Magnetfelder sollen höheres Asthmarisiko bewirken (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Freitag, 18.11.2011, 09:27 (vor 4787 Tagen) @ H. Lamarr

Besseren Journalismus bieten z.B. das Deutsche Ärzteblatt oder der "Spiegel".

Jetzt, ein paar Monate später, taucht diese Geschichte noch einmal auf, diesmal in Deutsche Ärztezeitung. Dort wird wenig skeptisch berichtet, leicht denkbar, dass Ärzte durch solche Beiträge zu "Elektrosmog-Diagnosen" verleitet werden. Bekanntlich ist laut einer Studie der Kenntnisstand von Ärzten bezüglich elektrischer, magnetischer und elektromagnetischer Felder erschreckend schlecht. Dies erhöht die Anfälligkeit der Mediziner, vorgetragene Schlüsse auch dann unbesehen zu übernehmen, wenn es glatte Fehlschlüsse sind oder sie auf wackligen Beinen stehen.

Die Elektrosmog-Asthma-Studie ist im Gegensatz zur Darstellung in der Ärztezeitung so ein Wackelkandidat, dem nicht blind Glauben geschenkt werden darf. Zu den im Strang bereits geschilderten skeptischen Anmerkungen habe ich auf der Website junkscience.com*) noch eine weitere substanzielle Kritik gefunden, der zufolge die Studie ursprünglich gar nicht auf einen Zusammenhang von Magnetfeldimmission und Asthma aus war: "... the study was designed to look for an association between EMF exposure and and miscarriage, not EMF and asthma. The asthma finding is there fore mostly likely to be an artifact of the study design — one most likely found through the multiple comparisons fallacy (i.e., if you look for enough associations, one or more will occur simply by chance)."

Ein Arzt, der den Artikel in der Ärztezeitung unbesehen inhaliert muss zu einem völlig anderen Schluss kommen als einer seiner Kollegen, der misstrauisch ist und sich die Mühe macht, zusätzliche Informationen einzuholen. Beim einen ist die (irrtümliche) Elektrosmog-Diagnose gut möglich, beim anderen nicht.

Der unheilvolle Effekt einseitiger Information hat in der Mobilfunkdebatte mMn einen besonders hohen Stellenwert. Viele der Akteure fühlen sich von den komplexen elektrotechnischen Zusammenhängen völlig überfordert. Dies erst ist die große Chance der Anti-Mobilfunk-Vereine wie Bürgerwelle, Diagnose Funk oder Gigaherz, die den Überforderten sehr gerne meinungsbildend die Welt erklären. Mangels eigener Kompetenz und vielleicht auch wegen einer gehörigen Portion Bequemlichkeit glauben die Leute, das, was ihnen die Vereine an "Information" vorsetzen. Und damit ist die Falle auch schon zugeschnappt, "ohne Sinn und Verstand" werden die Parolen verbreitet und die Phrasen gedroschen, die wöchentlich der Glaubensgemeinschaft mit Newslettern und dergleichen eingeimpft werden. Hier in unserem Fall wird etwa das Ergebnis der Asthma-Studie als erwiesene Tatsache ausgegeben und alles an Einsprüchen weggelassen, was diesen Eindruck schmälern könnte. So wird seit jeher Meinung für Bequeme und [...] gemacht.

Dass die Glaubensgemeinschaft nicht "nur so" oder weltverbesserisch regelmäßig neu mit Desinformation befruchtet wird, sondern aus ganz konkreten und mMn unredlichen Motiven heraus, das ist wieder eine andere Geschichte.

*) Nachtrag vom 19.11.2011, 22:13 Uhr: Die genannte Website wird von einem Mann betrieben, der mit der Tabakindustrie verbandelt war und evtl. noch ist, nachzulesen in diesem Strang.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Magnussen, Tabakdokumente, Ablenkungsforschung, Asthmar


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