Stellungnahme des evangelischen Kirchengemeinderates (Allgemein)

Gast, Freitag, 02.12.2016, 13:13 (vor 2913 Tagen) @ H. Lamarr

Stellungnahme des evangelischen Kirchengemeinderates zur Mobilfunkstation in der Kirche am Berg in Herbolzheim!

Der Mobilfunk ist ein fester Teil unserer heutigen Gesellschaft geworden. Nahezu alle gesellschaftlichen Gruppen und Träger nutzen den Mobilfunk, auch bei den so wichtigen gesellschaftlichen Aufgabenträgern wie der Feuerwehr, Polizei, ärztliche Not- und Pflegedienste ist der Mobilfunk eine zum Teil lebensentscheidende Hilfe geworden. Die Landeskirchen, Kirchengemeinden und Mitchristen selbst nutzen ebenfalls mehrheitlich den Mobilfunk. Insofern ist ein Großteil unserer Gesellschaft wie auch unserer Kirchengemeinde an einem möglichst leistungsstarken Mobilfunknetz interessiert.

Im Juni 2015 erhielt die evangelische Kirchengemeinde Herbolzheim eine Interessenbekundung von Vodafone, ob eine Mobilfunkstation im Kirchturm auf Basis eines Mietverhältnisses installiert werden könne. Die Überprüfung dieser Anfrage bis zur Entscheidung umfasste über neun Monate und hat auf verschiedenen Ebenen folgende Ergebnisse hervorgebracht.

I. Technische und rechtliche Informationen von Vodafone

1) Vodafone wird sein Netz von der Bergseite her gestalten. Technisch und von den elektromagnetischen Immissionswerten gesehen ist die Kirche am Berg der beste Standort.

Vodafone wird nach eigenen (uns auch schriftlich vorliegenden) Worten auf jeden Fall eine Mobilfunkstation ‚am Berg' einrichten. Weitere Standorte wie z.B. der mögliche zukünftige Mast am ehemaligen Hela-Baumarkt wurden definitiv ausgeschlossen. Für Vodafone ist der Standort in der Kirche am Berg der optimale Standort, da aufgrund der exponierten Lage ohne Abschattungen umgebender Gebäude und Pflanzen mit der geringstmöglichen Abstrahlungsintensität gearbeitet werden kann. Sollte keine Vereinbarung mit der Kirchengemeinde möglich sein, hat Vodafone uns mitgeteilt, dass sie einen alternativen Standort an den Privathäusern am Berg suchen werden und bereits dafür Interessenten kennen.

2) Vodafone kann ohne offizielle Baugenehmigung auf jedes Haus seine Mobilfunkstationen aufbauen.

Für die Realisierung der Mobilfunkstation liegt der Wohnbereich am Berg in einem baugenehmigungsfreien Bereich. Es bedarf nach heutiger Gesetzeslage keinerlei Zustimmung seitens der Stadt oder sonstiger Ämter, lediglich der Mobilfunkbehörde, die aber bereits vorliegt. Die Realisierung beruht somit nur noch auf der Vermietungsbereitschaft eines Hauseigentümers in dessen Bereich.

3) Technische Umsetzung in der Kirche ist einfach zu gestalten Die Unterbringung der Senderanlage im Kirchturm (auf zwei Ebenen, entlang der Kirchturmfenster) ist technisch recht leicht realisierbar, es wird keine Veränderungen am äußeren Kirchengebäude geben, die den Denkmalschutz betreffen. Der Stromverteiler wird hinter der Kirche stehen, Vodafone hat zugesagt, dass keine akustischen Beeinträchtigungen vorliegen werden.

II. Veranlasste Überprüfung des Standortes der Kirche am Berg durch die evangelische Kirchengemeinde Herbolzheim

1) Elektromagnetische Immissionswerte liegen sehr deutlich unter dem gesetzlichen Grenzwert

Die evangelische Kirchengemeinde hat zur Analyse der Situation mit Prof. Dr.-Ing. Matthias Wuschek von der Technischen Hochschule Deggendorf einen renommierten und zertifizierten unabhängigen Gutachter engagiert. Er hat die elektromagnetischen Immissionswerte für zahlreiche Häuser im Umfeld der Kirche berechnet. Fast alle Häuser liegen selbst bei maximaler Sendeleistung unter zehn Prozent des gesetzlich erlaubten Maximalwertes. Damit liegt das Ergebnis sogar unter dem Grenzwert der Schweiz.

2) Ein gesundheitliches Restrisiko ist nie auszuschließen, ist aber nach heutigem Forschungsstand als gering zu bewerten.

