Evi Gaigg: 80 Jahre und ein Stückchen weiser (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Dienstag, 28.06.2016, 09:27 (vor 2821 Tagen)

Sie war das ideologische Fallbeil des Vereins Gigaherz: Leopoldine Gaigg, besser bekannt als Evi Gaigg. Dem Vereinspräsidenten Jakob als Vereinssekretärin in Nibelungentreue lange Jahre eng verbunden, kämpfte Frau Gaigg auf allen Kommunikationsebenen verbissen gegen Mobilfunk-Sendemasten und Elektrosmog. Die Inbrunst, mit der sie unbekümmert zur Tat schritt, wirkte nicht selten wie eine Überdosis Realsatire, etwa als sie am 30. Juli 1999 Papst Johannes-Paul II mit einem ihrer forschen Briefe bedrängte:

Santità
Papa Giovanni Paolo II
Città del Vaticano
Roma
V-Vaticano

Sehr verehrter Heiliger Vater

In einer wichtigen Angelegenheit möchte ich mich an Sie wenden:

Nicht nur in der Schweiz, sondern auch in anderen Ländern werden gegenwärtig Antennen für den Mobilfunk aufgestellt. Verbunden damit sind für die Bevölkerung, die in der Umgebung dieser Sendestationen wohnt, erhebliche gesundheitliche Risiken durch die leider falsche Technik, die dabei angewendet wird. Es handelt sich um gepulste Strahlung (Mikrowellenstrahlung), die bei den Menschen und Tieren Schlaflosigkeit, Sehstörungen, erhöhten Blutdruck und eine Reihe anderer Beschwerden auslöst.

Da es sich für die einschlägige Industrie um ein sehr gutes Geschäft handelt und diese mächtig und einflussreich ist, werden die Einwände von Ärzten und Wissenschaftern und selbstverständlich auch der betroffenen Bevölkerung ignoriert.

Was aber ganz besonders bedenklich ist: Sendestationen werden auf oder in Kirchtürmen errichtet. Von den Telefongesellschaften werden allen Inhabern von Sendestandorten, also auch den Kirchgemeinden, hohe Mieten auf mehrere Jahre im voraus angeboten. So hat also so mancher Pfarrer, um die Kasse seiner Pfarre aufzubessern, der Errichtung einer Mobilfunkantenne auf der Kirche zugestimmt.

Ich denke, die Kirche hat andere Aufgaben, als die, der Verbreitung des Mobilfunks zu dienen. Es kann nicht sein, dass mit der Zustimmung zur Errichtung einer Antenne auf der Kirche nicht nur die Gläubigen, die diese Kirche besuchen, gefährdet werden, sondern auch alle um die Kirche wohnenden Menschen.

Worum ich Sie, verehrter Heiliger Vater, bitte: Geben Sie eine Weisung heraus, dass der Missbrauch der Kirchen – nur um des Geldes willen – für solche Zwecke unterbleibt.

Im Namen vieler Betroffenen danke Ihnen.

Mit vorzüglicher Hochachtung

Wer sich für die Antwort des Heiligen Stuhls interessiert, bitte <hier> entlang.

Viel noch gäbe es zu erzählen über diese frühe schrille Mobilfunkgegnerin und ihre Aktionen, die sie im guten Glauben, den Untergang der Menschheit aufhalten zu müssen, zuweilen Sitte und Anstand vergessen ließ. Doch das ist alles schon lange her.

Inzwischen ist Leopoldine Gaigg 80 Jahre und bekennende "Handyotin", wie sie in jüngeren Jahren Nutzer von Handys gerne stigmatisierte. Die Aargauer Zeitung widmete ihr im November 2015 einen Artikel, der die streng blickende "Kämpferin aus dem Uerkental" nicht nur mit Worten, sondern auch mit Bild porträtiert.

Hintergrund
Spatenpauli schlägt Hans-U. Jakob für den Prix Courage vor

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Rentner, Selbstüberschätzung, Handyoten, Handynutzer, Aargauer Zeitung


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