , Freitag, 09.10.2020, 20:12 (vor 1505 Tagen) @ H. Lamarr
Die SZ wurde 2012 vom Landgericht Hamburg auf Unterlassung verurteilt. Über die von ihr eingelegte Berufung wurde sieben Jahre später, im April 2019, entschieden. Das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg hob aus nicht nachvollziehbaren Gründen das Urteil des Landgerichts auf und entschied erstaunlicherweise zu Gunsten der SZ. Das letzte Wort in der Angelegenheit wird der Bundesgerichtshof haben.
Was ist denn nun aus der Klage vor dem BGH geworden? Hätte Franz Adlkofer obsiegt, wüsste die Welt davon unverzüglich. Davon aber ist nichts bekannt.
Ich habe deshalb am BGH soeben nach einer Entscheidung in der besagten Angelegenheit gesucht, bin aber leer ausgegangen. Dafür gibt es drei Erklärungen:
1. Der Fall wird noch verhandelt, das Urteil steht noch aus.
2. Der Fall wurde ohne Begründung nicht zur Verhandlung angenommen.
3. Der Fall wurde vom BGH ohne Begründung verworfen.Die Varianten 2 und 3 werden von Franz Adlkofer medial mutmaßlich eher diskret behandelt.
Nein, Variante 2 wurde von Adlkofer selbst in seinem angeblich letzten Interview dieser Art verkündet (ab Minute 31). Der BGH hat den Fall nicht zur Entscheidung angenommen.
Das war es dann wohl.
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Blick zurück im Zorn: Adlkofer hadert mit deutscher Justiz
H. Lamarr , München, Dienstag, 13.10.2020, 21:53 (vor 1501 Tagen) @ Alexander Lerchl
Solange er vor Gericht die Oberhand behielt, waren von Franz Adlkofer keine Klagen über die deutsche Justiz zu hören. Doch kaum unterliegt der Ex-Tabaklobbyist im Rechtsstreit mit der Süddeutschen Zeitung in zweiter Instanz, hadert er tränenreich mit dem Rechtsstaat und fragt am 12. Oktober 2020 bestürzt: Endet die deutsche Rechtsstaatlichkeit dort, wo die Interessen von Politik und Mobilfunkindustrie betroffen sind?
Wortreich windet sich Adlkofer um das Zwei-Buchstaben-Wörtchen "so", das aus seiner Sicht eine ganz andere Bedeutung hat als die, welche vom Rest der Menschheit, darunter das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, als gegeben angesehen wird. Zur Erinnerung: Es geht um die Frage, ob Ergebnisse der umstrittenen Reflex-Studie so und nicht anders repliziert werden konnten oder nicht. Das OLG Hamburg stellte dazu in seiner Urteilsbegründung fest:
[...] Auch der Kläger behauptet nicht, dass die konkreten Ergebnisse in anderen Labors hätten reproduziert werden können, sein Vortrag ist vielmehr, die Ergebnisse der „R. ...-Studie“ seien richtig. Der Kläger behauptet, Ergebnisse, die auf ein genschädigendes Potential elektromagnetischer Felder hinweisen, seien inzwischen in zahlreichen Untersuchungen unter Verwendung verschiedener Methoden erhalten worden. Ausschlaggebend sei aus Sicht des Klägers allein, dass die in der „R. ...-Studie“ beobachtete genschädigende Wirkung im Grundsatz bestätigt worden sei. Wenn es aber nach Klägervortrag bisher nur untaugliche Versuche gebe, die R. ...-Studien zu wiederholen, weil etwa abweichendes Zellmaterial verwendet worden sei, so ist prozessual unstreitig, dass die Ergebnisse „so“ „von anderen Labors“ bisher nicht „reproduziert“ worden sind und dass es keine Studie gibt, die identische Methodik und Ergebnisse aufweise. Soweit der Kläger meint, es komme nicht darauf an, ob die „R. ...-Studie“ in allen Einzelheiten reproduziert worden sei, so folgt der Senat dem nicht. Denn die Äußerung in der Berichterstattung ist nach Auffassung des Senates nur in diesem Sinne zu verstehen. [...]