Keine wissenschaftliche Untersuchung kann ausschließen, dass über eine lange Zeit hinweg nicht eine Gesundheitsgefährdung vorliegen könnte. Dies gilt aber für alle wissenschaftlichen-medizinischen Bereiche. Die WHO sieht aktuell nach Sichtung der weltweiten Forschungsergebnisse keine Anzeichen für eine Gesundheitsgefährdung bei Beachtung der vorgegebenen gesetzlichen Grenzwerte. Diese Meinung teilte auch unser Gutachter Prof. Wuschek, der nationales und internationales Renommé hat in der Forschung über EMV (Elektromagnetische Verträglichkeit).

Es gilt an dieser Stelle zu sagen, dass immer wieder Einzelstudien erscheinen, die doch von einer Gesundheitsgefährdung ausgehen, sie sind aber Stand 2016 nicht als offizielle Position der großen Gesundheitsverbände oder der technischwissenschaftlichen Hochschulen und Universitäten anerkannt. Ganz im Gegenteil weist die absolute Überzahl der Untersuchungen daraufhin, dass gesundheitliche Effekte elektromagnetischer Felder, wenn sie denn überhaupt existieren, sehr klein sind und durchaus den Gesundheitsrisiken entsprechen, denen wir als Bevölkerung im Alltag auch anderweitig ausgesetzt sind.

3) EKD-Rahmenvertrag sieht Ausstieg bei veränderten wissenschaftlichen Erkenntnissen vor

Die Evangelische Kirche Deutschland (EKD) hat einen Rahmenvertrag entworfen, der von allen Kirchengemeinden anzuwenden ist bei Vertragsabschlüssen mit Mobilfunkanbietern.

Die Verträge werden in der Regel über zehn Jahre geschlossen und können dann verlängert werden. Sollte wissenschaftlich nachgewiesen werden, dass durch elektromagnetische Immissionen durch Mobilfunkantennen gesundheitliche Gefährdungen erzielt werden, kann die jeweilige Kirchengemeinde sofort den Vertrag kündigen.

III. Beschluss des evangelischen Kirchengemeinderats Herbolzheim

Der evangelische Kirchengemeinderat hat mit deutlicher Mehrheit beschlossen, dass mit Vodafone ein Vertrag zur Nutzung einer Mobilfunkstation im Kirchturm abgeschlossen wird, sofern eine finanzielle Einigung über die monatliche Miete erzielt wird. Der Kirchengemeinderat hat wahrgenommen, dass es zwar im Bereich der Gesundheitsgefährdungseinschätzung Studien gibt, die Bedenken formulieren, die aber bei weitem nicht die große Mehrheit der nationalen und internationalen Forschungsergebnisse widerspiegeln. Der Kirchengemeinderat erkennt an, dass manche Mitchristen das Gebäude unserer Kirche von einer kommerziellen Nutzung freihalten wollen, die Mehrheit aber teilt diese Ansicht nicht. Es sei aber an dieser Stelle angemerkt, dass Kirchen werbungsfrei zu halten sind, dies erfüllt unsere Kirchengemeinde, da sie für die Öffentlichkeit unsichtbar lediglich für Vodafone einen Bereich des Kirchturms vermietet, aber keine Werbung zulässt.

Besonders ausschlaggebend war für die Entscheidung des Kirchengemeinderates nicht der finanzielle Anreiz, sondern die Tatsache, dass Vodafone auf jeden Fall einen Standort am Berg wählen wird und der Kirchturm der Standort ist, der für die Anwohner am wenigsten Immissionswerte bedeuten wird. Zudem geht der Kirchengemeinderat nicht von einer Gesundheitsgefährdung der Anwohner aus.

Wir anerkennen den hohen Einsatz, den einige Gegner des Standortes Kirchturm eingebracht haben, diese haben uns zu einem vertieften Nachdenken gebracht. Wir bitten aber jetzt auch um Verständnis, dass wir auf Basis der oben genannten Argumente für den Standort Kirche am Berg votiert haben.

Die nächsten Schritte werden jetzt die Vertragsgespräche mit Vodafone sein, wir informieren die Öffentlichkeit sobald ein Vertrag geschlossen wurde und der Einbau der Mobilfunkstation begonnen hat. Sollte seitens der Bevölkerung Interesse an einer Einsicht in die vorliegenden Dokumente, insbesondere in das Immissionsgutachten bestehen, liegen diese nach Rücksprache mit Pfr. Oliver Wehrstein zur Einsichtnahme bereit.

Im Namen des evangelischen Kirchengemeinderates Renate Bannwarth (1. Vorsitzende) und Pfr. Oliver Wehrstein Herbolzheim 21.3.2016

Tags:
Immissionsgutachten, Wuschek, EMF-Sachverständiger, Herbolzheim


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