Frequenzmixstudie mit Spendenmitteln finanzieren (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Freitag, 14.08.2009, 14:34 (vor 5585 Tagen) @ Schmetterling

Das, was und wie zu den ES- Studien getestet wurde, entspricht analog der Situation, dass man einen Birkenpollenallergiker mit Erdnussallergenen konfrontiert.

Klingt gut, stimmt aber nicht. ES werden in aller Regel auf das gestestet, was sie angeblich in Mitleidenschaft zieht. Wenn ein Handy-ES behauptet, auf die Strahlung von Handys zu reagieren, dann wird er auf die Strahlung von Handys getestet und nicht auf NF oder das HF-Signal einer BTS. Mag sein, dass es Ausnahmen gibt, aber in aller Regel werden ES auf die Immission hin getestet, auf die sie vorgeben zu reagieren. Und würden diese Tests objektiv ES nachweisen, gäbe es keine Kritik der ES an diesen Tests. Die Schuld für das "Versagen" der ES-Tests den Wissenschaftlern in die Schuhe zu schieben, ist natürlich das einfachste und bequemste. Teilnehmer wuff hat dazu die etwas anspruchsvollere Variante gefunden, dass die ES zumindest eine Mitschuld tragen, weil sie Reaktionen behaupten, die für die Wissenschaftler irreführend sind (... ich spüre ein Handy nach spätestens 3 Minuten).

Die Hypothese von der realen Feldsituation, die im Labor nicht nachgestellt wird und die Probanden deshalb reihenweise scheitern lässt, kam auf, weil ES um Erklärungen rangen, wieso es weltweit in keinem Test gelang, ES objektiv nachzuweisen. Zum ersten mal hörte ich 2005 dieses Argument. Und wenn Sie glauben, dass dies nun die große Trumpfkarte ist, dann muss ich Sie leider enttäuschen. Denn die Epros-Studie von Norbert Leitgeb hat diesem Argument so ziemlich alle Zähne gezogen. Warum? Weil die ES, die in realer HF-Feldexposition angeblich unter Schlafproblemen litten, bei De-Exposition infolge HF-Schirmung keineswegs besser schliefen.

Ich habe den Verdacht, dass das Argument von der nicht nachgebildeten realen Feldexposition in erster Linie als unwiderlegbare Schutzbehauptung verwendet wird. Denn die reale Feldexposition, der Mix aus HF- und NF-Feldern kann zeitlich und räumlich so viele Zustände annehmen wie es Sandkörner in einem Sandkasten gibt. Ein Zustand X kann schon nach 3 Minuten oder 123 Zentimeter weiter links eine völlig andere Charakteristik zeigen, von denen ES behaupten, sie würden nicht auf alle, sondern nur auf einige davon reagieren, ohne aber benennen zu können, auf welche. Niemals wird es möglich sein, solche dynamischen Szenarien lückenlos in Labortests nachzustellen. Dann eben mit Lücken, werden Sie einwenden. Als Steuerzahler wende ich dann ein: Nur auf den bloßen Verdacht hin, dass ein nicht näher beschriebener Frequenzmix Symptome bei einigen Menschen auslösen kann, soll eine Testreihe mit dem Mut zur Lücke gestartet werden? Also, Sie wissen doch wie das ausgeht: Wenn nichts gefunden wird, dann wird es einfach heißen, dass die Lücken dran schuld gewesen sind.

Die Idee, ES mehreren unterschiedlich zusammengemixten Frequenz-Cocktails von 900 MHz, 1800 MHz, 2300 MHz und 50 Hz im Doppelblindtest auszusetzen und nach z.B. 30 Minuten Symptome abzufragen finde ich im Prinzip jedoch nicht schlecht. So eine Studie durch Mobilfunkgegner mitfinanzieren zu lassen wäre aus meiner Sicht erheblich sinnvoller als alle diese fragwürdigen EMF-Spendenaufrufe der vergangenen Jahre und das Geld, dass in den Kauf von aufhetzenden Broschüren gesteckt wird. Da wird für jeden Schwachfug getrommelt und gesammelt, anstatt endlich mal etwas zu finanzieren, was die EMF-Debatte womöglich wirklich weiter bringt. Der Ansatz ist ganz simpel: Wenn ES und Sendemastengegner wirklich an die Hypothese vom Frequenzmix glauben, dann sollen sie für deren Bestätigung halt auch einmal etwas tun anstatt nur zu jammern, schöne Broschüren mit verzichtbarem Inhalt drucken zu lassen, Lösegeld zu sammeln oder ebenso sinnlose wie teure Standortkonzepte zu fordern. Es wäre mMn wirklich mal an der Zeit, dass die Bürgerwelle, die sogenannte Kompetenzinitiative, das Netzwerk Risiko Mobilfunk und Diagnose-Funk gemeinsam etwas Sinnvolleres mit gesammeltem Geld machen als nur gebetsmühlenartig Alarmmeldungen mit Schimmelansatz in Welt zu setzen.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
EHS-Test, Netzwerk-Risiko-Mobilfunk, Schlafstörung, Jammern, Individualtest, Leidgeb


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