Das dunkle Geheimnis der Eva W. (Elektrosensibilität)
Die Frühzeit von Eva W.s Karriere als Mobilfunkgegnerin liegt im Dunkeln. Bei Gigaherz wurde sie erstmals am 6. Dezember 2006 aktenkundig als Elisabeth Buchs den berühmt-berüchtigten Brief der Münchenerin vom 3. Dezember 2006 an den Präsidenten des Bundesamts für Strahlenschutz ins Gigaherz-Forum einstellte.
Bei der seinerzeit noch lebendigen Bürgerwelle hat Frau W. keine nennenswerten Spuren hinterlassen.
Dafür, dass Frau W. bereits vor dem Dezember 2006 in der Szene aktiv war, gibt es im www nur zwei Belege:
- Am 18. März 2005 schrieb W. für das (rote) Kasuistikenheftchen von Dr. med. C. Waldmann Selsam eine Fallschilderung, die allerdings im April 2005 nicht in die erste Auflage des Heftchens einfloss, sondern erst ab der Auflage vom September 2007 zu finden ist.
- Am 22. Oktober 2005 trat sie auf einer "Ärztetagung" auf, die von den üblichen Verdächtigen in Fürth arrangiert worden war.
Was W. auf der "Ärztetagung" sagte, ist u.a. in diesem PDF überliefert. Die wichtigsten Passagen daraus lauten:
Ich bin 65 Jahre alt. [...]
Ab Mitte Dezember 2004 bekam ich plötzlich immer größere gesundheitliche Probleme [...]
Die Suche nach einem besseren Schlafplatz im Haus war erfolglos. Ich hatte überall die gleichen Beschwerden.[...]
Die in etwa 110 Metern Entfernung von meinem Haus stehende Mobilfunkantenne – die sich dort seit dem Jahr 2000 befand – hatte ich nicht beachtet, [...]
Ende Januar 2005 erfuhr ich, dass diese GSM-Antenne Mitte September 2004 um UMTS erweitert worden war. [...]
Wer W.s Fallschilderung vom März und ihre Darstellung vom Oktober vergleicht, wird auf einige bemerkenswerte Abweichungen stoßen. So kann sie sich nicht entscheiden, ob "ihr" Mobilfunkmast (Von-Kahr-Straße 61) nun seit 2000 oder seit 2001 existiert.
Glaubt man der Schilderung von W., hat sie seit Dezember 2004 gesundheitliche Probleme und führt diese ab Januar 2005 auf die Mitte September 2004 stattgefundene UMTS-Erweiterung eines seit 2000/2001 vorhandenen GSM-Mobilfunkmasten zurück.
Doch an dieser Schilderung kann etwas nicht stimmen.
Denn schon am 29. Juli 2004 veranstaltete Franz T. in München-Allach, nur 30 Gehminuten von Frau W. entfernt, eine Demonstration gegen einen Sendemasten (Bild). Meine Frau war damals in dem Aktionsbündnis Funkpause aktiv und kannte Frau W. ihrer Erinnerung nach von deren Besuch auf dem Stand der Funkpause anlässlich des Streetlife-Frühjahrsfestivals im Juni 2004. Als meine Frau und ich auf dem Weg zu T.s Demo waren, trafen wir kurz vor dem Ziel auf Frau W., die in Begleitung von zwei Frauen ebenfalls der Demo zustrebte. In einer der beiden Frauen meint meine Frau eine in Münchener Anti-Mobilfunk-Kreisen bekannte EHS erkannt zu haben, beschwören möchte sie dies jedoch nicht. Fakt ist: W. war am 29. Juli 2004 als Besucherin auf T.s Anti-Mobilfunk-Veranstaltung [Berichtigung beachten!, Admin]. Eigenen Angaben zufolge will sie jedoch erst im Januar 2005 erstmals den Verdacht gehabt haben, Mobilfunk sei an ihrem Leiden schuld.
Demonstration vom 29.07.2004 gegen Mobilfunk-Sendemast in München-Allach
Foto: IZgMF
Und auch diese Frage muss erlaubt sein: Wie kommt es, dass Frau W. den GSM-Funkmast zwischen drei und vier Jahre gänzlich folgenlos für ihr Befinden bis Mitte Dezember 2004 ertragen konnte, danach aber auf sämtliche neuen Funkdienste (UMTS, LTE1800, W-Lan, LTE900) äußerst heftig reagierte? Auf diese Frage gibt es diverse spekulative Antworten, das Gros davon ist unglaubwürdig und dem Reich der pseudowissenschaftlichen Esoterik zuzuordnen. Meine Antwort ist: Frau W. hat den "Elektrosensiblen"-Zug bei GSM verpasst und die Chance genutzt, bei der Haltestelle UMTS aufzuspringen. Damals hat sie sich keine Gedanken darüber gemacht, wie sie erklären könnte, warum sie nicht auch schon auf GSM reagierte. Wozu auch, eine plausible Erklärung dafür gibt es ohnehin nicht.
--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –