Epidemiologisches Stochern im Nebel ▼ (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Sonntag, 02.03.2008, 19:54 (vor 6109 Tagen) @ Doris

Wird es möglich sein, immer Begründungen zu finden, warum etwas passiert?

Epidemiologische Studien wie diese von Kundi, sind nicht dazu geeignet, Kausalzusammenhänge zu identifizieren, auch wenn solche noch so plausibel erscheinen mögen.

Die Mehrzahl der epidemiologischen Studien über die Auswirkungen von EMF sind beobachtender Natur, was eine Bewertung der Kausalität problematisch macht. In einem klassischen Essay (2) hat Austin Bradford Hill eine Reihe von Kriterien aufgestellt, die bei der Beurteilung, ob eine Beziehung zwischen einer vermeintlichen Ursache und einer Wirkung einen Kausalzusammenhang oder lediglich eine Assoziation darstellt, herangezogen werden. Mit Ausnahme des ersten Kriteriums ist keines der anderen eine conditio sine qua non. Je mehr Kriterien zutreffen, desto stärker wird die Hypothese von einem Kausalzusammenhang. Diese Kriterien sind:

• Die Assoziationsstärke, normalerweise als relatives Risiko ausgedrückt, d.h. der Faktor, mit dem die Inzidenzrate in den exponierten Bevölkerungsgruppen gegenüber den nichtexponierten Bevölkerungsgruppen steigt. Ein im öffentlichen Gesundheitswesen nützlicher Indikator ist die Risikodifferenz, d.h. die Inzidenzrate, die auf die Exposition zurückzuführen ist (unter Exponierten oder Nichtexponierten).
• Die Übereinstimmung der Ergebnisse unabhängig von durchgeführten Studien.
• Die Spezifizität der Assoziation (obwohl es offensichtlich wurde, dass das Prinzip "eine Ursache - eine Wirkung" bei Krankheiten mit mehrfaktorieller Ätiologie kaum anwendbar ist).
• Zeitlicher Zusammenhang (die Exposition muss der Auswirkung vorausgehen, unter Berücksichtigung der Latenzzeit der Krankheit).
• Biologischer Verlauf, d.h. eine Dosis-Reaktion-Wirkung.
• Biologische Plausibilität, d.h. ob die Postulierung angemessen ist, dass die Ursache über einen Mechanismus wirkt, der dem biologischen Wissensstand über die Schädlichkeit der Einwirkung entspricht.
• Übereinstimmung der Ursache-zu-Wirkung-Interpretation mit allgemein bekannten Fakten über die geschichtliche Entwicklung und die Biologie der Krankheit.
• Reproduzierbarkeit der Krankheit in Versuchen (entweder bei Tieren oder Menschen).
(Quelle: Gutachten über Die möglichen Auswirkungen elektromagnetischer Felder (EMF), Radiofrequenzfelder (RF) und Mikrowellenstrahlung auf die menschliche Gesundheit

Warum sind Laborversuche wesentlich belastbarer?

Dazu kann wuff womöglich etwas aus eigener Erfahrung sagen. Aus meiner Laien-Sicht sind Laborversuche sehr genau kontrollierbar und können auf diese Weise unerwünschte Störer (Confounder) ausschließen. Dies ist draußen bei den Menschen vor Ort nicht möglich, die leben in einer realen Umwelt mit 1001 möglichen und unmöglichen Einwirkgrößen, die - wenn sie unentdeckt bleiben - zu fehlerhaften Ergebnissen und Interpretetationen führen. Möglicherweise ist Dr. Oberfeld das jüngste prominente Opfer solcher Tücken, die es vorwiegend nur außerhalb von Laboren gibt. Was allerdings nicht heißen soll, dass Laborstudien die Krönung aller Studien sind. Dieses Prädikat ist wohl eher einem Prozess vorbehalten der darin besteht, dass unterschiedliche Studienformen zu einander bestätigenden Resultaten führen. Wenn das der Fall ist, dann ist - sozusagen - die K.... am dampfen. Aber das haben Sie alles voraussichtlich auch so schon gewußt, deshalb warte auch ich jetzt mal ab, ob wuff als erfahrener Praktiker dazu was zu sagen hat.

Troll-Wiese: http://www.izgmf.de/scripts/forum/index.php?mode=entry&id=19251

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –


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