Grenzwerte - politischer und technischer Aspekt (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Mittwoch, 16.12.2009, 01:15 (vor 5269 Tagen) @ Alexander Lerchl

Offenkundig hat die Grenzwertfrage eine technische und eine politische Dimension, die beide nicht vermengt werden dürfen.

Technisch scheint in Deutschland eine Grenzwertsenkung auf 6 V/m ohne nennenswerte Qualitätseinbußen bei den Datenraten, ohne eigens dafür erforderliche Netzverdichtung und ohne größere Umbauten an den vorhandenen Netzen möglich zu sein. Dies dürfte in erster Linie daran liegen, dass in den vergangenen Jahren z.B. aus Kapazitätsgründen sowieso schon eine stetige Netzverdichtung stattfand, die "nebenbei" zu einer allgemeinen Verringerung der Immissionen geführt hat.

Im Klartext heißt dies: Würde morgen in Deutschland der Grenzwert auf 6 V/m gesenkt, liefe alles weitgehend genau so weiter wie heute mit 60 V/m.

So eine Grenzwertsenkung wäre damit faktisch ohne jede Auswirkung!

Es ist also völlig wurscht, ob wir eine Grenzwertsenkung von 60 V/m auf 6 V/m bekommen oder nicht. Dies wäre in etwa so, als ob in einer Stadt mit verwinkelten engen Gassen, die nur eine Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h zuließen, die Geschwindigkeitsbegrenzung von (fiktiven) 80 km/h auf 50 km/h herabgesetzt würde.

Die Politik wäre daher in der Tat schlecht beraten, wenn Sie mit einer Grenzwertsenkung auf Schweizer Anlagenwerte von 6 V/m nur eine Luftnummer bezüglich geringere Funkfeldimmission der Bevölkerung hinlegt, zugleich damit aber die beschriebene Grenzwertspirale in Gang setzt.

Da nicht einzusehen ist, dass Brüsseler, Wallonen, Liechtensteiner und z.B. Luxemburger auf EMF empfindlicher reagieren als andere Menschen in Europa, wird es wohl doch einmal Sache der EU sein, einen europaweit verbindlichen Grenzwert für ihre Mitgliedsstaaten zu empfehlen. Dies wäre mMn eine günstige Gelegenheit, die Grenzwertspirale per Order de EU-Mufti auzutricksen und sich auf vermeintlich bürgenahe 6 V/m herabzulassen, wohl wissend, dass eine solche Senkung nur dem Ablassen überschüssig gewordener Reserven gleichkommt. Warum eigentlich nicht? Es gäbe nur Gewinner. Und wenn wir noch ein paar Jahre warten, dann haben sich Netze und rauscharme HF-Stufen so weiterentwickelt, dass wohl auch die ersehnten 0,6 V/m in Reichweite liegen werden.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Politik, Grenzwert, Demokratie, Immission


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