Filmfestivals im Visier von Spindoktoren (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Freitag, 09.09.2016, 17:13 (vor 2758 Tagen) @ H. Lamarr

Oscar-Preisträger und Filmfestgründer Robert De Niro (72) hat einen umstrittenen Dokumentarfilm über Impfungen und Autismus aus dem Programm des Tribeca-Filmfests gestrichen.

Auszug aus Süddeutsche Zeitung vom 29. März 2016:

Führende Ärzte hatten gegen den Film "Vaxxed" protestiert, jetzt wurde er vom Tribeca Filmfestival ausgeschlossen. Zu Recht, denn der Regisseur des Films ist ein notorischer Lügner.

Von Werner Bartens

Das Thema liege ihm persönlich am Herzen, hatte Robert De Niro noch gesagt, als er den Film "Vaxxed: From Cover-Up to Catastrophe" im Programm seines renommierten Tribeca Filmfestivals in New York ankündigte. Inzwischen hat er die Dokumentation von Andrew Wakefield, in der es um die angeblichen Gefahren des Impfens geht, selbst wieder zurückgezogen - und damit richtig gehandelt.

Andernfalls hätte er einem der größten Fälscher in der Medizingeschichte eine prominente Bühne geboten. Selbst die Absage wird der umstrittene Wakefield nun wahrscheinlich nutzen, um eine Verschwörung des medizinischen Establishments wie auch der Filmbranche zu behaupten und sich als Märtyrer und Kämpfer für die Wahrheit aufzuplustern.

Er ist jedoch genau das Gegenteil. Wakefield hat früher als Arzt gearbeitet, in Großbritannien ist er aber seit 2010 mit einem lebenslangen Berufsverbot belegt. Er hatte 1998 in der renommierten Fachzeitschrift The Lancet einen Artikel veröffentlicht, in dem er die Kombinationsimpfung gegen Masern, Mumps und Röteln dafür verantwortlich gemacht hat, dass Kinder an Autismus oder der Darmentzündung Colitis ulcerosa erkranken.

Der Artikel war massiv gefälscht und enthielt zahlreiche Fehler, Irrtümer und Schlampereien. So waren einige der angeblich durch die Impfung geschädigten Kinder bereits krank, bevor sie überhaupt eine Impfspritze erhielten.

Wakefields Verhalten wurde von den obersten britischen Medizinervereinigungen als "unethisch", "unehrlich" und "unverantwortlich" gebrandmarkt und der Fachartikel im Lancet im Jahre 2010 zurückgezogen.

Kommentar: Filmfestivals scheinen von Spindoktoren als preisgünstige Propagandaplattformen ausgemacht worden zu sein. Auch der vermeintliche Anti-Mobilfunk-Aufklärungsfilm Thank you for Calling nutzte so eine leicht zu enternde Bühne (Fünf Seen Filmfestival), um sich für den Vertriebsstart im September 2016 eine günstige Ausgangsposition zu sichern. Inzwischen ist der Film angelaufen, der Regisseur tourt damit quer durch Deutschland, um die These zu verbreiten: Handys können zu Hirntumoren führen und eine korrupte Industrie versucht dies zu vertuschen. Das eigentliche Ziel aber könnte sein: Unter Hirntumorpatienten Klagewillige finden, die sich in USA an milliardenschweren Sammelklagen beteiligen (in Deutschland: Klagenhäufung).

Zuvor bediente sich 2014 das Elektrosensiblen-Drama "Was wir nicht sehen" diverser Filmfestivals, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Grundsätzlich wäre dies nicht zu beanstanden, bestünde nicht die große Gefahr, dass interessengesteuert subjektiv empfundene gezielt Ängste geschürt werden, um die Taschen von Geschäftemachern zu füllen.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Filz, Medien, Journalisten, Spin-Doctor, Filmfestival, Filmemacher, Filmpreis


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