STOA-Kampagne: Klaus Buchner in Esoterik-Magazin gelandet (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Samstag, 06.08.2022, 02:21 (vor 839 Tagen) @ KlaKla

Es ist der neue Tiefpunkt im Wirken der deutschen Anti-Mobilfunk-Szene: Klaus Buchner versucht in einem obskuren Esoterik-Magazin mit Hilfe des Stoa-Berichts den Niedergang der Europäischen Bürgerinitiative "Stop 5G" aufzuhalten. Ein hoffnungsloses Unterfangen.

Das unentgeltlich alle zwei Monate abgegebene Blatt trägt den Namen KGS Berlin (Körper, Geist, Seele), hat eine verteilte Auflage von angeblich 12'000 Exemplaren (ungeprüft) und lebt zu 100 Prozent von Anzeigen aus der wundersamen Welt der Ratgeber, Heilsbringer, Coaches und was der Esoterikmarkt sonst noch zu bieten hat. Inhaltlich bringt KGS einer Selbstdarstellung zufolge Ereignisse, Termine und Veranstaltungen aus dem breiten Spektrum des gesundheitsbewussten und spirituellen Lebens in Berlin und Umland. Darauf soll der Ex-ÖDP-Chef angesprungen sein?

Ausgabe 7/8 von KGS Berlin widmet Klaus Buchner eine Doppelseite mit dem verstörenden Titel "Zahlreiche wissenschaftLiche Studien belegen die fatalen Folgen von 5G". Verstörend deshalb, weil 5G noch viel zu jung ist, um eine derart kühne Titelzeile fabrizieren zu können. Üblicherweise nennen die Artikel in dem 48-seitigen Heft einen Autor wie etwa Bianka Maria Seidl, die den Lesern zeigt "Wie wir in schwierigen Zeiten einen heilsamen und stärkenden Zugang zu unseren Ahnen finden", aber ausgerechnet der dramatische 5G-Artikel verrät mit nichts, wer ihn auf dem Gewissen hat. Der Text liest sich so, als ob ein Unbekannter einen jüngeren 5G-Vortrag Buchners mitschnitt oder sich aus dem www angelte und daraus den Artikel, möglicherweise ohne Wissen Buchners, zusammenmixte. Entsprechend seicht ist das, was den Lesern serviert wird. Eine Kostprobe:

Buchner: „STOA-Studie hat Tatsachen erhärtet“
„Meine Einschätzung der STOA-Studie ist, dass sie nichts wirklich Neues gebracht hat. Die Tatsachen waren Fachleuten bekannt, die STOA-Studie hat sie erhärtet“, so Buchner. Aber es sei wichtig gewesen, das dem Europäischen Parlament nahezubringen, auch wenn sich die Studie nur mit den mit 5G verbundenen karzinogenen und reproduktiven Entwicklungsrisiken beschäftigt habe. „Jetzt kann sich niemand mehr herausreden, er hätte nichts gewusst.“

Was soll man dazu nur sagen?!

Tatsachen sind von Natur aus hart, sie müssen nicht "erhärtet" werden wie ein Verdacht oder eine Mutmaßung. Und wenn Buchner meint, die Studie habe "nichts wirklich Neues gebracht, die Tatsachen seien Fachleuten [wie ihm :-)] bekannt gewesen", so ist dies trivial. Denn die Studie konnte schon vom Ansatz her nichts Neues bringen, da sie lediglich vorhandene Literatur einsammelte und aus Sicht der Autorin (tendenziös) bewertete.

Feine Desinformation (durch Weglassung) ist die formal richtige Behauptung, die Studie habe "sich nur mit den mit 5G verbundenen karzinogenen und reproduktiven Entwicklungsrisiken beschäftigt". Desinformation ist sie deshalb, weil Stoa nicht eine, sondern zwei Literaturstudien zu den Folgen von 5G in Auftrag gab. Eine untersuchte die Folgen für Menschen, die andere die Folgen für Wirbeltiere, Wirbellose und Pflanzen. Beide Studien wurden von Stoa annähernd zum selben Zeitpunkt präsentiert, organisierte Mobilfunkgegner stürzten sich jedoch ausschließlich auf die umstrittene Humanstudie, die jetzt als "die STOA-Studie" verwurstet wird, die qualitativ bessere Umweltstudie hingegen wurde und wird links liegen gelassen. Auch Buchner hat sie erkennbar nicht auf dem Schirm.

Wer glaubt, in der Mobilfunkdebatte mit Klaus Buchner punkten zu können, um sich vor dem argumentativen Ertrinken zu retten, greift nach einem Strohhalm. Denn der Münchener hat mit zahllosen unqualifizierten Einlassungen seinen Ruf in den Fachkreisen, die im Strahlenschutz etwas zu sagen haben, irreparabel geschädigt. Mir ist niemand bekannt, der ihn dort ernst nimmt und z.B. zu Gesprächen oder Kongressen einlädt. Buchner ficht dies nicht an, sein Publikum in der Debatte sind unbedarfte autoritätshörige Menschen, die von seinen akademischen Graden hingerissen sind und denen er mühelos weismachen könnte, Pfauenaugen wären in China eine exklusive Delikatesse, vergleichbar mit echtem Kaviar.

Bei seriösen Zeitschriften ist es verpönt (weil aufdringlich), in den redaktionellen Beitrag eines Anzeigenkunden eine Anzeige desselben zu schalten. Ein paar Pufferseiten trennen daher Beitrag und Anzeige. Nicht so bei KGS Berlin. Die Werbung für ein Buchner-Buch wurde ungeniert auf der zweiten Seite des Beitrags platziert, etikettiert als "Buchtipp". Aus meiner Sicht ein Verstoß gegen gute Sitten im Verlagswesen. Noch unseriöser: Von Kleinanzeigen abgesehen sind Anzeigen in dem Heft nicht klar als solche identifizierbar und so von redaktionellem Text unterscheidbar.

Hintergrund
Europäische Bürgerinitiative "Stop 5G"

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Buch, Buchner, Esoterik-Magazin, Kommerz, Zweifel säen, Europäischen Parlament


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