Magda Havas repliziert eigene DECT-Studie erfolgreich (Forschung)
Gast, Freitag, 24.05.2013, 17:34 (vor 4203 Tagen)
Die umstrittene kanadische Wissenschaftlerin Magda Havas hat jetzt ihre DECT-Studie (Wirkung auf Herzratenvariabilität) eigenhändig repliziert: Replication of heart rate variability provocation study with 2.4-GHz cordless phone confirms original findings.
[Nachtrag vom 29.05.2017: Die Trent-Universität hat Havas' Replikationsstudie wegen Verstoßes gegen die ethischen Grundsätze der Universität 2014 zurückgezogen (retrahiert)]
Da Havas selbst replizierte ist dies keine unabhängige Replikation, sondern eine Replikation 2. Klasse.
In Mitleidenschaft gezogen wird Havas' Replikation durch eine neue Studie mit GSM-Signalen, die keinen statistisch signifikanten Einfluss der Funkfelder auf die Herzratenvariabilität feststellte.
Leider ist ein direkter Vergleich der beiden Studien nicht möglich, denn während die einen "Elektrosensible" unter DECT-Einwirkung testeten, untesuchten die anderen Gesunde unter GSM-Einwirkung. Sicher ist nur: Die GSM-Befeldung mit 2 W Sendeleistung ist erheblich stärker als die DECT-Befeldung mit 0,25 W Sendeleistung (beides Peak-Werte, bei den Effektivwerten ist der Unterschied zu Lasten GSM noch viel größer).
Havas ist umstritten, weil ihr kommerzielles Interesse an der Elektrosmog-Debatte nachgesagt wird und sie sich häufig in die Dienste von Mobilfunkgegnern stellt.
Hintergrund
Diskussionen zum Original von Havas' DECT-Studie (2009)
Kritiken an Havas' DECT-Studie (2011)
Magda Havas äußert sich zur Kritik an ihrer DECT-Studie (2011)
Briefwechsel zwischen Martin Weatherall, Magda Havas, Dr. Joe Schwarcz und Lorne Trottier (2012)
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DECT, Herzratenvariabilität, Replikation, Havas
Magda Havas repliziert ihre Selbsttäschungen erfolgreich
Kuddel, Samstag, 25.05.2013, 12:15 (vor 4202 Tagen) @ Gast
bearbeitet von Kuddel, Samstag, 25.05.2013, 12:36
we analyzed the response of 69 subjects between the ages of 26 and 80
were exposed to radiation for 3-min intervals generated by a 2.4-GHz cordless phone base station (3-8 μW/cm(2))
Havas Angaben sind üblicherweise Spitzenwerte. Die Angaben lassen darauf schließen, daß die Basisstation in 10..20cm Abstand zum Probanden aufgesstellt war.
Hoffen wir mal, daß die Geräte beim Einstecken des Netzsteckers keinen optischen oder akustischen Einschalt"klick" erzeugen.
Based on the HRV analyses of the 69 subjects, 7% were classified as being "moderately to very" sensitive,
5 Personen haben "reagiert"
A few participants had a severe reaction to the radiation with an increase in heart rate
Von den 5 haben ein paar "extrem" reagiert.
These results are not psychosomatic and are not due to electromagnetic interference.
Zumindest Punkt 1 ist eine unbelegbare Tatsachenbehauptung, bzw Wunschdenken unserer Magda.
Novel findings include documentation of a delayed response to radiation.
Aha...da offenbar kein direkter Zusammenhang zwischen Expositionsmuster und Reaktion gefunden wurde, muß die "delayed response" herhalten.
So könnte es sich abgespielt haben:
Da Elektrosensible getestet wurden, waren deren Nerven vor der drohenden Exposition vermutlich bis zum Zerreißen angespannt. Gleich kommt was..gleich kommt was ...wann kommts denn...gleich kommt was ....
Ständig horchen sie in sich hinein, ob da was ist.
Irgendwann, quasizufällig, oder auch ausgelöst von irgend einem quasizufälligen Geräusch oder auch ganz profan, weil plötzlich die Nase juckt, oder gerade eine Blähung drückt, denken sie "ich glaub jetzt ist es da..." und das Herz rattert vor Aufregung.
Magda freut sich über die sehnlichst erhoffte Reaktion.
Aber oh Schreck, sie paßt ja garnicht zum Expositionsmuster.
