5G-Allzweckstudie der AfD: Sumpfgasblasen (Forschung)

H. Lamarr @, München, Mittwoch, 27.01.2021, 23:57 (vor 1354 Tagen) @ H. Lamarr

Am 17. Dezember beriet der Deutsche Bundestag den Antrag der AfD in einer auf 30 Minuten begrenzten sehenswerten Debatte, die man sich im Parlamentsfernsehen anschauen kann.

Diese Debatte ist auch einem gewissen Peter Rath(-Sangkhakorn) nicht entgangen. Auf der weltbekannten Website Büro gegen Alterdiskriminierung macht der Mann seinem Ärger über die Rede des Abgeordneten Falko Mohrs (SPD) Luft. Und schnell wird klar: Die Munition, die Rath gegen Mohrs verballert, die hat er sich mittelbar und unmittelbar bei Diagnose-Funk besorgt. Da dieser Ratgeber schlecht ist, macht auch Rath keine gute Figur. So behauptet er beispielsweise ...

MdB Mohrs erweckt den Eindruck, es gäbe 28.000 Studien zu Mobilfunk und 5G, die die Unschädlichkeit, aber nur 400, die Risiken nachweisen (woher hat Herr Mohrs die Anzahl 28.000, gegenwärtig stehen 32.508 Studien im EMF-Portal ?!). Mit diesem Zahlen-Bluff geht nicht einmal mehr die Mobilfunkindustrie hausieren. Mohrs dokumentiert damit: Er weiß zwar, dass das EMF-Portal existiert, aber hat sich offensichtlich noch nie näher mit ihm und der Studienlage beschäftigt! Dort gibt es nämlich eine Rubrik, die auflistet, wieviel Studien von den 32.508 dem Mobilfunk zuzurechnen sind: Es sind derzeit (Stand 20.12.2020) exakt 1.658 Studien unter medizinisch/biologisch & epidemiologisch eingestellt, davon sind nur 2 med./biol.Studien zu 5G.

Von diesen 1.658 Studien zeigen – nach der 14-jährigen kontinuierlichen Auswertung von diagnose:funk – ungefähr 900 Studien biologische Effekte. [...]

Klingt erst mal gut, denn mit seinen 28'000 Entlastungsstudien zur Strahlung von 5G liegt Mohrs tatsächlich weit neben der Spur, übrigens der einzige grobe Schnitzer in seiner 6-Minuten-Rede. Und Rath? Der behauptet, von 32'508 im EMF-Portal gelisteten Studien seien 1658 dem Mobilfunk zuzurechnen und davon wären nur zwei medizinisch/biologische Studien zu 5G. Das ist nicht viel besser als das, was Mohrs verbockt hat. Denn das EMF-Portal kennt (Stand: heute) nicht 1658 Mobilfunkstudien, sondern 3514, und davon sind 214 5G zuzuordnen (drei medizinisch/biologische Studien). Aber: Die 5G-Studienselektion des EMF-Portals bezieht sich ziemlich willkürlich nur auf Studien, deren Autoren explizit erklärten, 5G untersucht zu haben. Diese Einengung führt zwangsläufig zu einer starken Unterschätzung der tatsächlichen Studienlage, denn 5G kann ab 450 MHz zum Einsatz kommen (FR1: 450 MHz bis 6 GHz), also auf Frequenzen, die seit langem ausgiebig untersucht sind. Das EMF-Portal weist daher ausdrücklich darauf hin: Zur Beurteilung von 5G können darüber hinaus noch weitere Studien mit anderen Mobilfunk-Expositionen und Millimeterwellen-Exposition von Bedeutung sein. Doch trotz ersichtlich gutem Willen fördert das EMF-Portal mit seiner 5G-Studienselektion unabsichtlich die Mär von der angeblich unerforschten und deshalb risikobehafteten 5G-Technik, an der sich gegenwärtig so viele Berufszweifler abarbeiten.

Doch zurück zu Peter Rath, der sich mit der Behauptung "[...] zeigen – nach der 14-jährigen kontinuierlichen Auswertung von diagnose:funk – ungefähr 900 Studien biologische Effekte" in die Sagen- und Märchenwelt seiner Ratgeber begibt. Denn die dilettantische Alarmstudiendatenbank von Diagnose-Funk gibt es nicht 14 Jahre, sondern zwei Jahre, und statt 900 Alarmstudien hortet diese gegenwärtig nur 515 (Stand: heute). Aus welchen Quellen Rath seine Zahlen zaubert ist nicht ersichtlich – und, weil belanglos, auch nicht wichtig.

Kommen wir nun zur Erklärung für die "Sumpfgasblasen" im Postingtitel. Eine dieser übel riechenden Gasblasen ist Raths Autorenprofil auf der nicht für Seriosität berühmten Plattform "Rubikon", auf der sich auch Ex-Tabaklobbyist und Mobilfunkgegner Franz Adlkofer wohlfühlt. Stärker stinkt aber eine andere Blase. Peter Rath betreibt den kleinen Pad-Verlag, mit dem er Autoren eine Chance gibt, um deren Werke sich andere Verlage nicht unbedingt reißen. Hier schließt sich der Kreis zum Sumpf, denn im Programm des Pad-Verlags finden sich neben Werner Thiede auch Kampfschriften der beiden Diagnose-Funker Jörn Gutbier und Peter Hensinger. Mit einem Stückpreis von 6 Euro wird damit bestimmt niemand reich. Ziel der Übung dürfte stattdessen sein, über einschlägige Netzwerke und Helfershelfer das verschrobene Gedankengut der Diagnose-Funker in dafür anfällige gesellschaftliche Kreise zu injizieren, um den beabsichtigten Erosionsprozess einzuleiten (Entwicklung von Misstrauen gegenüber Wissenschaft und staatlichen Einrichtungen) und die "außerparlamentarische Opposition" (APO) der "68er-Generation" mit neuen Mitteln und Themen wieder aufleben zu lassen.

Hintergrund
Broschüren - Diagnose:Funk - PAD-Verlag

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Seilschaft, Adlkofer, Diagnose:Funk, AfD, Rubikon, Pad-Verlag, Rath-Sangkhakorn, Alternativ Plattform


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