Bürgerwelle Schweiz: Falsch verbunden (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Mittwoch, 30.11.2016, 21:35 (vor 2913 Tagen) @ H. Lamarr

Am 8. Dezember entscheidet der Ständerat über die Lockerung der schweizer Anlagewerte (Motion 16.3007), die Bürgerwelle Schweiz in Gestalt von Peter Schlegel hat dazu kurz vor der Entscheidung jedoch nichts zu sagen. Warum nicht? Weil Herr Schlegel schon am 14. April 2016 Ständerat Ruedi Noser persönlich angeschrieben hat, mit einem – was sonst – offenen Brief. Da muss Schlegel etwas durcheinander gebracht haben, denn erstbehandelnder Rat war im Juni 2016 der Nationalrat, nicht der Ständerat. Da die Motion bereits dort hätte scheitern können, ist das Schreiben an einen Ständerat (statt Nationalrat) richten eher irritierend und vielleicht mit ein Grund, warum Noser Schlegel nicht erhört hat. Ein anderer Grund könnte in der kraftlosen Bla-Bla-Argumentation Schlegels stecken. Hier zwei Beispiele:

In der ersten Beilage finden Sie als Beispiel die Ergebnisse einer offiziellen Messreihe in Deutschland, die Ihnen zeigt, dass auch in Deutschland unser Anlagegrenzwert von 6 V/m fast immer eingehalten wäre, wenn er dort gälte. Gleiches kann auch den überall in Deutschland verteilten Messstellen der Bundesnetzagentur entnommen werden. Deren Ergebnisse sind jedermann zugänglich unter http://emf2.bundesnetzagentur.de/karte/default.aspx. Auch meine eigenen Messungen, die ich in Deutschland machte, zeigten praktisch immer dasselbe.
Wir sind also keineswegs besser geschützt als die Menschen in Deutschland und in anderen Ländern.

Da muss man erstmal drauf kommen: Nur weil Deutschland (derzeit) seine Grenzwerte nicht voll ausschöpft, sind die Schweizer nicht besser geschützt als die Deutschen? Hallo, Herr Schlegel, geht's noch? Könnten Sie sich eventuell vorstellen, dass in den kommenden 1000 Jahren die EMF-Immissionen eine Entwicklung in Richtung der ICNIRP-Grenzwerte nehmen können, z.B. durch häusliche Pflegeroboter, deren Akkus ständig induktiv geladen werden müssen, damit die Androiden schwere Jungs und leichte Mädchen aus dem Bett heben können? Bei den HF-Immissionen könnten Sie einmal selbst Ihre Fantasie spielen lassen, welche Innovationen der Spielraum bei den ICNIRP-Grenzwerten zulässt. Sie wissen ja: ICNIRP-Grenzwerte sind nicht nach Bauch gefühlt ungefährlich, sondern nach wissenschaftlichen Kriterien objektiv ungefährlich. Solange nicht Sie aufkreuzen, subjektive Ängste schüren und so den Opfergenerator anwerfen, von dem Sie leben. Und sollte doch mal etwas mit den EMF-Grenzwerten sein, nun, dann werden die eben (wieder) angepasst, wie dies bei anderen Grenzwerten schon seit anno Tobak gemacht wird und wie dies mit Einführung der ICNIRP-Grenzwerte 1998 in Deutschland der Fall war. Vor 1998 galten bei uns höhere Werte, die Senkung verlief völlig geräuschlos.

[...] in Deutschland wie anderswo leiden seit vielen Jahren zahllose Menschen unter Antennenstrahlung, dies teils massiv. Zahllose Bürgerinitiativen wurden deshalb gegründet. Gerichtsprozesse wurden geführt. Warnende Appelle von Wissenschaftlern und Ärzten wurden erlassen.

Soso, zahllose ... Das hätten Sie gerne, Herr Schlegel. Die Realität sieht völlig anders aus: Der Verein für Elektrosensible in München, der mit Abstand größte von vielleicht drei bis fünf Vereinen dieser Art, hat nicht zahllose Mitglieder, sondern 145 (nach jüngstem Stand November 2016). Also hören Sie bitte auf, den Stuss von zahllosen "Mobilfunkopfern" zu verbreiten, Sendemastenphobie ist und bleibt eine sehr seltene Erkrankung, so selten, dass es noch nicht einmal speziell ausgebildete Psychotherapeuten zur Therapie gibt. Doch daran wird gearbeitet, zumindest in Deutschland. Gedulden Sie sich noch zwei, drei Jahre.

Das Märchen von den zahllosen Bürgerinitiativen erwies sich schon vor zehn Jahren als Lüge und bei den "Gerichtsprozessen" sollten Sie erwähnen, dass ein bekannter Elektrosensibler leer ausgegangen ist, weil ihm arglistige Täuschung nachgewiesen werden konnte. Bleiben noch die Appelle wissenschaftlicher und medizinischer Außenseiter, die sowieso niemand ernst nimmt. Wenn Sie dazu Genaueres wissen möchten, das IZgMF-Forum hat eine Fülle von Material, z.B. hier über einen Ärzteappell, der ziemlich dumm gelaufen ist. Ich schätze es gibt noch mindestens 100 ähnlich eindrucksvolle Suchtreffer.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Scharlatan, Falschmeldung, Schlegel, wirkungslos, Mobilfunkopfer


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