Kein Problem....irgendwann davor war das DECT Gerät ja mal tatsächlich an. Die Reaktion erfolgte eben verzögert. Hurra, ein "novel finding".
Eine neue Erkenntnis, welche merkwürdigerweise im krassen Gegensatz zu den Ergebnissen ihrer Studie aus 2009 steht, wo die Reaktion absolut zeigleich mit der Exposition erfolgte.
K
Magda Havas repliziert eigene DECT-Studie erfolgreich
H. Lamarr , München, Samstag, 25.05.2013, 12:44 (vor 4202 Tagen) @ Kuddel
Eine neue Erkenntnis, welche merkwürdigerweise im krassen Gegensatz zu den Ergebnissen ihrer Studie aus 2009 steht, wo die Reaktion absolut zeigleich mit der Exposition erfolgte.
Vom Original des Experiments präsentierte Magada Havas 2009 eine Grafik, die zeigt, dass die Probanden innerhalb weniger Sekunden auf die DECT-Befeldung reagierten. Irgendwann später, als der Druck auf sie zunahm, hat sie die Bedeutung der Grafik eingeschränkt, dann war es kein typisches Reaktionsverhalten mehr, sondern nur noch das eines besonders treffsicheren Einzelfalls.
Außerdem meine ich, im Orginal 2009 hat sie mit einem DECT-Mobilteil befeldet, jetzt mit einer DECT-Basis. Alles in allem ziemlich kühn, da von einer Replikation zu sprechen, noch dazu von einer erfolgreichen.
Mich wundert es, dass die Trend-Universität sich noch nicht von Frau Dr. Havas getrennt hat. Sie wirft mit ihrem junkwissenschaftlich begründetem Alarmismus ein schiefes Licht auf diese Universität und wer wie Havas auf dem schrägen Gigaherz-Kongress auftritt, der handelt mMn ohnehin aus Verzweiflung. Auf mich wirkt diese DECT-Studie, pardon, wie eine Jugend-forscht-Arbeit, die im Regionalentscheid stecken geblieben ist.
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
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Jugend forscht
Magda Havas repliziert eigene DECT-Studie erfolgreich
Kuddel, Samstag, 25.05.2013, 13:05 (vor 4202 Tagen) @ H. Lamarr
Ein wenig plagt mich ja das schlechte Gewissen, daß ich ohne Kenntnis der Details ein vorschnelles Urteil zu Havas abliefere.
Ich gebe es umunwunden zu:
Meiner persönlichen Meinung nach sind bei der Frau nicht mehr alle Reagenzgläser beisammen.
Ich plädiere dafür, daß akademische Titel ein Verfallsdatum mit Verlängerungsoption durch eine Prüfung bekommen.
Z.B indem der Akademiker alle 5 Jahre zusammen mit Studenten an den Vordiplomprüfungen teilnimmt und dabei mindestens 50% der Punkzahl erreichen muß, um seine Berechtigung zur Anfertigung wissenschftlicher Publikationen und zur Lehrtätigkeit behalten zu dürfen.
K
Magda Havas repliziert eigene DECT-Studie erfolgreich
charles , Samstag, 25.05.2013, 14:49 (vor 4202 Tagen) @ Kuddel
Wann haben Sie Kuddel Ihre letzte Prüfung gemacht?
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Charles Claessens
www.milieuziektes.nl
Dr. Ratto zerlegt Magda Havas' DECT-Studie
Gast, Dienstag, 28.05.2013, 17:59 (vor 4199 Tagen) @ Kuddel
Ein wenig plagt mich ja das schlechte Gewissen, daß ich ohne Kenntnis der Details ein vorschnelles Urteil zu Havas abliefere.
Ich gebe es umunwunden zu:
Meiner persönlichen Meinung nach sind bei der Frau nicht mehr alle Reagenzgläser beisammen.
Damit Kuddel kein schlechtes Gewissen hat:
Der qualitative Unterschied beider oben verlinkter Arbeiten (Parazzini vs Havas) ist wie Tag und Nach.
Übersicht
Die Arbeit von Havas ist umfangreicher, sie hat auch das größere Kollektiv untersucht (69 Personen gegenüber 26 bei Parazzini). Die Alterspanne ist bei Havas 26 - 80, es überwiegen Frauen; bei Parazzini sind es 12 Frauen und 14 Männer, Alter 21 - 28. Aus statistischen Gründen ist ein größeres kollektiv besser, allerdings sollt es auch homogen sein, also möglichst geringe Altersunterschiede und gleich viele Männer wie Frauen (oder aber nur ein Geschlecht). In diesem Punkt habe also beide Studien Vor- und Nachteile.