Die Ausführungen des Gerichts sind klar und deutlich. Doch Adlkofer wäre nicht Adlkofer, versuchte er nicht an der Redlichkeit des OLG Zweifel zu wecken und den Sachverhalt in ein anderes Licht zu rücken. So widerspricht er der Darstellung des OLG mit der überraschenden Behauptung ...
[...] Schon in der Klageschrift und erneut bei der Verhandlung vor dem Oberlandesgericht hat er vorgetragen, dass die gentoxische Wirkung der Mobilfunkstrahlung nicht nur unter Verwendung unterschiedlicher Methoden, sondern auch bei Verwendung der gleichen Methode wie in der REFLEX-Studie bestätigt worden ist. Für Letzteres hat er sogar den Beweis eines Sachverständigen angeboten. [...]
Doch die Sache hat einen Haken: Adlkofer versucht in seinem jüngsten Klagelied nicht einmal, seine Behauptung mit Fakten zu stützen. Dabei wäre es für ihn doch ein Leichtes gewesen, ordentliche bibliografische Angaben zu den Studien vorzulegen, die (angeblich) nicht nur die Ergebnisse der Reflex-Studie erfolgreich replizieren konnten, sondern denen dieses Kunststück auch noch mit der Methodik des Originals gelang. Dann könnte jeder selbst nachprüfen, ganz ohne Sachverständigen, ob Adlkofers Behauptung stimmt oder er die Wahrheit nur zurecht gebogen hat. Warum der ehemalige Reflex-Koordinator die Studien der 1:1-Replikationen nicht preisgibt ist rätselhaft, denn mit seiner Beteuerung oben erweckt er den Eindruck, die Preisgabe hätte bereits in der Klageschrift und während der Verhandlung stattgefunden. Möglicherweise hat mich Adlkofer mit seiner Beteuerung aber auch nur aufs Glatteis geführt und er hat dem OLG gar keine Studien mit 1:1-Replikationen präsentiert, sondern dem Gericht nur einen Sachverständigen angeboten, – vielleicht einen Prof. der MUW , der den Richtern hätte erklären sollen, es gäbe solche Studien wie von Adlkofer behauptet.
Ein 1:1-Replikationsversuch der Berliner "Reflex"-Studie wurde 2013 am Original-Schauplatz (Charité, Berlin) durchgeführt. Mit dabei waren zwei Mitglieder der Arbeitsgruppe, die um 2002 herum für die Originalarbeit an der Charité verantwortlich war. Besser kann ein 1:1-Replikationsversuch kaum sein. Und dennoch konnten keine der im "Reflex"-Abschlussbericht gezeigten Effekte (DNA-Strangbrüche, Mikrokerne) reproduziert werden.
Hintergrund
Forschergruppe schraubt Sargdeckel auf Wiener "Reflex"-Studie
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OLG pulverisiert: "Ergebnisse der 'Reflex'-Studie sind richtig"
H. Lamarr , München, Sonntag, 04.04.2021, 18:55 (vor 1328 Tagen) @ H. Lamarr
Warum der ehemalige Reflex-Koordinator die Studien der 1:1-Replikationen nicht preisgibt ist rätselhaft, denn mit seiner Beteuerung oben erweckt er den Eindruck, die Preisgabe hätte bereits in der Klageschrift und während der Verhandlung stattgefunden. Möglicherweise hat mich Adlkofer mit seiner Beteuerung aber auch nur aufs Glatteis geführt und er hat dem OLG gar keine Studien mit 1:1-Replikationen präsentiert, sondern dem Gericht nur einen Sachverständigen angeboten, – vielleicht einen Prof. der MUW , der den Richtern hätte erklären sollen, es gäbe solche Studien wie von Adlkofer behauptet.
