Die Wutbürger (Allgemein)

Eva Weber, Montag, 18.10.2010, 15:42 (vor 4911 Tagen) @ AnKa

Im heutigen SPIEGEL (#41 v. 11.10.10) ist ein ausgezeichneter Essay über die neueste sogenannte Protestkultur in Deutschland zu lesen. Titel: "Der Wutbürger". Ich finde, es ist ein überragend hellsichtiger Beitrag. Leider kann man ihn derzeit nicht verlinken.

Stuttgart 21."

"Der Wutbürger macht nicht mehr mit, er will nicht mehr. Er hat genug vom Streit der Parteien, von Entscheidungen, die er nicht versteht und die ihm unzureichend erklärt werden. (...) Der Wutbürger verteidigt zwar das christliche Abendland, geht aber nicht in die Kirche. (...) Was wird aus meinem Land, ist eine Frage, die sich Bürger stellen. Was wird aus mir, ist die Frage, die sich Wutbürger stellen."

Ganz abgesehen davon, dass das Wort "Wutbürger" für mich wieder so eine blödsinnige Wortschöpfung ist, wie der "Gutmensch", der ja hier schon ausgiebig behandelt wurde. http://www.izgmf.de/scripts/forum/index.php?id=40691

"Der Wutbürger verteidigt zwar das christliche Abendland, geht aber nicht in die Kirche." Wie könnte der Autor das meinen?

Einer der nicht in die Kirche geht, hat nicht das Recht das christliche Abendland zu verteidigen?

Oder, da relativ wenige Bürger tatsächlich in die Kirche gehen oder nur unregelmäßig, sind sie den Wutbürgern zuzuordnen?

"Was wird aus meinem Land ist die Frage, die sich Bürger stellen. Was wird aus mir, ist die Frage, die sich Wutbürger stellen."

Meint er das grundgesetzlich verankerte Demonstrationsrecht, entstanden aus bittersten Erfahrungen, ist nur Bürgern zugestanden, die sich ausschließlich für ihr Land, also Deutschland einsetzen? Tausende von Quelle-Angestellten gingen z.B. auf die Straße. Sie erlaubten sich die Frage: "Was wird aus mir, aus meiner Familie?" Wutbürger? Denn sie fragten sicher nicht, was aus Deutschland wird.

Oder ist nur der als Bürger anzusehen, dem stets alles Recht ist?
Denn wenn er mit Dingen nicht einverstanden ist und evtl. dies öffentlich, wie grundgesetzlich verankert, kundtut, ist er ein "Wutbürger"?

Ähnlichkeiten mit tatsächlich existierenden Zeitgenossen, die in Leserbriefen gegen Sendemasten wüten, sind wohl nicht rein zufällig. Sie drängen sich geradezu auf.

Ähnlichkeiten mit tatsächlich existierenden Zeitgenossen! Was heißt das im Klartext? Der Wutbürger ist bis jetzt gar nicht real, tatsächlich existieren nur einige Exemplare davon, Leserbriefschreiber die gegen Sendemasten sind. Und das fällt Ihnen auf, ja es drängt sich Ihnen sogar geradezu auf?

Sind Sie vielleicht jemand, der gegen Demonstrationsrecht und Pressefreiheit ist und allseits nur brave Bürger fordert?

Eva Weber

Tags:
Wutbürgertum, Pressefreiheit, Demonstrationsrecht


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