Parazzini-Studie
Die Studie von Parazzini wurde verblindet durchgeführt, es gab zwei Sitzungen an unterschiedlichen Tagen, einmal mit und einmal ohne Feld, jeweils 13 min liegend und 13 min stehend. Beide Session wurden Vormittags zur selben Uhrzeit durchgeführt. Exponiert wurde mit einem modifizierten GSM-Telefon der am Kopf fixiert war. Der SAR Wert in relevanten Hirnarealen, die den Herzschlag steuern (Hypothalamus, Hirnstamm) wurde am Kopfphantom gemessen (0,02 W/kg, 10-13 cm Tiefe). Die Daten wurden komplex mathematisch ausgewertet, ohne subjektive Einflüsse, und dann statistisch verglichen. Es gab keinen Unterschied.
Havas-Replikationsstudie
Die Studie von Havas wurde ebenfalls doppelblind durchgeführt - das heißt, weder die Versuchsperson noch der anwesende Experimentator wussten wann exponiert und wann scheinexponiert wurde. Tests wurden an 6 verschiedenen Standorten durchgeführt, die wohl kaum identisch waren. Exponiert wurde mit einer DECT Basistation (laut Abstract, im Text steht dann nur cordless phone, das bleibt also offen) in der Nähe des Kopfes. SAR wurde nicht bestimmt, nur Flussdichte angegeben (3 - 8 µW/cm² in Kopfnähe). Es wurde überprüft ob das Messgerät gestört wird, indem die DECT Quelle bis zum Herz und zum Messgerät bewegt wurde und 100 - 200 µW/cm² erreicht wurden. Angeblich passierte nichts, gezeigt wurde es nicht. Perioden von 3 min mit oder ohne Exposition wechselten sich randomisiert ab, Befeldungspausen galten als Scheinexposition, eine zweite Session ganz ohne Exposition gab es nicht, das ist absolut unzulässig. Systematisch ausgewertet wurde die Studie nicht, in Ergebnissen finden sich nur einzelne Beispiele (6 von 69 Testpersonen, das ist nicht repräsentativ) mit subjektiven Kommentaren der Autorin. Diese visuelle Bewertung der Daten erfolgte also mit Sicherheit unverblindet. Aufgrund der visuellen Bewertung wurden dann einzelne Personen einer bestimmen Kategorie von Elektrosensibilität zugeordnet (moderate to very, low to moderate, not to low, not, unknown). Jegliche Veränderung, egal wann, wurde als Reaktion bewertet, notfalls eben "delayed". Wenn einer gar nicht reagiert hat, hieß es, der ist schon so geschwächt, dass er gar nicht reagieren kann (adrenal exhaustion, unable to mount a response) und so jemand wurde gerne in Kategorie "unknown" (anstatt "not") einsortiert. Diese subjektive Kategorisierung wurde dann mit der subjektiven Einschätzung der Probanden verglichen und in Prozent angegeben. Eine statistische Auswertung gibt es nicht.
Wie diese Havas-Studie ein Peer-Review-Verfahren bestehen konnte ist mir schleierhaft, dagegen ist "Jugend forscht" mit Kresse und Geldrollen noch richtige Wissenschaft. Ein Blick auf das Editorial-Board erklärt jedoch einiges (http://informahealthcare.com/page/ebm/EditorialAdvisoryBoard), viele der Namen dort finden sich auch im Bioinitiative Report.
Dr. Ratto
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Peer-Review, Studienkritiker, Kresse, Studienbewertung
Dr. Ratto zerlegt Magda Havas' DECT-Studie
Doris , Dienstag, 28.05.2013, 23:48 (vor 4198 Tagen) @ Gast
eine zweite Session ganz ohne Exposition gab es nicht, das ist absolut unzulässig.
Die gab es bei Rubin/Witthöft auch nicht, wenn ich das richtig sehe.
Die Autoren sehen dies selber als Limitation ihrer Arbeit und können deshalb nicht definitiv sagen, dass der in der Studie beobachtete Anstieg der Symptome das Ergebnis eines Nocebo Effektes, verursacht durch die Sham Exposition, sei.