Meine Mutmaßung trifft tatsächlich zu. Denn im Urteil des OLG heißt es:
[...] Auch der Kläger [Adlkofer; Anm. Postingautor] behauptet nicht, dass die konkreten Ergebnisse in anderen Labors hätten reproduziert werden können, sein Vortrag ist vielmehr, die Ergebnisse der „R. ...-Studie“ seien richtig. Der Kläger behauptet, Ergebnisse, die auf ein genschädigendes Potential elektromagnetischer Felder hinweisen, seien inzwischen in zahlreichen Untersuchungen unter Verwendung verschiedener Methoden erhalten worden. Ausschlaggebend sei aus Sicht des Klägers allein, dass die in der „R. ...-Studie“ beobachtete genschädigende Wirkung im Grundsatz bestätigt worden sei. Wenn es aber nach Klägervortrag bisher nur untaugliche Versuche gebe, die R. ...-Studien zu wiederholen, weil etwa abweichendes Zellmaterial verwendet worden sei, so ist prozessual unstreitig, dass die Ergebnisse „so“ „von anderen Labors“ bisher nicht „reproduziert“ worden sind und dass es keine Studie gibt, die identische Methodik und Ergebnisse aufweise. Soweit der Kläger meint, es komme nicht darauf an, ob die „R. ...-Studie“ in allen Einzelheiten reproduziert worden sei, so folgt der Senat dem nicht. Denn die Äußerung in der Berichterstattung ist nach Auffassung des Senates nur in diesem Sinne zu verstehen. [...]
Adlkofers Einschätzung, die Ergebnisse der „R. ...-Studie“ seien richtig, wird 2021 von Diagnose-Funk kolportiert und zum Anlass genommen, sich mit albernen Forderungen lächerlich zu machen. Aus meiner Sicht zeigte Adlkofer mit dem Wort "richtig" wieder einmal sein großes Können als Lobbyist. Denn Hinz und Kunz und möglicherweise auch die Diagnose-Funker erkennen nicht die Falle, die sich vor ihnen auftut. Durchschnittsleser, so behaupte ich, interpretieren im Kontext das Wort "richtig" dahingehend, die "Reflex"-Studie sei zutreffend, ihre Ergebnisse hätten Beweiskraft. Adlkofer könnte dagegen behaupten: Nein, das wollte ich damit nicht sagen, sondern nur zum Ausdruck bringen, die "Reflex"-Studie sei nicht gefälscht. Dass eine nicht gefälschte Studie richtig ist, lässt sich kaum bestreiten, das Prädikat "richtig" gibt jedoch keine Auskunft, ob eine Studie qualitativ gut oder schlecht ist.
Das jüngste Urteil des OLG Bremen erteilt Adlkofers Interpretation nachträglich sogar juristischen Segen, indem es Lerchl verbot zu behaupten, die "Reflex"-Studie sei gefälscht. Ein Pyrrhussieg für Adlkofer, denn zugleich ließ das OLG Bremen unter Verweis auf ein Gutachten erkennen, dass es die "Reflex"-Studien zwar nicht für gefälscht, jedoch für fehlerbehaftet hält, also von schlechter Qualität. Damit ist zum großen Ärger von Adlkofer und Diagnose-Funk die Fehlinterpretation, die "Reflex"-Studie sei zutreffend, ihre Ergebnisse hätten Beweiskraft, durch das OLG-Urteil pulverisiert worden.
Was sich die beiden Verbündeten ausgedacht haben, um aus der Klemme zu kommen, das ist an dieser Stelle unseres Irrgartens beschrieben.
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Adlkofer hadert weiter mit deutscher Justiz
H. Lamarr , München, Dienstag, 08.02.2022, 23:49 (vor 1018 Tagen) @ H. Lamarr
Solange er vor Gericht die Oberhand behielt, waren von Franz Adlkofer keine Klagen über die deutsche Justiz zu hören. Doch kaum unterliegt der Ex-Tabaklobbyist im Rechtsstreit mit der Süddeutschen Zeitung in zweiter Instanz, hadert er tränenreich mit dem Rechtsstaat und fragt am 12. Oktober 2020 bestürzt: Endet die deutsche Rechtsstaatlichkeit dort, wo die Interessen von Politik und Mobilfunkindustrie betroffen sind?
470 Tage später: Franz Adlkofer hat seine Niederlage im Streit mit der Süddeutschen noch immer nicht verdaut. Seine Geschichte vom Ende der deutschen Rechtsstaatlichkeit gibt es jetzt in einer Neuauflage als 3-teilige Miniserie. Wenn man sich überlegt, dass der Streit letztlich nur um die Bedeutung des 2-Buchstaben-Wörtchens "so" in einem fallspezifischen Kontext ging (ob "Reflex" so und nicht anders repliziert wurde), dann sind die rd. 35'700 Buchstaben, die Adlkofer allein für Teil 1 seiner Trilogie in Stellung bringt, eine eindrucksvolle Leistung im Zerreden eines Gerichtsurteils. Wer soll diesen Roman, abgesehen von dem Ex-Tabaklobbyisten, lesen und wozu? Das Urteil ist längst rechtskräftig.
