Unabhängigkeit und Drittmittel (Allgemein)

Schmetterling @, Montag, 08.12.2008, 15:10 (vor 5830 Tagen) @ Alexander Lerchl

Auch wenn Sie außerhalb der Unis für einen Auftraggeber Studien erstellen, gibt dieser Auftraggeber natürlich die Richtung vor. Und viel Geld kann da für manche durchaus eine Verlockung sein. Jeder muss selbst schauen, was er mit seinem Gewissen vereinbaren kann.

Auch diesem Statement ist in dieser allgemeinen Form nur zu widersprechen. Der Auftraggeber, wenn er redlich ist, gibt natürlich keine Richtung (der Ergebnisse) vor. Wenn er das doch machen sollte, ist er als Partner für mich (und hier spreche ich sicher für die allermeisten meiner Kollegen/Innen) disqualifiziert.

Wie, nach welchen Kriterien wird ein Studiendesign festgelegt und wer legt das fest? Meine Frage zielt ein bischen auf das hier ab: http://www.emf-forschungsprogramm.de/forschung/biologie/biologie_abges/bio_040.html

Vor über einem Jahr haben Sie mir netterweise im "Gigaherz" einige Fragen beantwortet. (dieser Strang: http://forum.gigaherz.ch/viewtopic.php?t=7058&postdays=0&postorder=asc&start=0)

Leider blieb einiges unbeantwortet.

Ich trage nach dem langen Zeitraum zusammen:

Prof. Lerchl: Lieber Schmetterling,

die Mäuse waren in der Tat im hochfrequenten Bereich nur (oder fast nur, Abschirmungen sind nie 100% wirksam) den getesteten Frequenzen ausgesetzt (900 MHz bei der einen, UMTS bei der anderen Studie). Es ist natürlich möglich, einen Frequenzcocktail mit allen möglichen Amplituden, zeitlichen Schwankungen, Polarisierungen usw. zu erzeugen, nur ist man, FALLS sich Effekte zeigen sollten, nicht unbedingt schlauer, weil man nicht weiß, welcher Faktor denn nun derjenige war, der die Wirkungen ausgelöst hat. Die Herangehensweise bei solchen Versuchen ist vielleicht am besten mit pharmakologischen Untersuchungen zu vergleichen, bei denen man ja auch nur eine Substanz verabreicht, wenn man wissen will, ob und wie stark deren biologische Wirkung ist.

Den niederfrequenten MAGNETISCHEN Feldern, insbesondere dem statischen Erdmagnetfeld gegenüber, waren alle Mäuse gleich stark ausgesetzt. ELEKTRISCHE Felder waren hingegen vollständig abgeschirmt.

TNO hat GSM- und UMTS-Felder auf Menschen untersucht, und zwar unter experimentellen Bedingungen, d.h. in einer Abschirmkammer, so dass weitere Expositionen nicht stattfanden. Einzelheiten können Sie hier nachlesen (allerdings auf englisch): http://www.gr.nl/pdf.php?ID=1042


Schmetterling: Herr Prof. Lerchl, danke für Ihre Antwort.

Ja, es ist gut nachvollziehbar, dass zur Grundlagenforschung zuerst die Wirkung einer Komponente untersucht werden muss.
Sie erwähnen pharmakologische Forschungen. Wie ist das Herangehen? Da wird erst die eigentliche Substanz erforscht, dann die Wechselwirkung mit anderen häufig verabreichten Medikamenten, sicher auch der gemeinsame Verzehr mit Alkohol oder mit essentiellen Nahrungsmitteln? Und das wird doch alles getestet, bevor das Mittel auf den Markt kommt?

Herr Prof., es gibt mittlerweile viele tausend Studien zu und um den Mobilfunk. Welche untersuchen die Wechselwirkung verschiedener Felder?


Prof. Lerchl: Pharmakologische Forschung (in aller Kürze). 1) Wirkung testen (an Zellen, dann am Tier), 2) Nebenwirkungen testen (an mindestens 2 Tierarten), 3) Wirkungen am Menschen in 4 Phasen, erst ganz wenige, dann zunehmend an größeren Gruppen. Die Wirkungen und Nebenwirkungen umfassen natürlich alle sog. Co-Faktoren, also Ernährung, Alter, sonstige Medikamente, Risikofaktoren usw. Sehr teuer, solche Untersuchungen.

Mischfelder: gute Frage, da gibt es sehr wenige Untersuchungen, vor allem bei Tieren und Menschen.

Schmetterling: Wenn bei Medikamenten die Cofaktoren schon vor der Zulassung untersucht werden, warum sind Cofaktoren bei Mobilfunk selbst nach 10 Jahren Markteinführung noch so gut wie unerforscht? Was, wenn die unterschiedlich gemischten Felder die Ursachen sind für unterschiedliche Krankheitshäufungen/ Verhaltensänderungen bei Tieren in gewissen Ställen? Er gibt da recht gut dokumentierte Fälle. Was, wenn Mischfelder DIE Ursachen sind, dass Ergebnisse von Studien nicht reproduziert werden können?

Warum haben Sie in Ihren Studien nicht auch eine Versuchsreihe NF (elektrische Felder) + HF untersucht? Warum wurde gegen elektrische Felder so sorgfältig abgeschirmt, wo diese Variante doch der Wirklichkeit am nächsten kommt?


der Schmetterling

Tags:
Mäuse, Mischfelder


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