Die Messwerte lassen wir besser weg (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 16.05.2013, 00:36 (vor 4214 Tagen) @ Raylauncher

In einem Fall ist ein kleinerer verdorrter Baum zur Sendeantenne durch ein Gebäude abgeschattet. Um trotzdem eine Erklärung für eine schädigende Befeldung durch diese zu konstruieren, wird der Beugungseffekt als Mechanismus zur "Strahlenumlenkung" bemüht. Bei einer Totalabschattung wird man in der Praxis wohl mit Dämpfungswerten um 30 dB (Faktor 1000) rechnen müssen. Ohne Reflexionen aus der näheren Umgebung wäre die Dämpfung noch wesentlich höher.

Es hätte FunkySchool gut zu Gesicht gestanden, sich auch um solche physikalischen Zusammenhänge zu kümmern, die eine objektiv-kritische Bewertung der Behauptungen von Mobilfunkgegnern zulassen. Leider findet sich dazu nichts in dem Lernmaterial, das mMn voll auf Alarm programmiert ist.

Das "Fotoalbum" erinnert mich dann doch recht stark an die Elaborate einer Frau Dr. med. Selsam aus Bamberg.

Was mich bei diesen farbenfrohen "Baumkasuistiken" stört ist der Dilettantismus, mit dem selbst langjährige Mobilfunkgegner damit hantieren. Da werden einem z.B. halbtote Bäume präsentiert, die entweder oben oder an einer Seite kahl wie "Charles" Dickkopf sind, dann wird einem dazu ein Senderchen im Kreis gezeigt oder schicke Pfeile machen klar, woher "die HF" kommt. Das mag Alfred und Eva entzücken, mir reicht das hinten und vorne nicht, weil jegliche Objetivierung durch Messwerte fehlt.

Ich möchte wetten: Bei dem bemitleidenswerten Bäumchen, die hier links im Bild zu sehen sind, lässt sich kein stimmiger Nachweis bringen, dass in den kahlen Krönchen sagen wir mal 5 mW/m² zu messen sind und einen Meter weiter unten dann begrünende 100 µW/m². Oder allgemeiner gesagt: Ein großes Messwerte-Verhältnis von mehr als 100 zwischen kahlen und grünen Stellen eines Baumes. Natürlich gemittelt über die Zeit, damit der kurze Peak durch Reflexion an einem vorbeifahrenden Reisebus, nicht alles verfälscht. Mir ist keine einzige "Baumkasuistik" bekannt, die mit einer halbwegs brauchbaren Dosimetrie Eindruck machen könnte. Und ich fürchte, die fleißigen Helferlein der W-S-Klasse sind lange vor mir auf die Idee mit den Messungen gekommen. Dabei stellte sich schnell heraus, dass die Wertedifferenzen von kahl zu grün völlig unspektakulär sind - und deshalb hat die Gefechtsführung beschlossen: die Messwerte lassen wir besser weg.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –


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