Da mein Verlangen den Text zu lesen schwach war, habe ich versucht auf andere Weise hinter Adlkofers Absicht zu kommen. Nämlich mit Suchbegriffen. Das IZgMF kommt in der Geschichte nur 2-mal vor, Lerchl 13-mal, Adlkofer 16-mal und Reflex 68-mal. Aha, es geht Adlkofer also einmal mehr darum, sein angeschlagenes "Reflex"-Projekt vor der Welt zu rehabilitieren. Doch warum schmerzt ihn bei seinen vielen Siegen ausgerechnet die Niederlage gegen die Süddeutsche so sehr, dass er das Urteil jetzt wieder angreift? Die Antwort sieht Adlkofer in diesem IZgMF-Posting aus dem Jahr 2012, das er explizit als zutreffend anerkennt und in dem die Schlüsselpassage lautet:
[...] Und auch um Reflex geht es nicht direkt, sondern darum, ob Reflex erfolgreich repliziert werden konnte. Sollte dies vor Gericht festgestellt werden, hat Dr. Adlkofer sein Ziel erreicht. Andernfalls hat er es verfehlt und Prof. Lerchl die Oberhand.
Das also ist es, was Adlkofer auf die Palme bringt, die gerichtliche Feststellung, "Reflex" habe nicht erfolgreich repliziert werden können. Aus heutiger Sicht ist Adlkofers Ärger darüber gut nachvollziehbar. Denn nachdem Ende 2020 das OLG Bremen entschied, Lerchl dürfe seine Fälschungsvorwürfe bezüglich der umstrittenen Wiener "Reflex"-Studie nicht wiederholen, schien der Sieg Adlkofers über seinen Widersacher allumfassend zu sein. Zumindest feierten der Ex-Tabaklobbyist und seine Sprachrohre das Bremer Urteil auf eben diese Weise, obschon es der besagten "Reflex"-Studie ein denkbar schlechtes Zeugnis ausstellte. Adlkofers ungetrübtem Triumph steht jedoch das Urteil des OLG Hamburg unverrückbar im Wege, weil es der "Reflex"-Studie abspricht, jemals erfolgreich repliziert worden zu sein. Ein triftiger Grund für den gewieften Taktiker, das Urteil in der öffentlichen Meinung als Fehlurteil zu diskreditieren.
Doch wer nun 1+1 zusammenzählt, kommt bei Betrachtung beider Urteile zu einem für Adlkofer höchst unliebsamen Ergebnis:
Urteil OLG Bremen: "Reflex" ist aus mathematisch-statistischer Sicht fehlerhaft. Daraus lässt sich aber nicht ableiten, dass die Ergebnisse absichtlich manipuliert wurden, die Fehlerhaftigkeit könnte auch unabsichtlich entstanden sein.
Urteil OLG Hamburg: "Reflex" konnte mit identischer Methodik bislang nicht erfolgreich (gleiche Ergebnisse) repliziert werden.
Wenn ich mich recht entsinne gab es mehrere 1:1-Replikationsversuche, die alle scheiterten und keiner der Autoren hat Zweifel an der Methodik der Befeldung oder den angewendeten Analyseverfahren geäußert. Unter dieser Maßgabe lässt mein Logikverständnis nur den Schluss zu, dass die im Urteil des OLG Bremen eingeräumte Möglichkeit, die Fehlerhaftigkeit der Ergebnisse könnte unabsichtlich entstanden sein, auszuschließen ist. Die Ergebnisse müssen daher aus meiner Sicht auf einer absichtlichen Manipulation beruhen. Denn es ist a) extrem unwahrscheinlich, dass bei allen 1:1-Replikationsversuchen unwissentlich die gleichen Fehler gemacht wurden wie beim Original und b) selbst wenn es so gewesen wäre, dann hätten die Replikationen nicht alle misslingen dürfen, sondern erfolgreich verlaufen müssen.
