Glioblastome in UK: Scheinkorrelation mit Handynutzung (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Freitag, 26.10.2018, 23:54 (vor 2007 Tagen)

Microwave News berichtet von einer neuen Hirntumorstudie in Großbritannien, die untersucht hat, inwieweit sich die Zunahme von Glioblastomen in unterschiedlichen Gehirnregionen einschließlich bös- und gutartiger Unterarten in den Schläfenlappen auf den Gebrauch von Mobiltelefonen zurückführen lassen. Das Studiendesign ist kompliziert und für fachliche Laien kaum zu verstehen, ich wage dennoch mal, es grob herunter zu transformieren.

Studienautor Frank de Vocht verwendete (vereinfacht beschrieben) britische Diagnosedaten von 1985 bis 2005, um Trendverläufe und zu erwartende Fallzahlen zu berechnen. Die erwarteten Fallzahlen verglich er mit jüngeren realen Diagnosen der Jahre 2006 bis 2014. Dabei stellte sich u.a. heraus, dass die Anzahl der Glioblastome im Frontallappen um rd. 36 Prozent über dem erwarteten Wert lag und in den Schläfenlappen sogar um knapp +38 Prozent. Dieses Ergebnis stützt den Verdacht, Mobiltelefone könnten für die Zunahme der Glioblastomfälle verantwortlich sein, denn Front- und Schläfenlappen werden beim Telefonieren am Ohr am stärksten exponiert. Doch der Studienautor weiß mehr: Die alarmierenden Ergebnisse träten hauptsächlich bei zwei Diagnosegruppen mit älteren Patienten auf (75+ und 85+), ein kausaler Zusammenhang mit Handys sei daher unwahrscheinlich. Zudem fand de Vocht keine Hinweise, die Mobiltefone mit Akustikusneurinome und Meningiome in Verbindung bringen könnten. Der Studienautor macht, wie es sich für ordentliche Wissenschaftler gehört, auf Schwächen seiner Arbeit aufmerksam und räumt ein, Funkstrahlung als kausaler Faktor für Gliome sei zwar unwahrscheinlich, könne aber auch nicht gänzlich ausgeschlossen werden.

Bei Microwave News liest sich das alles natürlich ganz anders. Dort kommt auch der britische "Wissenschaftler" Alasdair Philips zu Wort, bei dem Louis Slesin allerdings vergessen hat zu erwähnen, dass der Chef von Powerwatch (Anti-Mobilfunk-Gruppierung) und Anteilseigner sowie Technischer Direktor der Firma EMFields ist (baut Elektrosmog-Messgeräte). Würde sich ein bei der Anti-Mobilfunk-Szene unbeliebter Wissenschaftler einen derartigen Interessenkonflikt leisten, das Gezeter der Szene würden am Nordpol die Eisbären und am Südpol die Pinguine hören. So aber wird von der Szene über Alasdair Philips' Interessenkonflikt, den er selbst nicht verheimlicht, genauso angestrengt geschwiegen wie über die wenig ruhmreiche Historie des Ex-Tabaklobbyisten Franz Adlkofer.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Interessenkonflikt, Hirntumor, Gliom, Slesin, Entwarnung, EMFields, Akustikusneurinom, Vocht, Philips, Powerwatch


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