Sollte ich das nicht falsch verstanden haben, stellt sich mir folgende Frage:
warum passiert sowas solchen Größen wie Rubin und Witthöft, die solche Nocebo Studien im Zusammenhang mit vermeintlicher Elektrosensibilität schon lange machen?
Ich lese das nicht zum ersten Mal in einer Studie, welche Einschränkungen gemacht werden und was in anderen Studien anders gemacht werden muss, damit das Ergebnis auf stabileren Beinen steht. Und zwar nicht nur bei irgendwelchen B-Wissenschaftlern sondern bei solchen, die zum angeblichen Erkenntnisgewinn sehr viel beitragen. Warum wird es denn nicht gleich richtig gemacht, wenn man es doch weiß, wie es richtig gemacht werden müsste.
Dr. Ratto zerlegt Magda Havas' DECT-Studie
Kuddel, Mittwoch, 29.05.2013, 00:39 (vor 4198 Tagen) @ Doris
bearbeitet von Kuddel, Mittwoch, 29.05.2013, 01:02
eine zweite Session ganz ohne Exposition gab es nicht, das ist absolut unzulässig.
Die gab es bei Rubin/Witthöft auch nicht, wenn ich das richtig sehe.
Die Autoren sehen dies selber als Limitation ihrer Arbeit und können deshalb nicht definitiv sagen, dass der in der Studie beobachtete Anstieg der Symptome das Ergebnis eines Nocebo Effektes, verursacht durch die Sham Exposition, sei.
Ich hätte da folgende Überlegung anzubieten:
Solche Studien bedingen ja einen gewissen Aufwand, zeitlich und finanziell.
Wenn man nun erwartet, keinen Effekt zu finden, kann man erst einmal den direkten Weg gehen und es abwechselnd mit Exposition und Sham versuchen.
Sofern sich beim Vergleich zwischen Exposition und Sham kein statistisch signifikanter Effekt zeigt, ist man fertig und hat sich den Kontroll-Durchgang ganz ohne Exposition gespart (mindestens 50% Aufwand gespart, wenn nicht mehr).
Findet man aber einen Effekt, ist man nicht fertig, denn nun gilt es, potentielle Confounder auszuschließen.
Eine Folgestudie ist fällig, welche durch einen direkten Vergleich mit einem reinen Sham Durchlauf potentielle Confounder sichtbar werden läßt.
Möglicherweise wird man auch die Anzahl der Probanden/Durchläufe erhöhen müssen, um das Statistische Zufallstreffer durch Mittelwertbildung verringern zu können und dadurch das Ergebnis zu schärfen.
Das bedeutet, um einen Effekt wirklich abzusichern, ist ein Vielfaches des ursprünglich geplanten Aufwandes nötig.
Die Gelder für den erhöhten (ursprünglich unerwarteten) Aufwand müssen eingetrieben werden etc...
Deshalb lautet das Resumee so oft: wir haben einen Effekt gefunden, aber mit folgenden Limitierungen.......und brauchen nun ein Vielfaches an Geld, die Limitierungen auszuräumen.
K
Dr. Ratto zerlegt Magda Havas' DECT-Studie
charles , Mittwoch, 29.05.2013, 08:47 (vor 4198 Tagen) @ Kuddel
Ja Kuddel,
das sehe ich auch so.
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Charles Claessens
www.milieuziektes.nl
Scheinbefeldung: Wo liegt die Referenzlinie?
H. Lamarr , München, Mittwoch, 29.05.2013, 00:52 (vor 4198 Tagen) @ Doris
eine zweite Session ganz ohne Exposition gab es nicht, das ist absolut unzulässig.
Die gab es bei Rubin/Witthöft auch nicht, wenn ich das richtig sehe.
Wie sollten sie das machen? Es wurde doch sowieso nur ausschließlich zum Schein befeldet, eine Exposition fand nicht statt.
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
Scheinbefeldung: Wo liegt die Referenzlinie?
Doris , Mittwoch, 29.05.2013, 07:35 (vor 4198 Tagen) @ H. Lamarr
eine zweite Session ganz ohne Exposition gab es nicht, das ist absolut unzulässig.
Die gab es bei Rubin/Witthöft auch nicht, wenn ich das richtig sehe.
Wie sollten sie das machen? Es wurde doch sowieso nur ausschließlich zum Schein befeldet, eine Exposition fand nicht statt.
