Diagnose-Funk sieht sich als "relevanter Stakeholder" (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Dienstag, 28.02.2023, 21:19 (vor 632 Tagen) @ H. Lamarr

Kommentar: Mit NGOs meint Diagnose-Funk erstrangig sich selbst. Seit gut zehn Jahren bemüht sich der Verein vergeblich um landes- und bundespolitischen Einfluss auf die "Mobilfunkpolitik". Vergeblich deshalb, weil sein Auftreten indiskutabel populistisch und fachlich unqualifiziert darauf abzielt, mit einseitig alarmistischen Interpretationen der wissenschaftlichen Risikodebatte die Bevölkerung mit irrationalen Ängsten gegenüber elektromagnetischen Feldern zu infizieren. Schaut man sich an, welche Partei im Bundestag quasi als politischer Vertreter von Diagnose-Funk in dieselbe Kerbe haut, werden Parallelen sichtbar. Entsprechende Vorstöße der AfD scheiterten bislang am geschlossenen Widerstand aller anderen Parteien. Gut so.

Mit einer sogenannten Pressemitteilung über den TAB-Bericht versucht Diagnose-Funk sich als "relevanter Stakeholder" für die EMF-Beratung von Umwelt-Bundesminsterin Steffi Lemke zu empfehlen. Stakeholder sind Interessenvertreter aller Art, also Lobbyisten, und Diagnose-Funk kann tatsächlich als Stakeholder aller Branchen gesehen werden, deren Geschäftsmodelle auf irrationalen Ängsten gegenüber EMF beruhen. Der Habitus des Vereins ist meiner Beobachtung zufolge freilich der eines Steakholders. Das sind Leute, die beim Barbecue dem Grillmeister das Grillgut reichen :-).

Die relevante Passage aus der "Pressemitteilung" lautet:

[...] „Der Bundestag führt zurecht ein Lobby-Register, weil Lobbyismus als Problem erkannt wurde“, sagt Jörn Gutbier. „Da kann es doch nicht sein, dass das Büro für Technikfolgenabschätzung eine Lobby-Organisation der Mobilfunkindustrie mit ins Boot holt! Gut, dass der TAB-Bericht trotzdem die Studienlage und Konsequenzen daraus benennt und die verharmlosenden Formulierungen der Lobby klar erkennbar sind. Umweltministerin Steffi Lemke hat nun einen Leitfaden an der Hand, wie Vorsorgepolitik im Bereich Mobilfunk aussehen kann. Als relevanter Stakeholder bringen wir uns gerne ein und helfen bei der Lösungsfindung, wie der TAB-Bericht dies auf Seite 17 oben einfordert.“ [...]

Nur der Vollständigkeit halber möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass auch diese "Pressemitteilung" des "relevanten Stakeholders" wie nahezu alle von dessen vorangegangenen Pressemitteilungen nicht den geringsten Niederschlag in den von Google News ausgewerteten Medien hatte. Das Presseportal zählt nicht, denn dort stellt der Verein seine Meldungen selbst ein (siehe dazu auch das Startposting).

Kurios ist, Vereinsvorstand Gutbier geißelt in der "Pressemitteilung" Lobbyismus zwar populistisch als "Problem", doch dies nur bei anderen Lobbyisten. Nicht aber bei seinem eigenen Verein, der sich selbst im Januar 2023 ins Lobbyregister des Deutschen Bundestags eingetragen hat :no:. Wahrscheinlich erhofft sich Gutbier von diesem Eintrag, endlich als "relevanter" Stakeholder wahrgenommen zu werden und mit seinem Verein den BUND als anerkannten Vertreter der Bevölkerung in Sachen "Risiko Mobilfunk" abzulösen. Sollte das nicht klappen, hat Gutbier noch ein zweites Eisen im Feuer, nämlich beim BUND selbst. Dort hat er es immerhin bis zum zweiten stellvertretenden Sprecher des Arbeitskreises Immissionsschutz gebracht (ackert auch das Feld Elektrosmog). Seit spätestens Januar 2022 und auch heute noch ist dieser Arbeitskreis jedoch führungslos, glaubt man diesem Papier. Eine Anfrage des IZgMF im vergangenen Jahr, was da los ist und ob Gutbier als Sprecher im Gespräch sei, blieb unbeantwortet.

Eine der unbestrittenen Fertigkeiten von Diagnose-Funk ist es, Sachverhalte so geschickt zu verdrehen, dass der Fehler im Kopf des Zuhörers/Lesers passiert und der Verein sich über ein Hintertürchen aus der Verantwortung stehlen kann. So kann die oben rot markierte Textpassage leicht dahingehend missverstanden werden, der TAB-Bericht fordere die Mitwirkung von Diagnose-Funk beim Erarbeiten von Lösungen. Die Originalaussage im TAB-Bericht aber lautet:

[...] Vor diesem Hintergrund wäre es aus Sicht des TAB erwägenswert, den Prozess der Risikobewertung und des Risikomanagements einer Evaluation dahingehend zu unterziehen, ob relevante Stakeholder rechtzeitig und umfassend genug einbezogen sind und ob die Kommunikation der einzelnen Schritte offen und transparent ist. [...]

Von "Diagnose-Funk" steht dort nichts und die angebliche Forderung schrumpft auf eine Erwägungsempfehlung des TAB zusammen.

Der Knackpunkt des Abschnitts "Risikogovernance und Partizipation – Optionen für weiteres Vorgehen" im TAB-Bericht ist der Begriff "relevante Stakeholder". Denn allein den relevanten Interessenvertretern billigt das TAB ein Mitspracherecht bei politischen Entscheidungsfindungen zu. Allerdings hat das TAB versäumt zu definieren, was denn "relevante Stakeholder" ausmacht, was "relevante" von "irrelevanten" unterscheidet. Diagnose-Funk nutzt diese Unschärfe, um sich anmaßend unverzüglich selbst als "relevanter Stakeholder" zu empfehlen. So anmaßend, wie das Etikett "Verbraucherschutz", das sich der Verein ebenfalls selbst aufgeklebt hat, obwohl er meiner Einschätzung nach noch nie einen Finger für Verbraucher krumm machte. Nein, hier im Forum finden sich hunderte von Belegen, die zeigen, Diagnose-Funk ist weder ein Verbraucherschutzverein, noch ein "relevanter Stakeholder". Die Belege machen es deutlich: Diagnose-Funk ist tatsächlich ein Stakeholder, jedoch kein relevanter, sondern ein irrelevanter.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Diagnose-Funk, Doppelmoral, Geltungsdrang, Alarmist, Divergierende Risikobewertung, STOA-Studie, Konsens, Stakeholder, Kopfsalat, Arbeitskreis Immissionsschutz


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