Webersche Zitierhilfe Teil 2 (Allgemein)

Ex-Mobilfunker, Montag, 19.07.2010, 20:46 (vor 5022 Tagen) @ Eva Weber

2. Die Funktion des Zitats

Ein wesentliches Merkmal des wissenschaftlichen Arbeitens ist also die Bezugnahme von Texten aufeinander. Wissenschaftliche Texte werden stets im Kontext anderer Veröffentlichungen produziert und rezipiert. Ihre Wissenschaftlichkeit wird häufig daran gemessen, inwieweit der Verfasser die einschlägige Literatur kritisch verarbeitet und dargestellt hat. Das Zitat erlaubt es, die Urheberschaft von Ideen zu überprüfen. Damit ist es Ausweis von Wissenschaftlichkeit.

Eco (1993) unterscheidet zwei Formen des Zitierens, zum einen die Auseinandersetzung mit und Interpretation des Zitates, zum anderen die Unterstützung der eigenen Argumentation durch das Zitat.

Bei der Auseinandersetzung mit Quellen und ihrer Interpretation handelt es sich um Erkenntnisse, auf die man selbst nicht gekommen wäre oder auf denen eigene Gedanken aufbauen. Deshalb sind diese Quellen anzugeben. Bei der Unterstützung der eigenen Argumente muß der Autor nachweisen, daß sein Aussagen haltbar sind. Aus diesem Grund muß er dem Leser Zugang zu seinen Quellen eröffnen, die er zusammen mit dem Zitat angibt:

"Zitieren ist wie in einem Prozeß etwas unter Beweis stellen. Ihr müßt Zeugen immer beibringen und den Nachweis erbringen können, daß sie glaubwürdig sind. Darum muß die Verweisung genau sein (man zitiert keinen Autor, ohne das Buch und die Seite des Zitats anzugeben), und sie muß von jedermann kontrolliert werden können."
(Eco 1993, S. 204 Regel 10)

Durch das Zitat knüpft der wissenschaftlich Arbeitende an bisher erarbeitetes an. Damit beruft er sich zugleich auf einen "Zeugen" bzw. eine Autorität, nämlich den Wissenschaftler oder die Person oder das Medium, den/die/das er zitiert. Neben der Autorität gibt es noch andere Gründe für die Bezugnahme (Schulenbildung, positive und negative Wertung, Selbstmanagement). Diese komplexen Beziehungen werden von Jakobs (1993, 1994) dargestellt.

Literatur:
•Eco, Umberto (1993): Wie man eine wissenschaftliche Abschlußarbeit schreibt. 6. Auflage. Heidelberg: C. F. Müller.
•Jakobs, Eva-Maria (1994): Conceptsymbols. Funktion von Zitaten und Verweisung im wissenschaftlichen Diskurs. In: Halwachs, Dieter W./Stützt, Irmgard (Hrsg. 1994): Sprache - Sprechen - Handeln. Akten des 28. Linguistischen Kolloquiums, Graz 1993. Tübingen: Niemeyer. S. 45 - 52.


3. 10 Regeln für das Zitieren

Eco hat zehn Regeln für das Zitieren aufgestellt, die zehnte haben Sie bereits als Zitat gelesen. Die übrigen neun werden nun kurz vorgestellt.

Regel 1 legt fest, daß ausführlich zu zitieren ist (Eco 1993, S. 197). Das Zitat muß eine angemessene Länge haben, um den Sinn und den Zusammenhang beurteilen zu können, in dem sie steht.

Regel 2 bezieht sich auf Sekundärliteratur. Diese ist nur zu zitieren, wenn sie besonderes Gewicht hat (Eco 1993, S. 197f). Primärquellen sind bevorzugt heranzuziehen und zu zitieren.
Sekundärquellen sollen nur gebracht werden, wenn sie eine besondere oder abweichende Meinung vertreten.
Der Grund steht in

Regel 3, die lautet: Zitieren heißt die Meinung des Autors teilen (Eco 1993, S. 198). Das heißt, durch das Zitieren schließt man sich der Meinung an, auf die man sich beruft. Aus diesem Grund muß wohl überlegt werden, ob ein Zitat angeführt wird.

Regel 4 besagt, dass im Zitat der Autor und die Quelle genannt werden (Eco 1993, S. 198). Dabei soll nur nach kritischen oder anerkannten Ausgaben zitiert werden, wie Regel 5 besagt (Eco 1993, S. 198f).

Laut Regel 6 sind fremdsprachige Autoren in der Originalsprache zu zitieren (Eco 1993, S. 199f).

Regel 7 besagt, daß bei einem Zitat klar erkennbar sein muß, daß es sich auf einen anderen Autoren und ein anderes Werk als das des Verfassers bezieht und auf diese verweisen.

Regel 8 behandelt das Einfügen des Zitates in den Text: wenn das Zitat bis zu drei Zeilen lang ist, wird es in den fortlaufenden Text eingebaut und durch Anführungszeichen gekennzeichnet; längere Zitate werden durch eingerücktes und engzeiliges Schreiben gekennzeichnet (Eco 1993, S. 201f).

Regel 9 bestimmt, daß Zitate wortgetreu sein müssen. Das heißt, sie sind Wort für Wort zu übernehmen. Dabei sind Fehler im Original durch die Einfügung [sic] als solche zu kennzeichnen, Auslassungen durch [...], eigene Kommentare und Hervorhebungen in eckigen Klammer zu erläutern (Eco 1993, S. 202-204).

Regel 10: Eine Beweisführung kann am besten durch glaubwürdige "Zeugen" untermauert werden. Dazu gehört, dass genau und nachprüfbar zitiert wird (Eco 1993, S. 204).

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