Abiturienten sind anfälliger für "Elektrosensibilität" (Elektrosensibilität)
Mit zunehmender Bildung der Bürger sollten Mobilfunkgegner auf weniger Resonanz in der Bevölkerung stoßen. Das mag sein, gilt jedoch nicht für die Gruppe der "Elektrosensiblen". Denn bei diesen ergab eine Untersuchung im Rahmen des Deutschen Mobilfunk-Forschungsprogramms nicht etwa einen tieferen Bildungsstand als im Bevölkerungsdurchschnitt, sondern einen höheren.
In der Untersuchung des Katalyse-Instituts aus dem Jahr 2006 heißt es zum Bildungsstand "Elektrosensibler":
[...] Im Hinblick auf den Schulabschluss zeigt sich bei den Elektrosensiblen ein deutlich höherer Bildungsgrad: Während der Anteil der Personen mit Abitur hier 26 Prozent ausmacht, sind es bei der Gesamtbevölkerung nur 15 Prozent. Der Anteil der Personen mit Volks- bzw. Hauptschulabschluss liegt bei den Elektrosensiblen dagegen nur bei 39 Prozent, bei der Gesamtbevölkerung bei 46 Prozent. Mittels des Chi²-Tests wurde überprüft, ob die beiden Variablen „elektrosensibel ja/nein“ und "Schulabschluss Abitur vs. Rest" voneinander abhängen. Der Chi²-Test weist hier einen hoch signifikanten Wert aus, der auf einen gesicherten Zusammenhang hinweist. [...]
Als Ursache der höheren Anfälligkeit von Abiturienten für "Elektrosensibilität" gehen die Autoren davon aus, ein höherer Bildungsgrad beeinflusse das Informationsverhalten. Sie vermuten bei "Elektrosensiblen" einen tendenziell etwas bewussteren Umgang mit Informationen.
Über die besagte Untersuchung schreibt die Strahlenschutzkommission:
Das Projekt hatte zum Ziel, "elektrosensible" Personen hinsichtlich ihrer Persönlichkeitsmerkmale zu beschreiben. Als "Elektrosensible" wurden dabei Personen angesehen, die mehr als einmal aufgetretene gesundheitliche Beschwerden auf elektromagnetische Felder (EMF) zurückgeführt haben. In einer repräsentativen Telefonbefragung wurden 2.406 Personen befragt. Daraus ergab sich eine Prävalenz von 6 % "Elektrosensiblen". Von diesen 144 "Elektrosensiblen" haben sich wiederum nur ca. 28 Personen selbst als elektrosensibel bezeichnet und somit das Kriterium erfüllt, das den meisten publizierten Studien zugrunde liegt. Die Prävalenz selbstdefinierter "Elektrosensibler" betrug 1,1 %. Außer hinsichtlich des Bildungsstandes ergaben sich bei den identifizierten 144 "Elektrosensiblen" keine weiteren soziodemografischen Unterschiede zur Allgemeinbevölkerung. "Elektrosensibilität" im Sinne der gewählten Definition erwies sich als vielgestaltiges und für die Befragten ambivalentes Thema und nicht als feststehendes und isoliertes Faktum.
Sollte die Beobachtung des Katalyse-Instituts zutreffend sein, müsste mit steigendem Bildungsstand der Bevölkerung auch die Anzahl "Elektrosensibler" zunehmen. Der kürzlich vorgelegte Bericht "Nationaler Bildungsbericht - Bildung in Deutschland 2020" gibt zum aktuellen Bildungsstand allerdings ambivalent Auskunft, denn dem Bericht zufolge hat der Trend zu mehr Bildung den Bildungsstand in der Bevölkerung zwar angehoben, doch hat dieser Trend jüngst seine Grenzen erreicht und zugleich steigt wieder die Anzahl Jugendlicher, die die Schule ohne Hauptschulabschluss verlassen:
Der langjährige Trend zu höherer Bildungsbeteiligung und höher qualifizierenden Abschlüssen wird von Jahr zu Jahr stärker im Bildungsstand der Gesamtbevölkerung sichtbar. Ein immer größerer Anteil der Menschen verfügt über die Hochschulreife und einen Hochschulabschluss. Allerdings wird auch deutlich, dass dieser Trend seine Grenzen hat. Dies zeigt sich in den jüngsten Abschlussjahrgängen nicht nur an rückläufigen Abschlussquoten mit mittlerem Abschluss und Hochschulreife, sondern auch daran, dass inzwischen wieder mehr Jugendliche die Schule verlassen, ohne mindestens einen Hauptschulabschluss erlangt zu haben.
So ist anzunehmen, der sich träge ändernde Bildungsstand der Bevölkerung hat keinen maßgebenden Einfluss auf die Anzahl "Elektrosensibler". Erheblich mehr Einfluss dürften Aktionen von "Elektrosensiblen"-Vereinen haben, sich in die öffentliche Wahrnehmung zu bringen und vorbeischlendernde Abiturienten "abzufischen", die momentan unter unerklärlichen Befindlichkeitsstörungen leiden und dankbar für Erklärungen sind. Da die Symptomvielfalt "Elektrosensibler" unspezifisch und daher sehr groß ist, sollte sich nahezu jeder Interessent im Symptomkatalog der Szene wiederfinden. Ob der Fang im Netz hängen bleibt oder entkommt, hängt wahrscheinlich von der tagesaktuellen persönlichen Verfassung der Betroffenen ab.
Hintergrund
Verein für Elektrosensible, Mitgliederentwicklung 2020
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –