Faktencheck 06: ICNIRP-Vorsitzender schlägt Alarm (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Sonntag, 15.12.2019, 20:25 (vor 1556 Tagen) @ H. Lamarr

Der Australier Dr. Mike Repacholi galt quasi als Kronzeuge der Mobilfunkkritiker, weil er in seiner 1995 veröffentlichten Studie bei Mäusen, die der Handystrahlung ausgesetzt wurden, eine vermehrte Krebsentwicklung gesehen hatte. Nun saß der Mann bei der WHO und stellte seine Studie infrage, betrieb quasi War-Gaming an sich selbst.

Wenn "Radiation Research" Mike Repacholis Studie im Mai 1997 veröffentlichte (nicht 1995) und allein die Befeldung der Mäuse 18 Monate dauerte, muss Repacholi spätestens Ende 1995 mit dem experimentellen Teil seiner Studie begonnen haben. Zuvor muss die Idee der Studie zu einem ausdiskutierten Studiendesign gereift und die Finanzierung in trockene Tücher gebracht worden sein. Der Beginn der Studie dürfte daher gut und gerne bis Anfang 1995 oder sogar bis 1994 zurück reichen.

Warum ist das von Bedeutung?

Weil Mike Repacholi bis 1996 erster Vorsitzender der 1992 gegründeten ICNIRP war! Das muss man sich in Ruhe auf der Zunge zergehen lassen: Der erste ICNIRP-Vorsitzende startet mitten während seiner Amtszeit eine Studie, die 1997 mit dem viel zitierten öffentlich hörbaren Knall endet, Mobilfunk führe bei Mäusen zu Krebs.

Glaubt man Scheidsteger und seinen Gesinnungsfreunden, kann das, was damals passierte, jedoch gar nicht passiert sein, denn in den Kreisen des Filmemachers gilt ICNIRP als Handlanger "der Industrie", dessen Aufgabe es ist, jegliche gesundheitlichen Risiken von Mobilfunkfeldern zu leugnen. Ausgenommen von dieser Pauschalverdächtigung, die zu keiner Zeit mit belastbaren Fakten belegt wurde, ist allein die unstreitig schädliche Wärmewirkung von EMF oberhalb der 1998 definierten ICNIRP-Grenzwerte. Welche bestechende Logik dem Umstand innewohnt, dass ausgerechnet der Vorsitzende eines angeblich im Dienst der Mobilfunkindustrie stehenden korrupten Vereins eine Alarmstudie zulasten des Mobilfunks publiziert (statt diese verschwinden zu lassen), das mag jeder für sich beurteilen.

Vater aller ICNIRP-Hasser war der 2003 verstorbene Neuseeländer Dr. Neil Cherry. Er verbiss sich ab 1999 als Erster in ICNIRPs Wade und brachte mehrere Papiere hervor, in denen er ICNIRP der Industrienähe und der Vertuschung von Gesundheitsrisiken beschuldigte. In Kreisen der Wissenschaft nahm niemand Notiz von den Anwürfen, auch ICNIRP schwieg dazu. Laienhafte Mobilfunkgegner in aller Welt aber griffen Cherrys Anschuldigungen begeistert auf und verbreiteten sie über ihre Netzwerke bis ins letzte Dorf. Seither hat das Genörgel von Mobilfunkgegnern an ICNIRP nicht mehr aufgehört, begnügt sich jedoch mit dem Kolportieren von Vermutungen, Verdächtigungen und unbelegten Tatsachenbehauptungen. Im März 2019 reihte sich das sogenannte Journalistennetzwerk "Investigate Europe" in die Front der Kolporteure ein, freilich ohne etwas zu berichten, was in der Anti-Mobilfunk-Szene nicht schon zuvor kursierte. Wer exklusiv Gerüchte in der Anti-Mobilfunk-Szene investigiert kann per se keine besseren Resultate hervorbringen.

Hintergrund
Neil Cherry publizierte an der Wissenschaft vorbei

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Repacholi, Irreführung, Cherry, Scheidsteger, Kolportage, ICNIRP-Kritiker, Korruptionsvorwurf, Investigate Europe, ICNIRP-Mitglied


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