Chronik der EWSA-Stellungnahme zu "Elektrosensibilität" (I) (Elektrosensibilität)
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Die Vorgeschichte der EWSA-Stellungnahme zu "Elektrosensibilität" ist hier nachzulesen.
7. Januar 2015 - Fachgruppe TEN verabschiedet Entwurf
- Die Fachgruppe TEN (Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft) verabschiedet den von der Studiengruppe erarbeiteten Entwurf der Stellungnahme zu Elektrosensibilität. Dieser Entwurf ist das Papier, das am 21. Januar 2015 auf der 504. Plenarversammlung des EWSA verabschiedet werden soll.
21. Januar 2015 - Plenarversammlung
- 1) Ausschussmitglied Jorge Pegado-Liz vermisst in dem Entwurf der Fachgruppe TEN einen Hinweis, dass es durchaus technische Möglichkeiten für eine geringere Exposition gegenüber elektromagnetischen Feldern gäbe. Er möchte die neue Ziffer 8.7 in dem Entwurf sehen mit dem Text:
Erwogen werden sollten auch Maßnahmen in Bezug auf die individuelle Nutzung von Mobiltelefonen, Schnurlostelefonen ohne "Full Eco Mode", WLAN-Netze vom Typ "WiLAN und WIMAC" für Computer und andere Schnurlosgeräte wie Babyfone, wie sie bereits in bestimmten europäischen Ländern ergriffen wurden. Wie der Ausschuss bereits dargelegt hat, sollten diese Geräte im Normalzustand nicht mit dem WLAN-Netz verbunden sein, sondern die Verbindung sollte erst dann aufgebaut werden, wenn das Gerät wirklich benutzt wird.
- 2) Pegado-Liz möchte die organisierte Zivilgesellschaft in all ihren Formen ermuntern, von der Europäischen Bürgerinitiative Gebrauch zu machen, und schlägt deshalb vor, Ziffer 7.6. wie folgt neu zu fassen:
In der Europäischen Union laufen über verschiedene Verbände in mehreren Mitgliedstaaten Bemühungen, eine Europäische Bürgerinitiative (EBI) einzuleiten, um die EU dazu zu bewegen, den Schutz der unter Elektrosensitivität leidenden Personen in ihren Rechtsvorschriften zu verankern, sodass Elektrosensitivität als Behinderung und Umwelterkrankung anerkannt werden kann. Der Ausschuss hofft auf die Vorlage der EBI und ermutigt die zivilgesellschaftlichen Gruppen, von diesem Partizipationsinstrument im Hinblick auf eine offene und transparente Beteiligung an der Gestaltung der EU-Politik in den einzelnen Bereichen Gebrauch zu machen.
- 3) Und noch einmal meldet sich Pegado-Liz zu Wort. Ziffer 1.3 im TEN-Entwurf solle geändert werden in:
In Anbetracht der großen Uneinigkeit unter Wissenschaftlern sowie möglicher Interessenkonflikte bei den Mitgliedern der wissenschaftlichen Einrichtungen, die an der Festlegung der Grenzwerte beteiligt sind, ist es notwendig, die Unabhängigkeit dieser Einrichtungen, die an der Festlegung von Grenzwerten beteiligt sind, sicherzustellen.
Begründung: Diesen Standpunkt habe der EWSA in den anderen Stellungnahmen vertreten, in denen das Thema der Exposition von Arbeitnehmern gegenüber elektromagnetischen Feldern behandelt wurde.
- 4) Der letzte Änderungsantrag Jorge Pegado-Liz' gilt Ziffer 1.1 im TEN-Entwurf. Dort will Pegado-Liz deutlicher machen, dass - aus seiner Sicht - immer mehr Menschen von Elektrosensitivität betroffen und im Alltag mit Problemen bei der Nutzung öffentlicher Räume und Dienstleistungen konfrontiert sind. Sein Textvorschlag für Ziffer 1.1 lautet:
Infolge der Verbreitung der einschlägigen Technologien in den letzten Jahren leiden immer mehr Menschen an Elektrosensitivität, einem durch die Exposition gegenüber elektromagnetischen Feldern (EMF) verursachten Syndrom. Die Betroffenen, deren Zahl weiter zunimmt, sind oft nicht nur mit gesundheitlichen Problemen konfrontiert, sondern auch mit Schwierigkeiten beim Betreten zahlreicher öffentlicher und privater Räume (Bibliotheken, Krankenhäuser, sogar öffentliche Verkehrsmittel), vor allem in Gebäuden mit WLAN-Geräten.