Allerdings habe ich starke Zweifel an meiner "Entdeckung". Denn wenn es so einfach wäre, wie beschrieben, dann wäre dies in der Verhandlung vor dem OLG Bremen bestimmt zur Sprache gekommen und hätte, wäre es zutreffend, zu einem anderen Urteil geführt. Möglicherweise gehe ich auch nur von falschen Voraussetzungen aus. Um das zu klären, will ich versuchen eine Einschätzung von Lerchl zu bekommen, er hat wichtige Details mit Sicherheit besser im Kopf parat als ich.
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Adlkofer vs. Lerchl: Gratwanderung auf Messers Schneide
H. Lamarr , München, Mittwoch, 09.02.2022, 16:11 (vor 1018 Tagen) @ H. Lamarr
Allerdings habe ich starke Zweifel an meiner "Entdeckung". Denn wenn es so einfach wäre, wie beschrieben, dann wäre dies in der Verhandlung vor dem OLG Bremen bestimmt zur Sprache gekommen und hätte, wäre es zutreffend, zu einem anderen Urteil geführt. Möglicherweise gehe ich auch nur von falschen Voraussetzungen aus. Um das zu klären, will ich versuchen eine Einschätzung von Lerchl zu bekommen, er hat wichtige Details mit Sicherheit besser im Kopf parat als ich.
Ich hab's mir anders überlegt. Nachdem ich diesen Strang und dieses Posting noch einmal gelesen habe, meine ich, dass eigentlich schon alles gesagt wurde. Meine "Entdeckung" ist weder falsch noch richtig, denn entscheidend ist, wie die beiden Oberlandesgerichte die vorgetragenen Sachverhalte gewichtet und abschließend bewertet haben. Und da bin ich zu der für mich neuen Einschätzung gekommen, dass beide Entscheidungen keine überwältigenden Siege/Niederlagen waren, sondern äußerst knapp ausfielen. Hätten die Gerichte die vorgetragenen Sachverhalte nur geringfügig anders beurteilt, wäre in der Grauzone gerichtlicher Ermessensspielräume mMn jeweils anders entschieden worden. So verhält es sich auch mit meiner "Entdeckung", die je nach Bewertung des geschilderten Sachverhalts zutreffend sein kann oder eben nicht.
Für Außenstehende ist die Auseinandersetzung zwischen Lerchl und Adlkofer längst zu einem Irrgarten geworden. Deshalb zählen für sie nur noch die gefällten Urteile und nicht mehr das Dickicht der schwierig zu durchdringenden Entscheidungsgründe. Und letztlich könnten die beiden Kontrahenten sich mit dem finalen 1:1 Unentschieden durchaus zufrieden geben. Bei Lerchl scheint dies auch der Fall zu sein, denn der Bremer Sherlock Holmes hat die beiden OLG-Entscheidungen weitgehend unkommentiert und ohne öffentliches Nachtarocken hingenommen.
Adlkofer reagierte völlig anders. Er kommentierte Sieg und Niederlage öffentlich in umfangreichen Dokumentationen und nutzte jede Gelegenheit, seinen Kontrahenten Lerchl in alternativen Medien zu diskreditieren. Auch seine Kettenhunde aus der Anti-Mobilfunk-Szene bissen gehorsam kräftig zu. Der rote Faden, der durch diesen Drang nach Zurechtkneten der öffentlichen Meinung sichtbar wird, reicht bei Adlkofer zurück bis zu dem Zeitpunkt, als "Reflex" 2003 noch in den Windeln lag. Als Tabaklobbyist hatte Adlkofer über rd. 20 Jahre hinweg gelernt, wie er auf die öffentliche Meinungsbildung erfolgreich Einfluss nehmen kann. So reiste er 2003 nicht allein mit Hugo Rüdiger (Projektleiter der Wiener "Reflex"-Studie) zu einer Wissenschaftlertagung nach Hawaii, sondern nahm ein TV-Team des SWR mit, das wenig später in der ARD mit der Reportage "Bei Anruf Smog" die deutsche Öffentlichkeit mit den alarmierenden Ergebnissen von "Reflex" bekannt machte. Adlkofer hatte es ungewöhnlich eilig, denn zu diesem Zeitpunkt lag weder der "Reflex"-Abschlussbericht vor, der folgte 2004, noch gab es eine wissenschaftliche Publikation der aufregendsten Ergebnisse, die folgte 2005. Der ARD-Programmdirektion musste im August 2003 der vorauseilende Alarm spanisch vorgekommen sein, sie verschob die Ausstrahlung in letzter Minute von einem Sendeplatz um 21:45 Uhr auf einen am Folgetag um 23:00 Uhr. Die mutmaßlich von Adlkofer in Gang gesetzte PR-Maschinerie ließ sich jedoch nicht mehr stoppen, sie ratterte prompt um einen Tag zu früh los. Fortan spielte Adlkofer diese Medien-Trumpfkarte auf allen Ebenen bis heute ungleich häufiger als Lerchl aus.
