Seilschaft BfS - Mobilfunkindustrie ? (Allgemein)

M. Hahn, Dienstag, 30.01.2007, 11:31 (vor 6289 Tagen) @ KlaKla

Aus dem Protokoll der 3. Sitzung des "Runden Tischs":
Frau KREUZER (BfS) berichtet über Hintergrund und Stand der Handykohortenstudie im DMF-Programm. Im Juni 2003 hat ein internationales Expertengremium der WHO empfohlen, eine große internationale prospektive Handykohortenstudie zu initiieren. Diese soll ca. 250.000 Handynutzer umfassen. Fünf Länder stehen in der Diskussion, sich an der Studie zu beteiligen: England, Schweden, Dänemark, Finnland und Deutschland. Als Endpunkte sollen untersucht werden: die Gesamtmortalität, Krebsinzidenz, ausgewählte Tumorlokalisationen (Hirntumore, Augentumore, Speicheldrüsenkrebs, Leukämien, etc.), neurodegenerative Erkrankungen, Herzkreislauferkrankungen, Akustikusneurinome und Befindlichkeitsstörungen. Erstmals ist eine "objektive" Expositionsermittlung vorgesehen, wobei die relevanten Daten der einund ausgehenden Gespräche direkt von den Rechnungslisten der Netzbetreiber über einen Zeitraum von 3 Monaten jährlich ausgelesen und die Probanden zusätzlich befragt werden (Hauptnutzer, Lateralität, Freisprechanlagen). Im Minimum ist ein 5- und 10 Jahres Follow-up geplant.Laut Machbarkeitsstudie ist eine Durchführung zwar grundsätzlich möglich, die ausgesprochen geringe Responserate von nur 5 % stellt jedoch einen stark limitierenden Faktor dar. Für eine finanzierbare Studie müsste der Response mindestens 20 % betragen. Welche weiteren Maßnahmen zu einer Erhöhung der Responserate führen könnten, kann im Rahmen des DMF nicht mehr ermittelt werden. Herr Müller (BUND) weist darauf hin, dass es schwierig sein wird, dieses Ergebnis zu kommunizieren. Es wird vorgeschlagen, das Fachkolloquium zu den epidemiologischen Projekten des DMF am 14.11.05 abzuwarten. Diesem Vorgehen wird zugestimmt.


Aus dem Protokoll dieses Fachkolloquiums:
Die Durchführung einer Handykohortenstudie in Deutschland wurde nach Öffentlichkeitsbeteiligung im 2. Fachgespräch in Berlin im Konsens mit BMU, SSK mit Priorität 1 in das DMF-Programm aufgenommen. Eine wichtige Voraussetzung war die Prüfung der technischen Durchführbarkeit der Studie und die Abschätzung des Aufwands im Rahmen einer vorgeschalteten Machbarkeitsstudie. Die Machbarkeitsstudie wurde vom Institut für Medizinsiche Biometrie, Epidemiologie und Informatik der Uni Mainz (in Zusammenarbeit mit der Fakultät Gesundheitswissenschaften der Uni Bielefeld und der AG Umweltepidemiologie des DKFZ Heidelberg) durchgeführt und ist abgeschlossen. Die grundsätzliche Machbarkeit der Studie wurde erfolgreich gezeigt (Aufbau der Kohorte über Netzbetreiber-Rechnungslisten oder über Einwohnermeldeämter, Extraktion der notwendigen Expositionsdaten über die Netzbetreiber, Klärung aller Datenschutzauflagen, Möglichkeiten eines Follow-Ups für die geforderten Endpunkte). Besonders hervorzuheben ist die hohe Kooperationsbereitschaft der vier Netzbetreiber. Als stark limitierender Faktor erwies sich jedoch die extrem geringe Teilnahmebereitschaft der angeschriebenen Probanden. So wurden 4.000 Probanden über die Netzbetreiberlisten zufällig ausgewählt und kontaktiert. Die Teilnahmerate lag bei 5%. Weitere 1.000 Probanden wurden über Einwohnermeldeämter zufällig ausgewählt und kontaktiert. Hier lag die Teilnahmerate bei 12%. Allerdings erfüllt ein Großteil davon nicht die Einschlusskriterien (nur Handynutzer, keine Prepaid-Verträge). Bei einer Teilnahmerate von 5% müssten zum Aufbau einer Kohorte mit 50.000 Handynutzern in Deutschland allein 1 Mio Personen kontaktiert werden. Dies ist nicht zu finanzieren. Mit ein Grund für den geringen Response sind die hohen Datenschutzauflagen in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern. Der Response könnte möglicherweise durch verstärkte Öffentlichkeitsarbeit erhöht werden. Ohne eine weitere Machbarkeitsstudie ist es aber völlig spekulativ, ob der Response mindestens um einen Faktor 4 bis 5 gesteigert werden kann. Eine weitere Machbarkeitsstudie kann im Rahmen des DMF-Programm aus zeitlichen und finanziellen Gründen nicht mehr durchgeführt werden. Deshalb hat das BfS entschieden im Rahmen des DMF-Programms keine Handykohortenstudie in Deutschland zu fördern.

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Ich nehme an, über die interessante Frage hinaus, wie denn die "Kontaktierung" genau aussah, fallen Ihnen hierzu noch einige weitere Fragen ein. Deren Beantwortung (durch Herrn Müller vielleicht ?) wir am besten bald auf Ihrer Leitseite als neueste Meldung nachlesen können. Wäre nicht schlecht.
Jedenfalls besser als der Titel Ihres letzten Postings ohne Fragezeichen.

Tags:
, WHO, Seilschaft, SSK, DMF, BfS


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