Spätestens jetzt ist klar, wo der Portugiese einzuordnen ist.
- 5) Ausschussmitglied Reet Teder beantragt Ziffer 1.5 im TEN-Entwurf zu ändern in:
Die EU sollte den derzeit betroffenen Gruppen zur Hilfe kommen und im Einklang mit den in dieser Stellungnahme vorgetragenen Empfehlungen vor allem diese Art der Exposition als Ursache für funktionale Einschränkungen und Umwelterkrankungen anerkennen.
Teder begründet ihren Antrag damit, die Forderung nach einer Eingrenzung der Expositionsbereiche würde die weitere Nutzung von Computern, Mobiltelefonen und Smartphones sowie anderer Geräte einschränken. Dies bedeute gleichzeitig, dass die weitere Verbreitung von Geräten, die Technologien nutzen, behindert würde. Eine solche Forderung sei völlig unverhältnismäßig, verstoße gegen den Grundsatz der Angemessenheit und stehe im Widerspruch zu zahlreichen früheren Stellungnahmen des EWSA.
Mit der gleichen Begründung beantragt Teder die Änderung von Ziffer 8.1.1 im TEN-Entwurf in:
Nach Meinung des Ausschusses sollten die EU-Institutionen den derzeit Betroffenen helfen. Ferner sollten als Sofortmaßnahme elektrosmogfreie Zonen für die am stärksten von der Erkrankung Betroffenen eingerichtet werden.
- 6) Reet Teder beantragt weiter, Ziffer 1.2 ersatzlos zu streichen. Es stünde den Ausschussmitgliedern nicht zu, die Tätigkeit der Ärzte und mögliche Diagnosen zu beurteilen. Dafür fehle es an Grundlage, Wissen und Zuständigkeit. Mit der gleichen Begründung beantragt sie die Änderung von Ziffer 2.8 in:
Von diesem Syndrom sind immer mehr Personen betroffen. Umso wichtiger ist es, durch geeignete Maßnahmen zu verhindern, dass die Zahl der Betroffenen steigt und dass die Betroffenen sozial ausgegrenzt werden.
- 7) Weiter beantragt Teder den TEN-Entwurf Ziffer 8.2.3 wie folgt zu entschärfen:
Die am stärksten verletzlichen Gruppen sollten durch geeignete Vorschriften für Werbung und Verbraucherschutz besser geschützt werden, beispielsweise:
- Regulierung der Nutzung von Drahtlos-Technologien in Bildungseinrichtungen (WLAN, Mobilfunk, DECT usw.) und bspw. Einsatz von kabelgebundener Übertragungstechniken sowie Begrenzung des Gebrauchs von Mobiltelefonen im Unterricht sowie in von jeder Schule festzulegenden Räumen;
- Empfehlung, im Lieferumfang von Mobiltelefonen Zubehör zum Schutz vor Strahlenbelastung des Kopfes vorzusehen.
In ihrer Begründung führt Reet Teder u.a. aus, ein Totalverbot von Werbung wäre eine völlig unverhältnismäßige Maßnahme. Auch Jugendliche hätten das Recht, über neue Produkte und Kommunikationsmöglichkeiten informiert zu werden.
- 8) Jetzt meldet sich Ausschussmitglied Richard Adams zu Wort. Im Namen von 17 weiteren EWSA-Mitgliedern beantragt er den TEN-Entwurf samt Änderungen zu verwerfen und legt den Entwurf einer Gegenstellungnahme vor. Adams begründet dies damit, im Entwurf der Fachgruppe würden viele Behauptungen als Fakten genannt, ohne dass sie durch ausreichende Belege untermauert wären. Ziel der Gegenstellungnahme sei es, dies zu berichtigen und die Meinungen der Wissenschaftsgemeinschaft und der Aktivistengruppen ausgewogen wiederzugeben.
- 9) Die Plenarversammlung des EWSA nimmt die Gegenstellungnahme ohne Änderungen mit 136 gegen 110 Stimmen bei 19 Enthaltungen an.
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
gesamter Thread:
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