Ich verstehe hier Ihre Frage nicht.
Ich sehe auch gerade, dass Sie selber im Ausgangsbeitrag diesen Punkt aus der Arbeit herausgearbeitet haben (unter Ergebnise).
Wie man das machen soll, weiß ich nicht aber warum das gemacht werden soll steht in der Arbeit drin und die liegt Ihnen ja vor.
Ich suche einfach nur nach einer Antwort auf die Frage, ob die Aussage von Dr. Ratto im Zusammenhang mit der Havas DECT Studie
eine zweite Session ganz ohne Exposition gab es nicht, das ist absolut unzulässig
in der Rubin Studie auch als Schwachstelle angesehen werden kann, oder ab das zwei völlig unterschiedliche Paar Schuhe sind.
Witthöft, Parazzini, Havas: drei Studiendesigns im Vergleich
Dr. Ratto, Donnerstag, 30.05.2013, 17:43 (vor 4197 Tagen) @ Doris
eine zweite Session ganz ohne Exposition gab es nicht, das ist absolut unzulässig.
Die gab es bei Rubin/Witthöft auch nicht, wenn ich das richtig sehe.
Tut mir leid, da habe ich unbeabsichtigt Verwirrung gestiftet. Mit "ohne Exposition" habe ich "ohne Feld" gemeint, also eine klassische Scheinexposition und nicht nur Expositionspausen von 3 min Dauer. Die Formulierung von Witthöft & Rubin hatte ich dabei nicht im Sinn. Diese meinen mit "no-exposure"-control eine Kontrolle ohne Scheinexposition und ohne Expositionsanlage, die dann auch kein Nocebo hervorrufen kann.
Kuddel hat tatsächlich recht, Studien an Menschen sind immens aufwändig und man macht immer nur das notwendigste. Allerdings müssen immer zwei eindeutig unterschiedliche Situationen, die sich nicht gegenseitig beeinflussen, verglichen werden.
Beim Witthöft/Rubin wird die Wirkung der zwei unterschiedlichen Filme verglichen. Deswegen wird ein "between-group"-Design gewählt, denn der Einfluss eines bereits gesehenen Filmes kann in den Köpfen der Probanden nicht gelöscht werden, für den anderen Film muss ein anderer Proband her. Dann wurden alle scheinexponiert, und es wurde recht glaubhaft vermittelt, dass es sich um eine tatsächliche Exposition handelt (86 % haben es auch geglaubt). Ein Vergleich zwischen echter Exposition und Sham war nicht beabsichtigt und wird auch nicht als Limitation bemängelt. Solche Studien gibt es zur Genüge, ohne einen Effekt gefunden zu haben. Was bemängelt wird ist das Fehlen einer Situation ganz ohne Exposition - also auch ohne sichtbar vorhandene Expositionsanlage, so das die Probanden sicher wissen, dass sie nicht exponiert sind. Dann dürfte auch kein Nocebo-Effekt auftreten. Damit hat man auch nicht gerechnet und sich den Aufwand gespart, obwohl es zu einer Absicherung wünschenswert gewesen wäre. Es ist fair von den Autoren, dies anzusprechen.
In Studien mit einem Vergleich zwischen echter Exposition und Sham wird den Probanden meistens mitgeteilt, dass eine 50-%-Wahrscheinlichkeit besteht tatsächlich exponiert zu sein. So ist wahrscheinlich auch Parazzini vorgegangen. Sie hat einen "within-group"-Design gewählt, es wurde also bei denselben Probanden die Situation mit und ohne Exposition, aber immer mit vorhandener Expositionsanlage, verglichen. Die Sessions waren randomisiert (ein Hälfte zuerst Sham, andere Hälfte zuerst Exposition) und im Abstand von mindestens 24 h, in der Hoffnung dass mögliche Nachwirkungen einer vorangegangenen Exposition innerhalb von 24 h abklingen. Eine Situation ganz ohne Expositionsanlage gab es ebenfalls nicht. Das Telefon war immer da und auch immer an und voll funktionstüchtig, nur die Abstrahlung des HF-Signals wurde unter sham mit technischen Mitteln verhindert.
