Einspruch von Prof. R. Wiltschko: Gut orientiert im Störfeld (Forschung)

H. Lamarr @, München, Freitag, 09.05.2014, 23:16 (vor 3709 Tagen) @ H. Lamarr

Selbst extrem schwache elektromagnetische Strahlung lässt den biologischen Magnetkompass von Rotkehlchen versagen.

Eine anerkannte Expertin in der Orientierungsforschung widerspricht in der Frankfurter Allgemeinen:

Die Frankfurter Zoologin Roswitha Wiltschko, die mit ihrem Mann selbst seit einem halben Jahrhundert an Zugvögeln forscht, hat sich die Oldenburger Studie angesehen und ist in ihrem Kommentar vorsichtig skeptisch: „Die Studie ist solide gemacht mit einem umfangreichen Datenmaterial. Die große Empfindlichkeit ist in der Tat seltsam, aber wir haben vor 10 Jahren ähnliche Befunde mit einem Breitbandfeld gemacht (0.1-10 MHz, 80 nT), das allerdings ein bißchen stärker war als die schwächsten Felder hier.

Was uns vor allem wundert, ist die Herkunft der Störfelder, und die nennen die Autoren leider nicht. Sie scheinen davon auszugehen, daß es in allen Städten so verrauscht ist, aber das trifft sicher nicht zu: Wir haben 50 Jahren lang ähnliche Versuche mit Rotkehlchen in Frankfurt gemacht - unsere Versuchsort war das Zoologishe Institut am Ende der Siesmayerstraße neben dem Palmengarten. Wir haben niemals Störfelder abgeschirmt, und unsere Kontrollen waren im Erdmagnetfeld immer gut orientiert - etwaige dort vorhandene Störfelder scheinen ihnen nichts ausgemacht zu haben.
Ich tendiere deshalb dazu, die Oldenburger Stituation eher für eine Ausnahme zu halten, aber solange man nicht weiß, was die Störfelder hervorruft, kann man natürlich überhaupt nicht abschätzen, was das im allgemeinen bedeutet.“

Kommentar: Jetzt müsste man im Zoologische Institut, Frankfurt, am Ende der Siesmayerstraße neben dem Palmengarten noch den E-Smog-Störpegel im relevanten Frequenzbereich professionell ermitteln, dann gäbe es Vergleichsdaten. Ich habe in der EMF-Datenbank der BNetzA nach einem Messpunkt in der Nähe des Instituts gesucht und einen westlich davon in der Landgrafenstraße gefunden. Der Abstand zum Palmengarten beträgt etwa 800 Meter, das ist zu viel, aber besser als gar nichts. Die Grenzwertausschöpfung im Bereich 1 Hz bis 10 MHz (Reizwirkung!) war bei der Messung 2003 relativ hoch, nämlich 1,89 Prozent. Ein zweiter Messpunkt liegt südöstlich des Palmengartens, dort wurde Ende 2004 gemessen, das Ergebnis war 1,69 Prozent Grenzwertausschöpfung.

Der Einwand von Prof. Wltschko, man wisse nicht "was die Störfelder hervorruft", ist allerdings gegenstandslos, die Ursache der Störfelder ist bekannt. Viel spannender fände ich zu wissen, welchen E-Smog-Störpegel sie an ihrem Institut hatte. Denn wenn der in Frankfurt mindestens ebenso hoch ist wie in Oldenburg, dann stellt sich die Frage, warum die Vögel in Frankfurt auch ohne Schirmung nicht desorientiert waren. Problematisch wird sein, den Störpegel zuverlässig für die Zeitpunkte zu bestimmen, bei denen in Frankfurt vergleichbare Experimente mit Rotkehlchen gemacht wurden.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Störsignal, Störpegel


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