Diagnose-Funk-Geschwätz: zwölf Jahre später (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Freitag, 10.01.2020, 12:55 (vor 1641 Tagen) @ Doris

Spezialist warnt vor enormem Anstieg von Tumoren
31.03.2008
[...]
Mobiltelefone könnten viel mehr Menschen töten als das Rauchen oder Asbest. Dazu ist eine Studie eines mit Preisen ausgezeichneten Krebsspezialisten gekommen. Er sagt, die Menschen sollten sie wo immer möglich meiden und die Regierungen und die Mobilfunkindustrie müssen sofortige Schritte unternehmen, um die Strahlenexposition zu reduzieren.

Die Studie von Dr. Vini Khurana ist die vernichtendste Anklage, die über Gesundheitsrisiken veröffentlicht wurde. Sie stützt sich auf einen wachsenden Beweis - exklusiv berichtet in der IoS im Oktober - dass der Gebrauch von Mobiltelefonen während 10 Jahren oder länger das Risiko für einen Hirntumor verdoppeln kann. Krebse brauchen für ihre Entwicklung mindestens 10 Jahre, wobei sich die offiziellen Zusicherungen für Gefahrlosigkeit auf frühere Studien stützen, von denen es wenige gibt bei Menschen, die die Telefone lange benutzt hatten.

Die dramatische Hirntumorprognose des "Spezialisten" ist jetzt bald zwölf Jahre her. Und wie ist der Sachstand heute, hat sich Khuranas "vernichtendste Anklage" bewahrheitet?

Nein, sie hat sich nicht bewahrheitet!

Viele Milliarden Menschen benutzen seit mehr als zehn Jahren Mobiltelefone. Wäre an Khuranas Weissagung etwas dran, müssten sich in allen Hirntumorregistern dieser Welt die altersstandardisierten Inzidenzraten ziemlich synchron nach oben bewegt haben. Tun sie aber nicht, sehr zum Leidwesen von Diagnose-Funk (Beispiel).

Notgedrungen stochern überzeugte Mobilfunkgegner deshalb heute im statistischen Bodennebel von Hirntumorinzidenzen herum, um wenigstens ein bisschen recht zu behalten. Das pauschale Gerede von Hirntumoren wegen EMF-Einwirkung ist deshalb inzwischen verstummt, heute suchen Mobilfunkgegner in Hirntumorstatistiken gezielt nach Hirntumoren, deren Inzidenz tatsächlich nach oben weist (z.B. Tumoren im Schläfenlappen) und schlagen jetzt eben damit Alarm. Doch nach wie vor wird bei diesen Alarmen geflissentlich übersehen, dass diese länderspezifisch gelten und kein weltweiter Trend sind. So begeistert sich Franz Adlkofer z.B. für einer Studie in Großbritannien, die einen deutlichen Anstieg der Tumorinzidenz im Schläfenlappen dem Handygebrauch zuschreibt. Aber: Gäbe es tatsächlich einen Kausalzusammenhang mit Mobiltelefonen, müsste die Tumorinzidenz in den Schläfenlappen nicht nur in UK zunehmen, sondern z.B. auch in Deutschland. Davon aber ist weit und breit nichts zu sehen. Wie das Brexit-Votum der Briten belegt, könnte das Hirn jedes zweiten Inselbewohners allerdings anders konstruiert sein als das der Kontinentaleuropäer ...

Diagnose-Funk wurde mit seinem kolportierten Alarmgeschwätz schon 2008 hier im Forum nicht ernst genommen, jetzt hat die Zeit den Verein eingeholt und widerlegt.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –


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