Forschung hin, Statistik her - Teil3 (Elektrosensibilität)

Siegfried Zwerenz, Sonntag, 09.11.2008, 19:27 (vor 5716 Tagen) @ H. Lamarr

Fortsetzung von Teil2

Hier ein Ergebnis, das ich kürzlich gesehen habe.
Quelle: „Epidemiologische Studie zum Zusammenhang zwischen Kinderkrebs und
Expositionen um große Sendeeinrichtungen“

Seite 30:
„...

[image]

...“


Die Idee, die Expositionsdaten in der Vergangenheit durch Simulationsdaten zu untermauern und damit die einfache Entfernungsrechnung, die andere gemacht haben zu verbessern, ist eine spitzenmäßige Idee. Allerdings hätte jemand, nachdem er diese Diagramme gesehen hätte, sagen müssen, das ist Unsinn.

Für Sender, die mit Frequenzen von ein paar MHz senden, mag da irgend etwas herauskommen. Schon bei UKW (100MHz) produziert das Rechenprogramm nur noch Zufallszahlen. Das Ergebnis des + Senders ist einfach desaströs und kann nur noch als Zufallsgenerator gewertet werden. Dagegen ist jede Entfernungsschätzung Gold.

Die Künstler der Auswertungen schicken dann die Daten durch den Statistikcomputer und siehe da: Nimmt man nur ausgewählte Sender oder aber die Summe mit dem 10 mal größeren AM-Sender, so geht der gerechnete Zufallsgenerator von UKW in der Statistik einfach unter.

Wäre man korrekt gewesen, so hätte man gesagt, dass sich im Verlauf des Projektes herausgestellt hat, dass der Ansatz für Frequenzen oberhalb wenigen MHz nicht tragfähig ist und sogar deutlich hinter traditionellen Entfernungsschätzungen hinterherhinkt. Aber solche Auswertungen, die den künftigen Forschern die Arbeit wirklich erleichtern würde, findet man aus oben beschriebenen Gründen nicht mehr in wissenschaftlichen Dokumentationen. Das gilt für alle Forschungsgebiete, nicht nur für den Elektrosmog.

Das steht dem Fortschritt in der Forschung im Weg, da sich jeder, der nun weiter arbeiten möchte, durch die gesamte Studie hindurchquälen muss, um herauszufinden, ob der in den Auswertung regelmäßig offenbarte Erfolg des Studiendesigns nicht doch nur ein Hirngespinst war. Als Auswertung hätte ich erwartet z.B. „bis 10MHz ist Simulation machbar“, „oberhalb 10 MHz ist Messung gut“, „bisher beste Annäherung bildet der Abstand solange bis bessere Verfahren gefunden werden.“

Ich habe dann überhaupt nicht mehr verstanden, worauf unter diesen Voraussetzungen die Aussage basiert:
„Die Analyse der Jahre 1983-1991 und 1992-2002 (entsprechend vor bzw. nach der großflächigen Einführung des Mobilfunks) zeigte für beide Expositionszeiträume keinen Zusammenhang zwischen der Exposition gegenüber HF-EMF und dem Risiko für kindliche Leukämien.“

Man hat im Studiendesign überhaupt nur ein Modell verwendet, das für Frequenzen unterhalb 10MHz halbwegs funktioniert. Wie man von dieser Studie, die sich hauptsächlich auf Lang- und Mittelwellensender stützt, diese oben gemachte Verallgemeinerung zu HF-EMF und Mobilfunk machen kann, grenzt schon an Hellseherei und nicht mehr an Forschung.

Aber diese Diskrepanz zwischen der geleisteten Arbeit und der nicht im Ansatz dazupassenden Auswertung ist im Forschungsalltag, glaube ich, mittlerweile schon Normalität und das nicht nur im Bereich der Elektrosmogforschung. Ich würde mir wünschen, dass diejenigen Leute die Berichte inklusive der Auswertung schreiben, auch die sind, die die Arbeit bis ins Detail geleistet haben.

Es stünden dann zwar weniger Namen von Doktoren und Professoren in den Studienberichten, allerdings wären die Auswertungen ehrlicher und es würde vielleicht auch in der Auswertung stehen, wenn einmal irgendetwas nicht funktioniert hat. Die Doktoren und Professoren müssten dann nicht mehr ohne detaillierte Kenntnis der Materie und wirklichem Interesse an der Sache die Berichte redigieren und zum angeblichen Schutz ihrer Reputation auch noch inhaltlich verändern.


Bei den obigen Fallstudien habe ich natürlich nur viele Einzelfälle erläutert, die mir zugänglich waren. Die von mir gemachten Verallgemeinerungen sind so zu verstehen, dass es für einen Großteil der beschriebenen Personen zutrifft. Im Einzelfall gibt es davon natürlich Abweichungen. Es ist nur meist schwer, diese zu finden.


Mit freundlichen Grüßen

Siegfried Zwerenz
Bürgerwelle e.V.


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