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Vijayalaxmi, Manipulation, SWR, Fibroblasten, Hawaii
Adlkofer vs. Lerchl: Gratwanderung auf Messers Schneide
KlaKla, Donnerstag, 10.02.2022, 13:34 (vor 1017 Tagen) @ H. Lamarr
... So reiste er 2003 nicht allein mit Hugo Rüdiger (Projektleiter der Wiener "Reflex"-Studie) zu einer Wissenschaftlertagung nach Hawaii, sondern nahm ein TV-Team des SWR mit, das wenig später in der ARD mit der Reportage "Bei Anruf Smog" die deutsche Öffentlichkeit mit den alarmierenden Ergebnissen von "Reflex" bekannt machte. Adlkofer hatte es ungewöhnlich eilig, denn zu diesem Zeitpunkt lag weder der "Reflex"-Abschlussbericht vor, der folgte 2004, noch gab es eine wissenschaftliche Publikation der aufregendsten Ergebnisse, die folgte 2005. Der ARD-Programmdirektion im August 2003 musste der vorauseilende Alarm spanisch vorgekommen sein, sie verschob die Ausstrahlung in letzter Minute von einem Sendeplatz um 21:45 Uhr auf einen am Folgetag um 23:00 Uhr…
Der Ex-Tabaklobbyist musste schnell sein, die allgemeine Stimmung war super günstig für ein alarmierendes Studienergebnis. Was sich zeitgleich in Hintergrund der Wissenschaft abspielte, darüber erfuhren Laie erst mal nichts.
Im Hintergrund: 2003 wandte sich Rüdiger in Budapest an Johnston. Er ersuchte um Hilfe, da eine seiner Arbeit (später als Diem et al., 2005 veröffentlicht), nicht angenommen wurde. Details dazu unter „REFLEX: Die blockierte erste Replikation (2004)„.
Es ist anzunehmen, dass erfahrene Wissenschaftsjournalisten früher oder später kritische Fragen stellen und die Studienergebnisse entlarven. Daher ist es hilfreich, so früh als möglich gute Kontakte zu "Frontleuten" zu haben. Diese werden gezielt mit ausgesuchten Material gefüttert.
Unterstütze oder finanziere einen Filmemacher. Mach dir Frontleute zu deinen Verbündeten, rede mit ihnen auf Augenhöhe, benutze ihre Medienorgane als dein Sprachrohr, stifte Verwirrung, stelle dich als Opfer dar, stelle die Kompetenz anderer in Frage oder unterstelle einfach eine Abhängigkeiten zur Industrie. Je weniger deine Multiplikatoren selbst in der Lage sind deine Strategie zu durchschauen, desto erfolgreicher wirst du innerhalb der Seifenblase.
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Meine Meinungsäußerung
"Kompetenzinitiative": Adlkofer aufwerten auf Teufel komm raus
H. Lamarr , München, Sonntag, 27.02.2022, 15:45 (vor 1000 Tagen) @ H. Lamarr
Franz Adlkofer hat seine Niederlage im Streit mit der Süddeutschen noch immer nicht verdaut. Seine Geschichte vom Ende der deutschen Rechtsstaatlichkeit gibt es jetzt in einer Neuauflage als 3-teilige Miniserie. Wenn man sich überlegt, dass der Streit letztlich nur um die Bedeutung des 2-Buchstaben-Wörtchens "so" in einem fallspezifischen Kontext ging (ob "Reflex" so und nicht anders repliziert wurde), dann sind die rd. 35'700 Buchstaben, die Adlkofer allein für Teil 1 seiner Trilogie in Stellung bringt, eine eindrucksvolle Leistung im Zerreden eines Gerichtsurteils. Wer soll diesen Roman, abgesehen von dem Ex-Tabaklobbyisten, lesen und wozu? Das Urteil ist längst rechtskräftig.
