Vorsicht Advertorial: Schweiz Magazin kuppelt mit Baubiologie (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Mittwoch, 30.11.2016, 16:14 (vor 2914 Tagen) @ H. Lamarr

Ein typisches Advertorial, also ein nach Redaktion aussehender Beitrag mit werblicher Absicht, ist der Artikel Macht die Wohnung krank? in Schweiz Magazin. Der Artikel plätschert harmlos wie ein Bergbächlein dahin, hier ein Linkchen und dort eines, Substanz aber hat das Ganze nicht. Doch das gehört mit zum Spiel, denn der Leser soll in diesem Artikel ja eben gerade keine brauchbaren Antworten auf seine Fragen bekommen. Der entscheidende Link steht ganz unten, er führt zum Download eines 112 Seiten starken nagelneuen Gratis-Buches mit dem leckeren Titel: Wohngesund bauen & renovieren. Tja, wer will das nicht?! Und schon hängt der Interessent am Haken. Die rd. 20 Seiten umfassende Elektrosmog-Abteilung des e-Buches beginnt mit einem Grußwort von Dr. Moldan, dann werden schön bunte Grafiken eines von Elektrosmog verseuchten Schlafplatzes präsentiert, deren Rotanteil mit steigendem Sanierungsgrad bis auf Null abnimmt wobei ein Netzfreischalter aus bayerischer Knatterbox-Produktion den Gipfel der Kunst symbolisiert. Es geht in gewohnter Weise um NF und um HF, gewürzt mit ein paar dramatische Fallgeschichten, und der Teufel, der Ungläubigen erbarmungslos an die Wand gemalt wird heißt: Krebs. Man kann das einpeitschende Briefing der Textredaktion durch den Auftraggeber förmlich riechen, schade, dass sich überhaupt jemand dafür hergibt, eine derartige Verführung zu texten.

Mit dem geschenkten Buch holt man sich einen "Trojaner" ins Haus, der versucht, dem Leser unentgeltlich eine Parallelwelt mit allerlei gefährlichen Risiken nahe zu bringen, einschließlich der Anpreisung entgeltpflichtiger "Schutzmaßnahmen". Diese Maßnahmen sind freilich ebenso unnötig wie kostspielig, sie bedienen lediglich irrationale "gefühlte" Ängste. Vernünftige Menschen brauchen nichts, zu dem dieser sogenannte Ratgeber in seiner EMF-Abteilung rät, unvernünftige werden für ihre Unvernunft gnadenlos zur Kasse gebeten.

Schweiz Magazin wirbt also auf unseriöse (heimliche) Weise für häufig unnötige Dienstleistungen der Baubiologie. Herausgeber des e-Buches ist die Benz GmbH & Co. KG Baustoffe in 74924 Neckarbischofsheim.

Da das Advertorial in Schweiz Magazin nicht besonders lesenswert ist und eher Tristesse verbreitet, hat das Magazin dem Langweiler einen Hingucker in Gestalt einer kleinen Umfrage zur Seite gestellt (siehe Screenshot):

Screenshot von der Website Schweiz Magazin, 29.11.2016
[image]

Offenbar ist man bei Schweiz Magazin der Meinung, ein Merkel/Hitler-Vergleich passe gut zu einem Beitrag über baubiologische Dienstleistungen. Das britische Politmagazin "New Statesman" verglich Merkel übrigens tatsächlich u.a. auch mit Hitler – doch nicht im November 2016, sondern im Juni 2012! Einem seriösen Blatt würde es nicht in den Sinn kommen, vier Jahre später den erkalteten Kaffee noch einmal aufzutischen. Schweiz Magazin muss sich erheblich steigern, um auf Wurstblattniveau zu kommen, die aktuelle Darbietung halte ich für indiskutabel.

Schnellcheck für Dummies: Häufig ist Verdummung in Verzug, wird in der Titelzeile eines Artikels scheinheilig eine Frage gestellt (hier: Macht die Wohnung krank?), die sich der Autor offensichtlich längst beantwortet hat.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Netzfreischalter, Parallelwelt


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