Maes: Handystrahlung macht Leukämiezellen aggressiv (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Dienstag, 27.03.2012, 23:46 (vor 4374 Tagen)

Eine Bekannte von Frau W. verstarb unlängst an Leukämie. Frau W. berichtete darüber, vermied jedoch die Behauptung, die Bekannte hätte wegen Funkfeldeinwirkung Leukämie bekommen. "GastX" im Gigaherz-Forum ist da weniger zimperlich, stets bestrebt unheilvolle Zusammenhänge mit Funk aufzuzeigen, machte dieser Teilnehmer auf eine Leukämiestudie von Fiorenzo Marinelli aufmerksam. Die Arbeit hat zwar schon 10 Jahre auf dem Buckel, sich nach 48 Stunden schwacher Handystrahlung aggressiv teilende Leukämiezellen sind jedoch sicherlich zeitlos besorgniserregend.

Unser alter Bekannter, der Baubiologe Wolfgang Maes, pickte sich das Wesentlich aus der Alarmmeldung heraus und füttert seine Zitatsammlung mit der Botschaft:

"Handystrahlung macht Leukämiezellen aggressiv."
Forschergruppe unter der wissenschaftlichen Leitung von Dr. Fiorenzo Marinelli,
Universität Bologna/Italien, in "New Scientist" und "Ärzte-Zeitung" (7. November 2002)

Der Link von "GastX" zum Originalartikel von 2002 in der Fachzeitschrift "New Scientist" ist zwar falsch, den Artikel aber gibt es noch. Der Bericht in der Ärtze-Zeitung ist dagegen heute nicht mehr auffindbar, womöglich aus gutem Grund.

Zwei Jahre nach dem "New Scientist"-Artikel hat Marinelli seine Arbeit dann auch wissenschaftlich im Journal of cellular Physiology publiziert.

Mir geht es jetzt nicht um die Berichtigung, die Marinelli einen Monat später nachreichen musste, sondern um das EMF-Portal, das über die Exposition aufschlussreiches weiß:

So war zwar die Trägerfrequenz der Befeldung nahezu identisch mit der des GSM900-Mobilfunks und auch die auf die Zellen einwirkende Leistungsflussdichte war mit 23 mW/m² nur sehr gering, doch fehlte dem Befeldungssignal ausgerechnet das, was Mobilfunkgegner zwischen dem Nord- und Südpol der Erde für die allerböseste Eigenschaft aller Funksignale halten: Marinelli befeldete seine Zellen mit einem ungepulsten (und auch unmoduliertem) Trägersignal! Da aber die Pulsung der entscheidende Unterschied zwischen GSM-Mobilfunk und Rundfunk ist, fehlt der Marinelli-Studie plötzlich der wichtigste Zusammenhang mit "Handystrahlung", stattdessen rücken frequenzmodulierte Trägersignale, wie sie etwa beim UKW-Rundfunk verwendet werden, in den Blickpunkt.

Das Zitat aus der Maes'schen Sammlung ...

"Handystrahlung macht Leukämiezellen aggressiv."

... es ist also sachlich falsch. Auch der Bezug auf den Artikel in "New Scientist" entlastet Maes nicht, denn dort ist nicht von Handystrahlung die Rede, sondern von "radio waves" (Hochfrequenz). Bleibt für eine Schuldzuweisung nur noch die Ärzte-Zeitung übrig. Doch die hat den Artikel von ihrem Server genommen, so gibt es heute lediglich diverse Plagiate des gelöschten Artikels. Diese unkontrollierte Nutzung fremder Artikel macht die rückwirkende Qualitätskontrolle der Ärzte-Zeitung zunichte.

Den Artikel der Ärtze-Zeitung gibt es nicht mehr. Die alte Zitatsammlung des Baubiologen Maes aber gibt es noch immer. Und daran bedienen sich wiederum andere, wie etwa diese Website, die u.a. das sachlich falsche Zitat weiter verbreiten, um - so sehe ich das - die Festung Kunde sturmreif zu ängstigen.

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Noch ein Zitattrick aus der Sammlung von W. Maes


[Admin: Am 30.03.12 nachträglich 'verwandtes Thema' hinzugefügt]

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Maes, Leukämie, Italien, Verband-Baubiologie, Zitat, Qualitätskontrolle


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