Havas vergleicht weder zwei Gruppen, noch zwei Situationen. Jeder Proband wird einmal untersucht, die DECT-Basisstation wird bei allen in 3-min-Blöcken randomisiert an- und ausgeschaltet, d.h. es können auch mehrere Blöcke mit "AN" und "AUS" aufeinander folgen. Die Verblindung besteht darin, dass die Probanden und der Versuchsleiter nicht wissen, wann das Gerät schaltet, beide wissen aber dass etwa 50 % der Zeit exponiert wird. Eine Erwartungshaltung ist auf jeden Fall da. Wenn die Reaktionen dann auch noch verspätet kommen und nicht exakt dem Expositionsmuster folgen, ist eigentlich gar kein Vergleich möglich, es können nur Personen identifiziert werden die überhaupt reagiert haben, man weiß aber nicht, ob infolge des Feldes oder der Erwartung. Dafür bräuchte man eine Sham-Session, am besten an einem anderen Tag, mit einer Basisstation die sich ebenfalls im 3-min-Takt ein- und ausschaltet, aber kein HF-Signal abstrahlt. Eine zusätzliche Kontrolle ganz ohne Basistation könnte man auch noch in Betracht ziehen, darauf wird aber meistens verzichtet. Da dies bereits die Replikation einer Pilotstudie war, hätte man die Scheinexposition durchführen müssen.
Dr. Ratto
Tags:
Erwartungshaltung, Rubin, DECT-Basisstation, Havas, Studiendesign, Witthöft, De-Exposition
Witthöft, Parazzini, Havas: drei Studiendesigns im Vergleich
Doris , Donnerstag, 30.05.2013, 18:52 (vor 4197 Tagen) @ Dr. Ratto
Vielen Dank für Ihre ausführliche und informative Antwort auf meine Frage und auch ganz besonders für die Erklärung der Nocebo Studie von Witthöft.
Fakten und Informationen sind das beste Mittel gegen Spekulationen, Verdächtigungen und Unterstellungen.
Witthöft, Parazzini, Havas: drei Studiendesigns im Vergleich
H. Lamarr , München, Donnerstag, 30.05.2013, 22:32 (vor 4197 Tagen) @ Doris
Fakten und Informationen sind das beste Mittel gegen Spekulationen, Verdächtigungen und Unterstellungen.
Nicht immer, Doris, nicht immer. Aber immer öfter .
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
Magda Havas' DECT-Studie: Dr. Ratto vs. Isabel Wilke
H. Lamarr , München, Dienstag, 04.02.2014, 23:56 (vor 3946 Tagen) @ Gast
Dr. Ratto: Wie diese Havas-Studie ein Peer-Review-Verfahren bestehen konnte ist mir schleierhaft, dagegen ist "Jugend forscht" mit Kresse und Geldrollen noch richtige Wissenschaft. Ein Blick auf das Editorial-Board erklärt jedoch einiges (http://informahealthcare.com/page/ebm/EditorialAdvisoryBoard), viele der Namen dort finden sich auch im Bioinitiative Report.
Kaum ist ein halbes Jahr verstrichen, schon hat die Biologin Isabel Wilke die Havas-Studie in der Dezember-2013-Ausgabe des Elektrosmog-Report zur Titelstory erklärt. Der kritischen Betrachtung der unabhängigen Biologin Ratto stellt Wilke erwartungsgemäß eine verdammt wohlwollende Betrachtung gegenüber. Was daran liegen mag, dass die Redakteurin des Elektrosmog-Reports ihren Lesern verpflichtet und damit alles andere als unabhängig ist.
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
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Elektrosmog-Report, Havas, Wilke
Magda Havas: Studien von SCENIHR aussortiert
H. Lamarr , München, Montag, 09.03.2015, 00:59 (vor 3549 Tagen) @ Gast
Die umstrittene kanadische Wissenschaftlerin Magda Havas hat jetzt ihre DECT-Studie (Wirkung auf Herzratenvariabilität) eigenhändig repliziert: Replication of heart rate variability provocation study with 2.4-GHz cordless phone confirms original findings.
Im jüngsten EMF-Gutachten des SCENIHR heißt es zu den Studien von Magda Havas kurz aber deutlich:
Besides Spichtig et al. (2012) and Wallace et al. (2012), which have already been mentioned, Havas et al. (2010), Havas and Marrongelle (2013), Parazzini et al. (2013), and Choi et al. (2014) investigated RF-EMF effects in heart rate (HR) and its variability (HRV). Due to problems with the exposure setup, the studies by Havas et al. (2010) and Havas and Marrongelle (2013) are not further discussed.
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –