Eduard Meßmer auf infektiösen Abwegen (Allgemein)

Gast, Samstag, 24.10.2020, 19:16 (vor 1273 Tagen)

Eduard Meßmer (Jg. 1956) ist ein überzeugter 5G-Gegner aus Bühlertal, Baden-Württemberg, und Beamter im Ruhestand. Seine politische Heimat sind die Freien Wähler, gegenwärtig hat Meßmer jedoch kein aktuelles und kein zukünftiges Mandat und keine Kandidatur auf Landes-, Bundes- oder EU-Ebene vorzuweisen. Der Dipl.-Verwaltungswirt betreibt privat die Website www.attention-5g.eu und erweckt dort den irreführenden Eindruck, er habe eine Europäische Bürgerinitiative gegen 5G organisiert.

Weniger bekannt ist, Meßmer betreibt mit https://solidarnosch.de eine weitere Website, auf der er bevorzugt seinen politischen Visionen freien Lauf lässt.

In der techniklastigen Mobilfunkdebatte konnte Meßmer zu keiner Zeit richtig Fuß fassen, seine Ausführungen zu 5G und "Elektrosensibilität" wirkten hilflos, unqualifiziert, angelesen und maßlos übertrieben. Der eine oder andere Schweißtropfen auf der Stirn des Hobbypolitikers machte anlässlich seiner Anti-5G-Darbietungen den physiologischen Stress deutlich, mit dem sein Körper gegen die dürftige Kompetenzausstattung protestierte. Möglicherweise war es dieser Inkompetenzstress, der Meßmer ab März 2020 sein Engagement als 5G-Gegner drosseln und die frei werdenden Kapazitäten in den Protest gegen die staatlichen Coronamaßnahmen fließen ließ. Tatsache ist, der Ruheständler wurde Vorsitzender der Bewegung "Querdenken 722", die im Raum Bühl Woche für Woche gegen die Coronamaßnahmen protestiert. Doch wo Meßmer wirkt, sind Irritationen nicht weit. Diese aus seinem Anti-5G-Engagement resultierende Merkregel hat anscheinend stark auf seinen Coronaprotest abgefärbt: Denn wer die Website www.querdenken-722.de aufruft, landet nicht etwa bei den Querulanten von Bühl, sondern an diametral entgegengesetzter Stelle, – man kann es gar nicht glauben, beim Robert-Koch-Institut :-).

Auf Telegram hat die lokale Querdenker-Gruppe derzeit 76 Mitglieder, eine überschaubare Menge. Und ihren angeblich ersten großen Auftritt hatte Querdenken 722 in Person von Eduard Meßmer am 10. Oktober 2020 auf dem Europaplatz in Bühl:

Was Meßmer dort sichtlich entspannter, als beim Thema 5G über Covid-19 zum Besten gibt, darf man durchaus sonderbar finden, in einem Rechtsstaat haben jedoch auch abseitige Ansichten das Recht gehört zu werden. Selbst dann, wenn der Vortragende den Charme einer Gießkanne aus Recycling-Kunststoff hat, wie sie auf städtischen Friedhöfen Besuchern zur Grabpflege gratis an Brunnen angeboten werden. Hören wollten Meßmer auf dem Europaplatz laut Polizei etwa 80 Personen, ein Ordner des Veranstalters wollte hingegen einem Medienbericht zufolge mindestens 150 gezählt haben. Da der zentral gelegene Europaplatz eine Fußgängerzone ist, hat der Order mutmaßlich zufällig vorbeikommende Passanten mitgezählt, das Video jedenfalls bestätigt seine Zahl nicht.

Meßmers einziger Gaststar am 10. Oktober war die AfD-Landtagsabgeordnete und Zahnärztin Christina Baum. Dem Medienbericht zufolge waren zwar auch Redner von SPD und CDU eingeladen gewesen, diese aber haben dem Querdenker einen Korb gegebenen. Was Baum nach ihrer Ankündigung durch Gastgeber Meßmer zu sagen hatte, ist dem folgenden Video zu entnehmen:

Ein Journalist der Wochenzeitung Kontext erkannte in Baums Corona-Auftritt das, was schon von Meßmers 5G-Auftritten her bekannt ist: "Eine Melange aus Populismus und Desinformation schürt Ängste". So gesehen haben sich am 10. Oktober in Bühl zwei gefunden, die gut harmonieren. Baum sah sich einer eigenen Pressemitteilung zufolge Ende 2019 einer Morddrohung ausgesetzt, mögliche Motive dafür sind auf einer Website mit dem provokanten Titel Nazis in Nadelstreifen nachzulesen. Ob sich der Verein Diagnose-Funk jetzt genötigt fühlt, wegen Meßmers Kontakt zu Frau Baum die Zusammenarbeit mit ihm aufzukündigen, bleibt abzuwarten.

