Sittenbach: Mobilfunkgegner erfolgreich, diesmal ... (Allgemein)
31 Jahre nachdem der GSM-900-Mobilfunk in Deutschland ausbrach, kann der Stuttgarter Anti-Mobilfunk-Verein Diagnose-Funk einen schönen Erfolg verbuchen. In Sittenbach, einem Ortsteil von Odelzhausen bei Dachau, fürchtet eine 63-Jährige um die Gesundheit ihrer Enkelkinder. Denn die wohnen direkt neben der Feuerwache, auf deren Dach die Telekom einen Funkmasten errichten möchte. Dass Gefahr in Verzug ist, weiß die Großmutter von Diagnose-Funk. Treffer! Wir gratulieren.
Am 28. Februar 2024 berichtete die Süddeutsche, wie das Gezerre um den Funkmast auf der Feuerwache ausgegangen ist. Hier Auszüge aus dem Beitrag:
Nur der eine und sonst keiner
[...] Der Wunsch nach besserem Handy-Empfang in Sittenbach war bereits vor Längerem an den Odelzhausener Bürgermeister herangetragen worden. Gespräche, die die Gemeinde daraufhin mit der Telekom geführt hatte, ergaben, dass für das Unternehmen nur ein einziger Masten-Standort infrage kam: das Dach des Feuerwehrhauses in der Ortsmitte. Andere Standorte lehnte die Telekom ab; sie seien nicht wirtschaftlich zu betreiben.
[...]
Die Unterschriftensammlung der Interessengemeinschaft ergab, dass die Meinungen innerhalb der Sittenbacher Bürgerschaft deutlich auseinandergehen: Befürworter und Gegner des Mastbaus auf dem Feuerwehrhaus halten sich in etwa die Waage. Viele Bürger hätten sich einen Standort außerhalb der Ortschaft gewünscht.
[...]
Angesichts dieser Stimmungslage beschloss der Odelzhausener Gemeinderat, die Bürger zu befragen. Alle in Sittenbach gemeldeten Personen über 18 Jahre sollten sich dazu äußern können, ob sie mit einer Mobilfunkantenne auf dem Dach des Feuerwehrhauses einverstanden wären. Stichtag für die letztmögliche Abgabe des Fragebogens war der 12. Februar 2024. Die Resonanz auf die Bürgerbefragung war enorm: Von 487 versandten Fragebögen wurden 264 zurückgeschickt. Mit "Ja" stimmten 117 Personen, 146 lehnten es ab.
Im Gemeinderat wurde dem Beschlussvorschlag, das Projekt aufzugeben, angesichts des Votums ohne weitere Diskussion einhellig zugestimmt. Lediglich ein Ratsmitglied brachte noch einmal die Frage nach einem Alternativstandort auf. Bürgermeister Markus Trinkl (CSU) beantwortete sie mit Verweis auf die Haltung der Telekom, die allen Alternativen eine Absage erteilt hatte.
[...]
Kommentar: Tja, so ist das nun mal in der Demokratie, die Mehrheit bestimmt wo's lang geht, auch wenn eine Entscheidung irrational begründet ist. Mein Bauch hebt allerdings mahnend den Zeigefinger und meint, in spätestens fünf bis acht Jahren wird sich im "Tal der Strahlungslosen" (Süddeutsche) eine Mehrheit für einen Funkmasten gebildet haben. Denn so deutlich wie in der Süddeutschen dargestellt, lagen Befürworter und Gegner des Funkmasten gar nicht auseinander. Es hätte schon genügt nur 15 Gegner zu Befürwortern umzuprogrammieren. Nachwachsende junge Leute, die an den Vorteilen einer guten Mobilfunkversorgung unbesorgt teilhaben möchten, sollten so einen Umschwung in absehbarer Zeit auf natürliche Weise herbeiführen. Ob es der Gemeinderat dann im Kreuz hat, irrationale Bedenken tapfer abzuwinken oder er sich abermals mit einer Bürgerbefragung aus der Klemme rangiert, werden wir sehen. Gegenwärtig ist das Dorf Sittenbach und Umgebung jedenfalls von keinem einzigen Funkmast kontaminiert wie unten der Screenshot der BNetzA-EMF-Karte zeigt. Man muss wirklich kein Prophet sein um zu prophezeien: Mobilfunkgegner werden, ist nicht schwer, Mobilfunkgegner bleiben dagegen sehr. Telekom & Co. haben keine Eile, das Dorf mit Mobilfunk besser zu versorgen, die können in aller Ruhe abwarten bis es in Sittenbach wieder rumort und der Odelzhausener Bürgermeister abermals vorstellig wird.
Sittenbach und Umgebung ist im Februar 2024 ein funkfreies Refugium.
Bild: BNetzA
Weiterführendes
► Auch merkur.de berichtete über den "Erfolg" der Sittenbacher Bürgerinitiative.
► Was ein Reporter der Dachauer Nachrichten von dem "Erfolg" hält, hier hat er es kund getan.
► Wirksame Gesundheitsvorsorge mit Sendemasten in Wohngebieten
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
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