Leszczynski nimmt Belpomme aufs Korn (Elektrosensibilität)

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 27.08.2020, 20:53 (vor 1299 Tagen)

Nach den US-Amerikanern Martin Pall und Arthur Firstenberg hat sich Dariusz Leszczynski jetzt den Franzosen Dominique Belpomme zur Brust genommen. Der Wahlfinne sichtete dazu drei EHS-Studien des umstrittenen Franzosen und zieht nach einer längeren detailreichen Vorbereitung das Fazit:

Summa summarum hat das französische Team, das EHS gezielt mit biochemischen und physiologischen Markern untersuchte, das gleiche Problem wie die psychologischen Provokationsstudien:

► Die Auswahl der Versuchspersonen richtet sich einzig und allein nach der Einschätzung selbst-diagnostizierter EHS-Personen. Die Wissenschaftler wissen nicht, ob die Selbstdiagnosen korrekt sind oder nicht. Sie kennen auch nicht die mögliche Kontamination einer Gruppe "echter" EHS-Selbstdiagnostiker durch "falsche" EHS-Selbstdiagnostiker.

► Es wird nicht versucht festzustellen, ob die Ausprägung eines der untersuchten physiologischen Marker in irgendeiner Weise von den EMF-Expositionen abhängig ist.

► Die Wissenschaftler wissen nicht, ob eine der beobachteten Veränderungen im Pulsationsindex (Verhältnis einer pulsierenden Signalkomponente zur nicht-pulsierenden Signalkomponente) oder in den Markern für oxidativen Stress infolge EMF-Exposition verursacht wurde oder auf einen nicht EMF-bezogenen unbekannten Störfaktor zurückzuführen ist.

► Die Autoren lieferten keine Informationen darüber, ob eine der selbst-diagnostizierten EHS-Personen mehr als einen der untersuchten Marker aufwies.

Am Ende fällt Leszczynski dann das für Belpomme-Anhänger verstörende Urteil:

Belpommes Studien liefern keinen Beweis, die Symptome der untersuchten Patienten beruhten kausal auf der EMF-Exposition.

Aus meiner Sicht leistet Dariusz mit seinen schonungslosen Kritiken an fragwürdigen Gestalten der Anti-Mobilfunk-Szene einen enorm wichtigen Beitrag zur Bereinigung der Mobilfunkdebatte. Viele Jahre lang konnte dort von Akademikern widerspruchslos selbst purer Blödsinn aufgetischt werden. Für die Selbstdarsteller war dies ohne Risiko, denn Laien konnten sie nicht widerlegen und die, die es konnten, schwiegen zu den Eskapaden oder schauten angestrengt weg.

Damit räumt der Finne jetzt auf. Scheinriesen müssen künftig damit rechnen in seinen Bannstrahl zu geraten. Was Leszczynski zu seiner abgaskatalysatorischen Wirkung gebracht hat weiß ich nicht, doch er befreit damit die Mobilfunkdebatte hoffentlich von lästigen Rau(s)chsignalen, die für Zaungäste seit 20 Jahren den Blick auf den seriösen Kern der Debatte verstellen. Es wäre befreiend wie ein Stoß frischer Luft, würden gewisse Randfiguren unter Beobachtungsstress von der Mobilfunkdebatte abfallen wie satte Zecken von einem Hund.

Aber: Wenn Dariusz so weiter macht, wird er mutmaßlich mit zwei ernsten gegensätzlichen Problemen zu kämpfen haben:

► Icnirp könnte in Erwägung ziehen, ihm künftig einen Platz in der Kommission anzubieten.
► Gigaherz-Präsident Jakob könnte 2025 davon absehen, ihn als Keynote-Redner zur 25-Jahr-Feier seines Karnevalvereins einzuladen.

:-)

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Leszczynski, Pseudowissenschaft, Individualtest, Biomarker, Belpomme, Renommee, Dummy, EHS-Studie, Kargo-Kult-Wissenschaft, Sachkompetenz


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