Gesundheitstipp: Abzocke mit überteuerten EHS-Artikeln (Elektrosensibilität)
Das Schweizerische Gesundheitsmagazin Gesundheitstipp fällt mir regelmäßig unangenehm auf wegen seiner unqualifizierten Berichterstattung über "Elektrosensible" (angebliche Elektrosmog-Betroffene). Das Blatt ist bei diesem Thema völlig unkritisch, ignoriert den wissenschaftlichen Kenntnisstand und bestärkt überzeugte Elektrosensible in ihrem Wahn, z.B. schwache Funkfelder körperlich unangenehm wahrnehmen zu können. Aus dieser Perspektive ist der Gesundheitstipp für jeden "Elektrosensiblen" schädlich, da er die Betroffenen einer qualifizierten kognitiven Verhaltenstherapie entfremdet.
Seit einiger Zeit beutet Gesundheitstipp auch "elektrosensible" Laufkundschaft aus, indem dieser Zielgruppe Artikel über "Elektrosensible"/Elektrosmog kostenpflichtig untergejubelt werden. Neugierige Leser können nur den Beginn eines Artikels gratis lesen, wer mehr will muss zahlen. Dieses Geschäftsmodell verfolgen auch andere Online-Medien, bei Gesundheitstipp sind die Preise jedoch ungewöhnlich hoch. So verlangt das Blatt für den jüngsten Artikel Krank durch Elektrosmog: Jetzt berichten Betroffene (Gesundheitstipp 04/2018 vom 18. April 2018) sage und schreibe 3 CHF (etwa 2,50 Euro), ein komplettes Heft kostet am Kiosk 4,50 CHF. Zum Vergleich: Das Nachrichtenmagazin Spiegel-Online verlangt für seine kostenpflichtigen Artikel bescheidene 39 Cent. Es scheint paradox: qualitativ billiger Boulevardjournalismus ist finanziell 6-mal teurer als echter Qualitätsjournalismus. Ich meine, dies ist nicht paradox, sondern nur unverschämte Abzocke. Denn Gesundheitstipp weiß ganz genau, wie sehnsüchtig "Elektrosensible" auf Artikel warten, die das tun, was den Betroffenen mit am Wichtigsten ist: ihnen beipflichten! Und mit Elisabeth Buchs hat Gesundheitstipp auch einen "elektrosensiblen" Vorstand des Vereins "Gigaherz" für die zielgruppenspezifische Verkaufsförderung gewinnen können, Frau Buchs wirbt im Gigaherz-Forum irritierend fleißig für Gesundheitstipp. Dies kann freilich auch Ausdruck einer grenzenlosen Naivität sein.
Kleiner Trost: Nur wenn Dummheit und "Elektrosensibilität" in einer unheiligen Allianz zusammen finden, klingelt bei Gesundheitstipp die Kasse. Weil es jedoch ohnehin nur eine Handvoll überzeugte Elektrosensible in der Schweiz gibt, sollte Gesundheitstipp an der Teilmenge der dummen "Elektrosensiblen" nicht allzu viel Freude und noch weniger Einkünfte haben.
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –