Elektrokrebs-Report versucht IARC-Wertung auf 2A umzudeuten (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Freitag, 14.06.2013, 02:23 (vor 3963 Tagen) @ Doris

Aus meiner Sicht nichts Neues, der bekannte Tunnelblick halt, der nicht ins Bild passendes wegstanzt, hier z.B. die Little-Studie.

Sie reden von Devra Davis, nicht von Hardell?

Ja, da habe ich den falschen Link zitiert.

In der Hardell Arbeit ist die Little Studie drin. Das jedoch nur am Rande, man kann es auch als Korinthenkackerei meinerseits bezeichnen ;-)

Im Norden haben sie dafür (laut Wikipedia) die hübschen Ausdrücke Mierenneuker (Niederlande) Flueknepperen (Dänemark) und Pilkunnussija (Finnland). Um des lieben Friedens Willen habe ich die ausgesprochen plastischen Übersetzungen weggelassen.

Ich räume jedoch ein, den Text nur überflogen zu haben und gegenüber Devra Davis voreingenommen zu sein. Mir gefällt die mediale Eigenverwurstung ihres abrupt aufgekommenen Engagements gegen Mobilfunk nicht, sie macht das genauso wie Magda Havas und was ich von der Kanadierin halte wissen Sie ja.

Die beiden würde ich jetzt nicht unbedingt vergleichen. Was man nicht ausblenden kann, ist, dass Davis doch einen gewissen Einfluss hat, ob verdient oder nicht, ist eine andere Sache. So war ich doch etwas überrascht und auch ein wenig beeindruckt, dass sie in Stanton A. Glantz einen Unterstützer in der "San Francisco Handywarnung" hatte. Erfolgreich waren sie dennoch nicht.

Huch, diesen Showdown Anfang Mai in San Franzisko habe ich nicht mitbekommen. Da spät noch immer besser als gar nicht ist, habe ich den San-Franzisko-Strang nachträglich damit aufgepolstert.

Stanton A. Glantz müsste ich jetzt wahrscheinlich kennen, tu' ich aber nicht. Die folgende Textpassage aus dem Brief, den auch er unterzeichnet hat, lässt Bewunderung erst gar nicht aufkommen:

Just one week ago, on April 24th the International Agency for Research on Cancer (IARC) of theWorld Health Organization issued its Monograph that addresses whether cellular telephone RF EMFradiation presents a risk of cancer to the cell phone users. The IARC re-affirmed its official classificationthat cellular telephone radiation is a Group 2B carcinogen along with automobile exhaust and other toxicsubstances including DDT, heptachlor, styrene and hexachlorobenzene ...

Von den Autoabgasen und dem Pflanzengift in Konkurrenz zu den gleichrangigen 2B-Preisträgern Kaffee und sauer eingelegtem Gemüse will ich jetzt gar nicht reden, das kennen wir ja alles zur Genüge.

Das Erscheinen der Monographie 102 jedoch als "erneute Bestätigung" (Bekräftigung) der 2B-Eingruppierung durch die IARC auszugeben, das halte ich für eine dieser dramatisierenden Unwahrheiten, deretwegen Mobilfunkgegner als Fehlalarmsirenen in Verruf geraten sind. Ihnen brauche ich nicht zu erzählen, dass diese Monographie natürlich keine erneute Bestätigung der Eingruppierung ist, ja noch nicht einmal eine erste Bestätigung, sondern die erstmalige Veröffentlichung der vollständigen Entscheidungsgründe, die zu dieser 2B-Eingruppierung führten, überhaupt. Der arme Bär. Er ist doch schon tot und sein Fell geteilt, dennoch wird er von Devra Davis und Kollegen noch einmal erlegt, weil "re-affirmed" so schön nachdrücklich klingt. Doch weil das dem taktischen Bomberkommando noch immer nicht genug war, hat Devra Davis (nicht Hardell) noch im April damit begonnen, der IARC die 2A-Wertung ans Zeug zu flicken. Jetzt, da ich den oben von Ihnen verlinkten Brief an das San Francisco Board of Supervisors vom Mai kenne, ist mir der Grund klar geworden, warum sie dies ausgerechnet jetzt gemacht hat. Und der Elektrokrebs-Report bringt diesen Mist als Trittbrettfahrer auch noch als Titelstory unter der irrwitzigen Überschrift Mikrowellen als "wahrscheinlich Krebs erregend" bestätigt. Die Redakteurin müsste mMn dafür entlassen und eingesperrt werden, wegen Verbreitung übler Desinformation.

Sollten Sie jedoch ein überzeugendes Gegenargument haben: Bitte her damit, das Bessere ist des Guten Feind. Sie gelten ja als das Neutrum in der unseligen Anti-Mobilfunk-Debatte, wenn mir also jemand Davis schmackhaft machen kann, dann sind Sie das ;-).

Ich habe und hatte kein überzeugendes Gegenargument.

Traurig macht mich das nicht.

Aber ich habe nun ihre Studie gelesen und ich habe auch ihren Gastbeitrag auf Leszczynskis Blog gelesen. Wenn ich das richtig verstehe, ist sie ebenfalls auf der BioEM in Griechenland. Und sie macht etwas, was ich nicht ausstehen kann. Sie ist einseitig, sie lässt hier und da ein bisschen was weg und dramatisiert hier und dort ein wenig dazu, damit es passt. Und deshalb gibt's nichts zum schmackhaft machen.

Gut. Dann stecke ich als deutscher Friedensnobelpreisträger Frau Davis als US-amerikanische Friedensnobelpreisträgerin wieder in die Kiste, in die sie sich selbst mit großem Engagement hineinbugsiert hat. Wieso diese Frau "einen gewissen Einfluss" haben soll ist mir ein Rätsel, an ihren Auftritten in der Anti-Mobilfunk-Debatte kann es nicht liegen. Jemand, der sie von Wissenschaftskongressen her kennt, kommentierte eine ihrer Präsentationen nur lakonisch: "Darauf hätte ich gerne verzichten können. Zu übertrieben."

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Davis, Desinformation, Alarmschläger, Elektrosmog-Report, 2B, Trittbrett, Kaffee, Wilke, Monographie


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