Während seiner Zeit als Tabaklobbyist hat Franz Adlkofer gelernt: Fische und Riesenkalmare am Grund des Marianengrabens zu unterhalten bringt nicht viel, du musst die Öffentlichkeit in deinem Sinne mobilisieren. Adlkofer hat deshalb schon seit eh und je ein Faible für die Medien. So auch jetzt. Seine Miniserie, mit der er seine Niederlage gegen die Süddeutsche als Justizirrtum anprangert, sollte nicht auf der Website seiner Stiftung Pandora verstauben, sondern der Welt bekannt werden. Mit der Welt hat es zwar nicht geklappt, mit dem Tabalua-Rasa-Magazin hat Adlkofer aber immerhin ein Blatt für seine Zwecke akquirieren können, das eigenen Angaben zufolge 8'000 "Top-Leader" in Deutschland erreicht. Da ich kein Top-Leader bin, war mir das Magazin bislang völlig unbekannt.
Die sogenannte Kompetenzinitiative feiert in ihrem aktuellen Newsletter Adlkofers Treffer mit albernen Euphemismen, wie sie in den Echokammern und Führerbonkern der Anti-Mobilfunk-Szene zur Ermutigung der Insassen jedoch üblich sind:
In tabularasa, 1. Februar 2022, gibt einer der führenden Mobilfunk-Forscher, Franz Adlkofer, Einblick in gerichtliche Auseinandersetzungen um die renommierte europäische REFLEX-Studie.
Mit ihren absurden Behauptungen ist die KO-Ini nicht nur neben der Spur, sondern mMn ein einsamer Geisterfahrer.
Einen Link zu dem schwülstigen Erguss der KO-Ini setze ich nicht, da die "Kompetenzinitiative" alle Links ihres Newsletters nach wie vor über das Webmarketingportal Cleverreach leitet. Das weckt bei mir unangenehme Erinnerungen an den Diagnose-Funk-Schnüffelskandal. Ich halte mich zwar nicht für einen Datenschutzphobiker, möchte der KO-Ini mit der Preisgabe von Daten jedoch nicht zu Diensten sein.
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
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Strategie, Ko-Ini, Ex-Tabaklobbyist, Echokammer, EBI
Zweifel säen mit allem, was ihnen vor die Flinte kommt
KlaKla, Montag, 28.02.2022, 10:01 (vor 999 Tagen) @ H. Lamarr
Stopfgänsen muss du was bieten damit sie das Geschäftsmodell am Leben halten. Aufklärungsfilme, Webinare, Petitionen, Fallgeschichten, umstürzende Bäume im Funkgewitter, etc.
Diagnose-Funk: Die wichtigsten Themen unserer EBI sind die folgenden:
Gesundheit
Seit Jahren, in manchen Fällen seit Jahrzehnten, warnen Wissenschaftler vor den Folgen der Strahlenbelastung durch die Mobilfunktechnologie. Die NTP- und Ramazzini-Studien zeigten die Entwicklung von Krebserkrankungen bei Ratten und die von der EU finanzierte Reflex-Studie zeigte oxidativen Stress, der DNA-Schäden verursachen kann. Bei Handynutzern gibt es wissenschaftliche Belege für andere gesundheitliche Auswirkungen, wie z. B. Fruchtbarkeitsstörungen und Auswirkungen auf die Gehirnfunktion. (23.02.2022)
Über die Website von D-F aus Stuttgart verbreitet sich so etwas.
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Meine Meinungsäußerung
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Mobilfunkforschung vor Gericht: Teil 213
H. Lamarr , München, Dienstag, 14.06.2022, 13:40 (vor 893 Tagen) @ H. Lamarr
Franz Adlkofer hat seine Niederlage im Streit mit der Süddeutschen noch immer nicht verdaut. Seine Geschichte vom Ende der deutschen Rechtsstaatlichkeit gibt es jetzt in einer Neuauflage ...
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
Mobilfunkforschung vor Gericht: Teil 213
Schutti2, Mittwoch, 15.06.2022, 13:01 (vor 892 Tagen) @ H. Lamarr
"Gerichtliche Auseinandersetzung", zischen Professor Adlkofer und die Süddeutsche Zeitung