Hintergrund
Eduard Meßmer ist der Petent der "Bundestagspetition" gegen die Einführung von 5G in Deutschland. Er hoffte zunächst darauf, diese Petition anonym über die Zeichnungsfrist zu bringen, musste sich nach dem unerwartet starken und nach wie vor ungeklärten Zuspruch in den letzten Tagen der Zeichnungsfrist jedoch outen, da er wegen des unverhofften Erreichens des Quorums zu einer persönlichen Anhörung am 23. September 2019 vor den Petitionsausschuss geladen wurde. Obwohl des Hauptanliegen der Petition, nämlich die Vergabe der 5G-Mobilfunklizenzen auszusetzen, mit dem Ende der 5G-Auktion seit spätestens 12. Juni 2019 hinfällig ist, brütet der Petitionsausschuss des Bundestages auch heute noch ergebnislos über dieser überflüssigen Petition.

Der Verein Diagnose-Funk hatte mit Meßmers Petition anfänglich nichts zu tun, sprang nach dem Erreichen des Quorums jedoch schnell auf dessen Zug auf und veranstaltete gemeinsam mit dem Petenten am 22. September 2019 eine "Großdemonstration" vor dem Reichstagsgebäude in Berlin. Statt 55'000 virtuelle Unterstützer, wie noch anlässlich der Petition, stellten sich dort jedoch nur etwa 500 reale Demonstranten gegen 5G aus dem gesamten Bundesgebiet ein. Seither sinkt Meßmers Stern am Himmel der Anti-Mobilfunk-Szene.

Tags:
5G, AfD, Meßmer, Querdenken, Covidkrise, Bundestagspetition, Telegram, Abseitige, Attention

Diagnose:Funk und ihre Plattitüde

KlaKla, Sonntag, 25.10.2020, 07:22 (vor 1272 Tagen) @ Gast
bearbeitet von KlaKla, Sonntag, 25.10.2020, 07:44

Ein Journalist der Wochenzeitung Kontext erkannte in Baums Corona-Auftritt das, was schon von Meßmers 5G-Auftritten her bekannt ist: "Eine Melange aus Populismus und Desinformation schürt Ängste". So gesehen haben sich am 10. Oktober in Bühl zwei gefunden, die gut harmonieren. Baum sah sich einer eigenen Pressemitteilung zufolge Ende 2019 einer Morddrohung ausgesetzt, mögliche Motive dafür sind auf einer Website mit dem provokanten Titel Nazis in Nadelstreifen nachzulesen. Ob sich der Verein Diagnose-Funk jetzt genötigt fühlt, wegen Meßmers Kontakt zu Frau Baum die Zusammenarbeit mit ihm aufzukündigen, bleibt abzuwarten.

Auszug: Wertekanon Diagnose:Funk

Die unterzeichnenden Verbände prüfen jeweils kritisch die Zusammenarbeit mit Anderen. Sie grenzen sich von Personen und Gruppierungen ab und lassen sich nicht von ihnen instrumentalisieren, die:

5 ► Argumente ohne nachprüfbaren fachlichen Beleg führen oder in einem verfälschenden Zusammenhang verwenden,
6 ► deutlich erkennbar auf Verunsicherung setzen, berechtigte Ängste nutzen, um mit alarmistischen Übertreibungen in Panik geratene Menschen für ihre ideologischen Ziele zu vereinnahmen,
7 ► die Argumentation mit rechtsradikalen, rassistischen oder antisemitischen Haltungen verknüpfen,
8 ► sich gegen grundgesetzliche Normen richten oder sich nicht eindeutig darin einordnen lassen.

Kommentar: Jeder kann das Material von Diagnose:Funk downloaden, bestellen und verteilen, unabhängig welcher politischer Ausrichtung. Diagnose:Funk oder ihre lieben Mitstreiter kommen ja selbst ihrem Anspruch nicht nach. Ich erinnere hier gern mal an die Desinformation von Diagnose:Funk bezgl. der Thill "Metastudie", oder "Hensinger behauptet, der Staat hat Schweigegeld erhalten". Meinem Verständnis nach geht es ihnen nur darum ihre Illusion von Wahrheit aufrecht zu erhalten. Ganz wichtig scheint es ihnen zu sein, dass Laien sie als kompetent, neutral und unabhängig betrachten. Nichts als eine Plattitüde.

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