Messgeräte für Bürgerinitiativen: Fehlinvestitionen (Allgemein)
Anti-Elektrosmog-Bürgerinitiativen sind gern gesehene Kunden der Low-Cost-Messtechnikbranche. Denn die BIs sind wie Kaninchen, die der Schlange freiwillig geradewegs ins Maul hüpfen. Soll heißen: Die knatternden und tickenden Messgerätchen bringen Bürgerinitiativen keinen Schritt weiter, verursachen im ungünstigen Fall sogar neue Sorgen - den Anbietern aber bringen sie Umsätze. Den Mechanismus, der das Kaninchen mit Hurra in den Schlund der Schlange springen lässt, wurde kürzlich in der Rems-Zeitung so beschrieben:
Mit einem Feldversuch zeigte die Bürgerinitiative Hüttlingen am Mittwochaben, dass es unter Hochspannungsleitungen Elektrosmog gibt. Die Idee zu dieser Art von Feldversuch hatte Josef Kowatsch, Sprecher der BI Hüttlingen. Er stellte sich die Frage, ob der Elektrosmog unter den Starkstromleitungen tatsächlich so stark ist, dass dieser die Röhren zum Leuchten bringt. Mit seinem Sohn habe er es dann ausprobiert. „Am besten funktioniert es mit einer 36-Watt-Röhre, aber es funktioniert auch mit allen anderen.“ Wie stark die elektromagnetische Strahlung genau ist, könne er nicht sagen, „dazu bräuchte man ein spezielles Messgerät“. Ein solches will sich die BI nun anschaffen.
Und dann, Herr Kowatsch? Was ist, wenn Sie vielleicht 650 V/m messen oder 12,5 µT? Beides Werte deutlich unter Grenzwert. Wenn Sie Pech haben, kriegen Sie von der Kenntnis der Werte Schlafstörungen und alles das, was man angeblich so bekommen kann, im Nahfeld einer HV-Trasse. Nicht, dass ich Ihr mulmiges Gefühl nicht gut nachempfinden könnte, das ist es nicht, sondern es ist der Unfug zu glauben, ein Messgerät könne Ihnen irgendwie in Ihrem Kampf gegen die Masten helfen - das wird nicht geschehen. Mit Messwerten (deutlich) unter Grenzwert, und nur solche werden Sie in Aufenthaltszonen messen, gewinnen Sie gegenüber Ihrem Streitgegner keinen Blumentopf.
--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –