Kresse-Experiment: Mit besten Grüßen von Franz Adlkofer (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Freitag, 24.05.2013, 15:20 (vor 4160 Tagen)

Mobilfunkgegner sind schon arm dran. Weil die wissenschaftliche Forschung nicht so recht Alarm schlagen will, müssen ersatzweise Schülerexperimente das gähnende Loch im Forschungsstand der Mobilfunkgegnerei auffüllen.

Ergo verbreitet zur Zeit ein hinreichend bekannter Anti-Mobilfunk-Dummbatz die jüngste "Schülerstudie" in allen ihm erreichbaren Verlautbarungsplattformen.

Es geht um Großes, nämlich um das Wachstum von Kresse unter Einwirkung eines Funkfelds (W-LAN).

Doch neu ist das nicht. Bereits 2006 hatten zwei junge Nürnberger erstmals die Idee, bei Jugend forscht mit einem Kresse-Experiment zu punkten. Ich habe mir damals das Original der Arbeit von den Jungs schicken lassen und staunte über deren sorgfältige Arbeit. Doch was immer es war, warum bei ihnen die eine Kresse kümmerte, die andere nicht - am Funkfeld kann es wegen eines kapitalen Designfehlers nicht gelegen haben.

Eine Replikation auf einem Fensterbrett von Franz' Haus (unser Franz, nicht der Zigaretten-Franze) scheiterte im Rahmen einer Hausfrau-forscht-Studie. Ob mit oder ohne DECT-Befeldung: die Kresse wucherte.

Die jüngste Kresse-Studie, die unser Dummbatz herumreicht als wäre sie die erste und von einem Nobelpreisträger durchgeführt, kommt aus Dänemark und hat in nennenswerten deutschen Medien nicht einen einzigen Niederschlag gefunden. Alfred T. musste schon tief schürfen und sich diese "Studie" aus Facebook angeln, wo sie im Kreis lieber Mitstreiter bebrütet wird. Weder auf das eine noch auf das andere mag ich jedoch verlinken, es ist nur Eingedeutschtes aus dieser (englischsprachigen) Quelle.

Mit etwas Sucherei in dänischen Quellen konnte ich dann das Original-Poster finden (PDF, 1 Seite), mit dem die Schülerinnen ihre Arbeit dokumentiert haben.

Nun kann ich zwar kein Wort dänisch, eines aber ist mir sofort aufgefallen, nämlich das folgende Bild in dem Poster (der Screenshot zeigt nur einen Ausschnitt des handtuchgroßen Posters):

[image]

Moment mal, da war doch was, dieses Bild hatte ich doch schon einmal gesehen. Aber wo? Ich hatte da einen Verdacht, der sich bestätigen sollte:

[image]

Das Foto stammt aus einer frühen (2004) Präsentation der Reflex-Forschungsergebnisse (PDF, 16 Seiten, deutsch) durch den Studienkoordinator Dr. Franz Adlkofer. Wie es den Weg vom IZgMF in die Dokumentation der Schülerstudie nach Dänemark fand, können uns nur die Mädels sagen. Mir reicht schon der Zusammenhang, dass die Mädels offenkundig nicht ergebnisoffen, sondern "bestens informiert" an den Start gingen. Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Versuch halte ich daher für unnötig, es ist eine nette Schülerarbeit, die augenscheinlich von örtlichen Mobilfunkgegnern/Profiteuren initiiert wurde (ähnlich wie hierzulande eine Schülerstudie mit Mehlwürmern), die aber keine Ambitionen auf wissenschaftliche Hieb- und Stichfestigkeit zeigt, auch wenn unser Alfred sich noch so dick aufplustert.

Absurd finde ich, dass Olle Johansson der englischsprachigen Meldung zufolge mit einer belgischen Kollegin eine Replikation der Arbeit unter Laborbedingungen plant. Olle ist in Schweden anscheinend auf den Elefantenfriedhof abgeschoben worden, dass er sich jetzt schon mit "Kinderkram" beschäftigen muss. Hinzu kommt: Jeder andere Forscher wäre mMn dafür besser geeignet als Olle. Warum? Weil der Schwede restlos verbraucht ist, jeder weiß, dass Olle fest an eine Schadwirkung von Funkfeldern und an "Elektrosensibilität" glaubt, wissenschaftlich sauber objektivieren konnte er seinen Glauben jedoch nie.

Warum macht Alfred um diesen Kinderkram aus Dänemark überhaupt so viel Wind? Ich könnte mir gut vorstellen, das hängt mit dem FunkySchool-Projekt von Diagnose-Funk zusammen. Denn auch darin wird Schülern ein dilettantischer Kresse-Versuch vorgeschlagen. Das Funky School-Projekt hat so viele Mängel, dass es derzeit verzweifelt ums Überleben kämpft. Da kommt die vermeintliche Entlastung aus Dänemarkt gerade recht, ein Kresse-Versuch, den sogar ein Wissenschaftler von der "renommierten" Karolinska-Uni in Schweden wiederholen will. Damit kann man schon hausieren gehen. "Renommiert" steht übrigens im Original nicht drin, Wichtigtuer Alfred hat es eingefügt.

Ich gehe davon aus, dass die wissenschaftliche Replikation des Kresse-Versuchs dem "Mastbruch-Effekt" zum Opfer fallen wird. Mastbruch-Effekt bedeutet: Ein Projekt wird PR-mäßig von Mobilfunkgegnern ganz groß angekündigt und klingt später ganz leise und unauffällig aus, wenn die erhofften Ergebnisse ausgeblieben sind.

Hintergrund
Original-Bericht der Schülerinnen: "Undersøgelse af non-termiske effekter af mobilstråling" (Untersuchung von nicht-thermischen Effekte der Mobilfunkstrahlung), PDF, 14 Seiten, dänisch

[Admin: Postingtitel am 12.12.17 um "Adlkofer" ergänzt]

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Adlkofer, Nobelpreis, Ausland, Jugend forscht, Karolinska-Institut, Kresse-Experiment, FunkySchool, Dummbatz, Elefanten, Dänemark


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